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BGH - Entscheidung vom 12.06.2006

II ZR 34/05

Normen:
GG Art. 103 Abs. 1

BGH, Beschluß vom 12.06.2006 - Aktenzeichen II ZR 34/05

DRsp Nr. 2006/19509

Verletzung des rechtlichen Gehörs durch Unterlassung einer Beweisaufnahme

Hat eine Prozesspartei im Rahmen der Geltendmachung von Ansprüchen aus einer notariellen Urkunde durchgängig vorgetragen, dass diese anders auszulegen sei, als nach ihrem Wortlaut ersichtlich und dafür das Zeugnis des Notars angeboten, so ist das rechtliche Gehör verletzt, wenn eine Beweisaufnahme unterbleibt.

Normenkette:

GG Art. 103 Abs. 1 ;

Gründe:

Das Berufungsgericht hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 GG ) in entscheidungserheblicher Weise verletzt (§ 544 Abs. 7 ZPO ), soweit der Kläger sich mit der Berufung gegen seine Verurteilung auf die Widerklage hin (Zahlung von 204.516,75 EUR nebst Zinsen) wendet.

1. Der Kläger hat durchgängig vorgetragen und durch Zeugnis des Notars B. unter Beweis gestellt, dass der Beklagte am 24. Oktober 2000 erklärt habe, er verzichte auf Ansprüche aus der Auseinandersetzungsvereinbarung der Parteien vom 9. März 1998, und dass der Notar B. sodann die Erklärung vom 24. Oktober 2000 aufgesetzt habe, die genau dieses Ergebnis der vorangehenden Verhandlungen zwischen den Parteien wiedergeben sollte. Auch wenn der Wortlaut der Erklärung für einen Verzicht auf den im Rechtsstreit vor dem Landgericht Hannover rechtshängigen Anspruch aus Nr. 1 b der Urkunde in Höhe von 400.000,00 DM spricht, hat das Berufungsgericht zu Unrecht die Vernehmung des Zeugen B. zu dem vom Kläger behaupteten abweichenden Verständnis der Parteien von dem Inhalt der Erklärung abgelehnt. Denn der detaillierte Vortrag des Klägers, den dieser durch das allerdings unklare und von dem Verfasser näher zu erläuternde Schreiben des Notars B. vom 17. Januar 2003 unterlegt hat, ist im Hinblick auf eine von dem Wortlaut der Erklärung des Beklagten abweichende Vereinbarung der Parteien schlüssig.

Anders als der Kläger meint, trifft dies allerdings nur hinsichtlich eines Verzichts des Beklagten - auch - auf den Anspruch in Höhe von 400.000,00 DM aus Nr. 1 c der Vereinbarung vom 9. März 1998 zu. Angesichts des Geschäftswerts dieser Erklärung, den der Notar in Höhe von 800.000,00 DM angegeben hat, spricht dagegen auch nach dem Vortrag des Klägers nichts dafür, dass der Beklagte auf Ansprüche in einer Gesamthöhe von 1,3 Mio. DM, mithin auch auf den bereits erhaltenen Betrag von 500.000,00 DM gemäß Nr. 1 a der Vereinbarung vom 9. März 1998 verzichtet hat.

Die Beweisaufnahme über den Inhalt der Vereinbarungen der Parteien vom 24. Oktober 2000 wird das Berufungsgericht unter Einbeziehung des Beweisangebots des Beklagten in der wiedereröffneten Berufungsverhandlung nachzuholen haben.

2. Da das Berufungsgericht zutreffend entschieden hat, dass die Vereinbarung vom 9. März 1998 nicht formbedürftig war und der Kläger einen Verzicht des Beklagten auf den Betrag von 500.000,00 DM nicht schlüssig dargelegt hat, ist die Zurückweisung der Berufung des Klägers, soweit sie gegen die Abweisung der Klage gerichtet ist, zu Recht erfolgt. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin: Sollte dem Kläger der Nachweis des von ihm behaupteten Umfangs der Verzichtserklärung des Beklagten nicht gelingen, ist es dem Kläger, wie das Berufungsgericht zu Recht ausgeführt hat, nach Treu und Glauben verwehrt, sich gegenüber dem dann gegebenen Zahlungsanspruch des Beklagten auf ein Zurückbehaltungsrecht zu berufen.

Vorinstanz: OLG Celle, vom 22.12.2004 - Vorinstanzaktenzeichen 9 U 78/04
Vorinstanz: LG Hannover, vom 31.03.2004 - Vorinstanzaktenzeichen 11 O 58/03