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BGH - Entscheidung vom 20.12.2006

IV ZR 64/04

Normen:
ZPO § 282 Abs. 1, 2

Fundstellen:
zfs 2008, 163

BGH, Beschluß vom 20.12.2006 - Aktenzeichen IV ZR 64/04

DRsp Nr. 2007/381

Voraussetzungen der Zurückweisung von Vorbringen wegen Verspätung

§ 282 Abs. 1 ZPO betrifft das rechtzeitige Vorbringen in der mündlichen Verhandlung und ist nur dann anwendbar, wenn innerhalb der Instanz mehrere Verhandlungstermine stattgefunden haben und das Vorbringen nicht bereits im ersten Termin erfolgt ist; Vorbringen im ersten Termin kann nie nach § 282 Abs. 1 ZPO verspätet sein.

Normenkette:

ZPO § 282 Abs. 1 , 2 ;

Gründe:

Die Beschwerde ist zurückzuweisen, weil die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorliegen.

1. a) Die Beschwerde rügt zwar im Ergebnis zu Recht, dass das Berufungsgericht seiner Entscheidung verfahrensfehlerhaft und unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG die Behauptung des Klägers zugrunde gelegt hat, seine Ehefrau habe dem Beklagten im Jahre 1995 mitgeteilt, der Kläger sei ab Juli 1995 hauptberuflich als Fußballspieler tätig. Das Bestreiten im Schriftsatz des Beklagten vom 26. Januar 2004 durfte nicht als verspätet zurückgewiesen werden.

Die Voraussetzungen für die vom Berufungsgericht auf §§ 525 , 282 , 296 Abs. 2 ZPO gestützte Zurückweisung waren offenkundig nicht gegeben. Das Berufungsurteil lässt schon nicht erkennen, ob für die Verspätung § 282 Abs. 1 oder Abs. 2 ZPO maßgebend ist. Abgesehen davon ist eine Verspätung weder nach Abs. 1 noch nach Abs. 2 der Vorschrift gegeben.

aa) § 282 Abs. 1 ZPO betrifft das rechtzeitige Vorbringen in der mündlichen Verhandlung und ist nur dann anwendbar, wenn innerhalb der Instanz mehrere Verhandlungstermine stattgefunden haben und das Vorbringen nicht bereits im ersten Termin erfolgt ist; Vorbringen im ersten Termin kann nie nach § 282 Abs. 1 ZPO verspätet sein (BGH, Urteile vom 4. Mai 2005 - XII ZR 23/03 - NJW-RR 2005, 1007 unter 2 b aa m.w.N. und vom 7. Oktober 1986 - VI ZR 262/85 - NJW 1987, 260 unter II 2 a). Das Bestreiten des Beklagten ist hier noch vor dem ersten Termin erfolgt.

bb) Auch die Voraussetzungen des § 282 Abs. 2 ZPO lagen nicht vor. Nach dieser Bestimmung sind Schriftsätze so rechtzeitig einzureichen, dass der Gegner die erforderlichen Erkundigungen noch einzuziehen vermag (BGH, Urteil vom 4. Mai 2005 aaO. unter 2 b bb). Der Beklagte hat keinen neuen Sachvortrag gebracht, sondern lediglich das vom Kläger bereits unter Beweis gestellte Vorbringen bestritten. Es ist nicht geltend gemacht und nicht ersichtlich, dass der Kläger dazu weitere Erkundigungen hätte einziehen müssen. § 282 Abs. 2 ZPO bezweckt dagegen nicht, dem Richter die rechtzeitige Terminsvorbereitung zu ermöglichen (BGH, Urteil vom 25. März 1999 - VII ZR 434/97 - NJW 1999, 2446 unter II 1). Dafür bieten terminsvorbereitende Verfügungen mit Fristsetzung nach § 273 Abs. 2 Nr. 1 i.V. mit § 296 Abs. 1 ZPO eine Handhabe.

b) Der Verfahrens- und Gehörsverstoß führt gleichwohl nicht zur Zulassung der Revision, weil das Berufungsurteil darauf nicht beruht.

