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BGH - Entscheidung vom 07.12.2006

IX ZR 161/04

Normen:
InsO § 85 Abs. 2
BGB § 401

Fundstellen:
BGHReport 2007, 326
DZWIR 2007, 211
MDR 2007, 613
NJW-RR 2007, 845
NZI 2007, 173
NotBZ 2007, 258
WM 2007, 406
ZIP 2007, 194
ZInsO 2007, 94
ZVI 2007, 189

BGH, Urteil vom 07.12.2006 - Aktenzeichen IX ZR 161/04

DRsp Nr. 2007/688

Rechtsfolgen der Freigabe und Abtretung des Kaufpreisanspruchs in einem Treuhandmodell

»a) Die Abtretung eines Kaufpreisanspruchs führt entsprechend § 401 BGB auch zum Übergang des Anspruchs aus § 667 BGB gegen den von den Vertragsparteien mit der Abwicklung des Vertrages beauftragten Treuhänder.b) Die Freigabe des Kaufpreisanspruchs bewirkt entsprechend § 401 BGB auch die Freigabe des Anspruchs aus § 667 BGB gegen den von den Vertragsparteien beauftragten Treuhänder.«

Normenkette:

InsO § 85 Abs. 2 ; BGB § 401 ;

Tatbestand:

Der Beklagte ist Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Klägerin. Die Klägerin verlangt gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB Freigabe eines (Teil-)Betrages von 30.000 Euro, der im Verlauf eines früheren, durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochenen Rechtsstreits zwischen ihr und der M. GmbH (fortan: Fa. M.) hinterlegt worden ist.

Die Fa. M. hatte mit Vertrag vom 1. Juni 1994 von der Klägerin ein im Beitrittsgebiet belegenes Grundstück gekauft. Zahlstelle für den Kaufpreis war die Kreissparkasse B., die Grundpfandrechte ablösen und den Restbetrag an die Klägerin auskehren sollte. Mit Schreiben vom 24. Januar 1996 erklärte die Kreissparkasse B., sie nehme "den von den vertragsschließenden Parteien des notariellen Kaufvertrages ... beurkundeten Treuhandauftrag" an. Die Fa. M. zahlte den Kaufpreis nicht. Sie klagte auf Wandelung des Kaufvertrages. Die Klägerin erhob Widerklage auf Zahlung des Kaufpreises. In erster Instanz wurde die Klage abgewiesen. Auf die Widerklage wurde die Fa. M. zur Zahlung von 3.811.271,74 DM an die Klägerin verurteilt. Nachdem diese Sicherheit durch eine Prozessbürgschaft der Kreissparkasse W. geleistet hatte, betrieb sie die Zwangsvollstreckung gegen die Fa. M.. Es gelang ihr, etwa 3.000.000 DM zur Zahlung an die Kreissparkasse B. beizutreiben; den Restbetrag von etwa 800.000 DM zahlte die Fa. M. schließlich zur Abwendung der weiteren Zwangsvollstreckung an die Kreissparkasse B.. Diese leitete das Geld an die Kreissparkasse W. weiter, ohne die Grundpfandrechte abzulösen. Auf eine Klage der Fa. M. wurde die Kreissparkasse B. deshalb durch Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 1. Dezember 1999 verurteilt, den gesamten Betrag von 3.811.271,74 DM zugunsten der Klägerin und der Fa. M. zu hinterlegen. Zwischenzeitlich, am 11. Januar/17. Februar 1998, hatte die Klägerin den Kaufpreisanspruch an die Kreissparkasse W. abgetreten.

Die Berufung der Fa. M. gegen die Abweisung der Klage auf Wandelung des Kaufvertrages und gegen ihre Verurteilung zur Zahlung des Kaufpreises hatte Erfolg. Die jetzige Klägerin wurde zur Zustimmung zur Wandelung sowie gemäß § 717 Abs. 2 ZPO zu Schadensersatz in Höhe von 3.811.271,74 DM Zug um Zug gegen Freigabe des hinterlegten Betrages verurteilt; die Kaufpreisklage wurde abgewiesen. Nachdem die Klägerin Revision zum Bundesgerichtshof eingelegt hatte, wurde am 7. Februar 2001 das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen eröffnet. Die Gläubigerversammlung beschloss, den Rechtsstreit nicht aufzunehmen. Daraufhin versuchte die Klägerin selbst, den Rechtsstreit fortzusetzen. Mit Beschluss vom 12. Februar 2004 stellte der Bundesgerichtshof jedoch fest, dass der Rechtsstreit nach wie vor unterbrochen sei, weil ein Aktivprozess gemäß § 85 Abs. 2 InsO nicht vorliege (BGH, Beschl. v. 12. Februar 2004 - V ZR 288/03, ZIP 2004, 769 , 770).

