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BGH - Entscheidung vom 19.09.2006

X ZR 178/04

Normen:
GG Art. 103 Abs. 1
ZPO § 321a

Fundstellen:
NJW 2006, 3786

BGH, Beschluß vom 19.09.2006 - Aktenzeichen X ZR 178/04

DRsp Nr. 2006/24888

Zulassung der Revision wegen Gehörsverletzung

Auch eine Gehörsverletzung rechtfertigt die Zulassung der Revision nur dann, wenn das Berufungsgericht bei ordnungsgemäßer Gewährung des rechtlichen Gehörs eine für den Verletzten günstigere Entscheidung hätte fällen müssen.

Normenkette:

GG Art. 103 Abs. 1 ; ZPO § 321a ;

Gründe:

I. Der Kläger verlangt vom Beklagten Schadensersatz wegen Nichterfüllung eines Werkvertrags mit der Begründung, dass der Beklagte die ihm vom Kläger übergebenen Rohbauteile eines Ultraleichtflugzeugs mangelhaft zusammengefügt und fertiggestellt und nach der gescheiterten Endabnahme die Weiterarbeit verweigert habe. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist vom Berufungsgericht mit der Begründung zurückgewiesen worden, der Beklagte habe keine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung zum Ausdruck gebracht. Das Berufungsgericht hat die Revision nicht zugelassen.

Hiergegen hat der Kläger Nichtzulassungsbeschwerde erhoben, die er weitgehend auf die Verkürzung des rechtlichen Gehörs für den Kläger durch das Berufungsgericht gestützt hat. Er hat insbesondere geltend gemacht, dass das Berufungsgericht seinen Vortrag nicht berücksichtigt habe, wonach der Beklagte mehrfach in Gegenwart von Zeugen erklärt habe, er werde die Arbeiten an dem Flugzeug nicht fertigstellen, und in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 13. September 2000 bestätigt habe, dem Kläger am 10. April 1998 erklärt zu haben, er könne erst im November 1998 an dem Flugzeug weiterarbeiten. Ebenso wenig habe das Berufungsgericht die Erläuterungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht berücksichtigt, die der Wertung im Berufungsurteil entgegenstünden, wonach die vom Beklagten zu vertretenden Mängel nicht so schwer seien, dass sie eine außerordentliche Kündigung rechtfertigten.

Der erkennende Senat hat die Nichtzulassungsbeschwerde durch nicht begründeten Beschluss vom 18. Juli 2006 zurückgewiesen. Hiergegen hat der Kläger die Anhörungsrüge nach § 321 a ZPO mit der Begründung erhoben, da der Senat die Revision nicht zugelassen habe, müsse nunmehr geltend gemacht werden, dass er seinerseits Art. 103 Abs. 1 GG verletzt habe.

II. Die Anhörungsrüge ist nicht begründet. Der Senat hat die gegen das Berufungsurteil erhobenen Gehörsrügen des Klägers zur Kenntnis genommen und darüber beraten. Er hat im Ergebnis jedoch keinen Zulassungsgrund gefunden.

1. Soweit der Kläger beanstandet, das Berufungsgericht habe seinen Vortrag zur Erfüllungsverweigerung des Beklagten nicht genügend berücksichtigt, fehlt es an der Zulassungsvoraussetzung der Erheblichkeit. Auch eine Gehörsverletzung rechtfertigt die Zulassung der Revision nur dann, wenn das Berufungsgericht bei ordnungsgemäßer Gewährung des rechtlichen Gehörs eine für den Verletzten günstigere Entscheidung hätte fällen müssen. Das ist hier nicht der Fall, weil eine etwaige Weigerung des Beklagten berechtigt gewesen wäre. Obwohl die Endabnahme des Leichtflugzeugs auch an den nicht vom Beklagten zu verantwortenden Rohbaumängeln gescheitert war, verlangte der Kläger von ihm ohne jegliches vertragsändernde Zugeständnis die Herstellung der Endabnahmefähigkeit einschließlich Beseitigung der Rohbaumängel zum ursprünglich vereinbarten Preis und zur ursprünglich vereinbarten Zeit. Der Beklagte hätte sich auf die Beseitigung auch der Rohbaumängel indessen nur einzulassen brauchen, falls der Kläger ihm hierfür eine Fristverlängerung und eine Werklohnerhöhung zugestanden hätte (Vertragsanpassung wegen Fehlens der Geschäftsgrundlage). Bis eine vertragsändernde Vereinbarung zustandegekommen war, durfte der Beklagte die Fertigstellung ablehnen. Er machte sich durch eine Ablehnung also nicht schadensersatzpflichtig. Deshalb kommt es nicht darauf an, ob der Beklagte die Weiterarbeit ablehnte oder nicht.

2. Soweit der Kläger weiter rügt, das Berufungsgericht hätte bei ordnungsgemäßer Berücksichtigung der Erläuterungen des Sachverständigen nicht entscheiden dürfen, dass die vom Beklagten zu vertretenden Mängel nicht schwerwiegend genug waren, um eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen, hat der Senat keine Gehörsverletzung gesehen. Der Vorwurf, das Berufungsgericht habe nicht beachtet, dass der Gerichtsgutachter den Nachbesserungsaufwand auf etwa 25.000,-- EUR geschätzt habe, ist nicht begründet. Denn diese Kostenangabe bezieht sich auf sämtliche vom Gutachter festgestellten Mängel, also auch auf diejenigen, die schon den Rohbauteilen anhafteten und daher vom Beklagten nicht zu vertreten sind. Ebenfalls zu Unrecht hat sich der Kläger weiter darauf berufen, dass die vom Gerichtsgutachter offengelassene Frage, ob die Triebwerksverkleidung zu schwer sei, zu Lasten des Beklagten gehen müsse, weil die Beweislast für Mangelfreiheit vor der Abnahme beim Unternehmer liege. Diese Beweislastverteilung trifft zu, wenn der Unternehmer seinen Werklohn verlangt, nicht aber, wenn der Besteller einen Schadensersatzanspruch wegen Kündigung aus wichtigem Grund erhebt. Dann muss der Besteller die Mängel beweisen, die den wichtigen Grund darstellen sollen.

Vorinstanz: OLG Frankfurt/Main, vom 03.11.2004 - Vorinstanzaktenzeichen 23 U 210/00
Vorinstanz: LG Gießen, vom 08.11.2000 - Vorinstanzaktenzeichen 2 O 80/00
Fundstellen
NJW 2006, 3786