aa) Erweist sich das angefochtene Urteil trotz des Verfahrensfehlers aus anderen Gründen bei zutreffender Anwendung des formellen und des materiellen Rechts im Ergebnis als richtig, sind die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nicht gegeben (BGH, Urteile vom 10. August 2005 - XII ZR 97/02 - FamRZ 2005, 1667 unter II 1 und vom 18. Juli 2003 - V ZR 187/02 - NJW 2003, 3205 unter II 1 b bb).

bb) So liegt es hier. Es kommt im Ergebnis nicht darauf an, ob die Ehefrau des Klägers den Beklagten im Jahre 1995 darüber telefonisch informiert hat, dass der Kläger nunmehr hauptberuflich als Fußballer tätig ist, und ob der Rücktritt deshalb - wie das Berufungsgericht meint - ausnahmsweise ausgeschlossen war. Das Landgericht hat zutreffend entschieden, dass der Beklagte die einmonatige Frist für den Rücktritt (§ 20 Abs. 1 VVG , § 6 Abs. 3 Satz 2 AVB) versäumt hat.

Die Frist ist mit Zugang des vom Kläger am 6. November 2000 unterzeichneten Versicherten-Fragebogens bei dem Beklagten in Lauf gesetzt worden. Die Angaben des Klägers in der Anlage I haben dem Beklagten bereits die nach der Senatsrechtsprechung (vgl. Urteile vom 20. September 2000 - IV ZR 203/99 - VersR 2000, 1486 unter 3 und vom 30. September 1998 - IV ZR 248/97 - VersR 1999, 217 unter II 1 und 2) zuverlässige Kenntnis von der Verletzung der vorvertraglichen Anzeigeobliegenheit verschafft. Darin hat der Kläger als berufliche Tätigkeiten für den Zeitraum von 1985 bis 1998 lediglich solche als Fußballspieler bei drei Vereinen eingetragen, für die Zeit ab 1990 als Vertragsamateur. Damit war offenkundig, dass er einen ihm bekannten, aus Sicht der Beklagten gefahrerheblichen Umstand im Antrag nicht angegeben, somit seine Anzeigeobliegenheit verletzt hatte und ein Rücktritt ernstlich in Betracht kam (vgl. BGHZ 108, 326 , 328 f.). Dafür war es unerheblich, ob, wann und in welchem Umfang der Kläger noch eine weitere Beschäftigung ausgeübt und welche Vergütung er erhalten hatte. Für die Einschätzung des Versicherungsrisikos war entscheidend, ob der Kläger nur Freizeitfußballer war oder beruflich als Vertragsamateur Fußball spielte.

Selbst wenn dem Beklagten ein Aufklärungsbedarf hätte zugebilligt werden können, wäre der Rücktritt verspätet, weil der Beklagte die Aufklärung nachlässig betrieben hat. Denn er hat nach dem bei ihm am 27. November 2000 eingegangenen, für unzureichend gehaltenen Schreiben des Klägers vom 23. November 2000 bis zum 5. Februar 2001 keinen weiteren Aufklärungsversuch unternommen. Jedenfalls diese mehr als die doppelte Rücktrittsfrist betragende Untätigkeit führt dazu, dass der danach erklärte Rücktritt verspätet ist.

2. Welche Bedeutung der Einkommensdifferenz bei der Verweisung zukommt, ist durch die Senatsrechtsprechung geklärt (vgl. Urteile vom 17. Juni 1998 - IV ZR 215/97 - VersR 1998, 1537 unter II und vom 22. Oktober 1997 - IV ZR 259/96 - VersR 1998, 42 unter 4). Es ist nicht ersichtlich, dass die einzelfallbezogene Betrachtung des Berufungsgerichts Rechtsfehler enthält.

Vorinstanz: KG, vom 03.02.2004 - Vorinstanzaktenzeichen 6 U 128/02
Vorinstanz: LG Berlin, vom 07.05.2002 - Vorinstanzaktenzeichen 7 O 490/01
Fundstellen
zfs 2008, 163