In der Zwischenzeit hatte die Fa. M. die Kreissparkasse W. aus der von der Klägerin beigebrachten Prozessbürgschaft in Anspruch genommen. Im Gegenzug hatte sie am 21. September 2001 sämtliche ihr zustehenden Ansprüche auf Auszahlung und Freigabe des beim Amtsgericht Stuttgart hinterlegten Betrages von 3.964.781,30 DM nebst Zinsen an die Kreissparkasse W. abgetreten und die Auszahlung und Freigabe des hinterlegten Betrages an diese bewilligt.

Die Klägerin verlangt nunmehr aus abgetretenem Recht der Kreissparkasse W. Zustimmung zur Freigabe eines Teilbetrages von 30.000 Euro. Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt; das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr bisheriges Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der von der Kreissparkasse B. hinterlegte Geldbetrag stehe der Kreissparkasse W. weder aus eigenem noch aus abgetretenem oder übergegangenem Recht der Klägerin oder der Fa. M. zu. Es komme darauf an, wer im Verhältnis zur Kreissparkasse B. - der hinterlegenden Schuldnerin - Gläubiger gewesen sei. Die Kreissparkasse B. habe nicht den Kaufpreis hinterlegt, sondern denjenigen Betrag, den sie wegen Verletzung des Treuhandauftrages als Schadensersatz habe erstatten müssen. Ihren Schadensersatzanspruch gegen die Kreissparkasse B. habe die Klägerin nicht an die Kreissparkasse W. abgetreten. Aus abgetretenem oder übergegangenem Recht der Fa. M. stehe der Kreissparkasse W. der hinterlegte Geldbetrag ebenfalls nicht zu; denn die Fa. M. habe die Bürgschaft nur Zug um Zug gegen Freigabe der Hinterlegungssumme in Anspruch nehmen dürfen. Ob die Fa. M. einen Anspruch auf Wandelung des Kaufvertrages und Rückzahlung des Kaufpreises habe, sei derzeit offen. Im Vorprozess der Fa. M. gegen die Klägerin sei nur der Schadensersatzanspruch aus § 717 Abs. 2 ZPO ausgeurteilt worden.

II. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

1. Grundlage des Anspruchs der Kreissparkasse W., aus deren Recht die Klägerin klagt, gegen den Beklagten auf Zustimmung zur Auszahlung der 30.000 Euro ist § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB . Bei einem Streit über die Auszahlung von hinterlegten Geldbeträgen steht dem wirklichen Rechtsinhaber gegen die übrigen Prätendenten ein bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Einwilligung in die Auszahlung zu; denn diese haben durch das vom Schuldner gewählte Vorgehen auf Kosten des wahren Gläubigers rechtsgrundlos die Stellung von Hinterlegungsbeteiligten erlangt (BGHZ 35, 165, 170; 109, 240, 244; BGH, Urt. v. 15. Oktober 1999 - V ZR 141/98, NJW 2000, 291 , 294). Für die Frage der Freigabepflicht ist die Gläubigerstellung gegenüber dem hinterlegenden Schuldner und nicht das Innenverhältnis zwischen den Prätendenten maßgebend (BGH, Urt. v. 13. November 1996 - VIII ZR 210/95, WM 1997, 513 , 514; Urt. v. 15. Oktober 1999, aaO.). Der Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB setzt auch nicht voraus, dass der klagende Prätendent bei der Hinterlegung als Berechtigter benannt worden ist (BGH, Urt. v. 26. April 1994 - XI ZR 97/93, NJW-RR 1994, 847 ). Maßgeblich ist allein, ob dem klagenden Prätendenten die Forderung gegen den Schuldner zustand oder zusteht.

2. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kaufpreisanspruch der Klägerin berechtigt ist oder ob die Fa. M. die Wandelung des Kaufvertrages und damit die Rückzahlung des Kaufpreises beanspruchen kann. Da die Kreissparkasse W. sämtliche Ansprüche im Wege der Abtretung erworben hat und die Klägerin aus dem Recht der Kreissparkasse W. vorgeht, ist der geltend gemachte Anspruch in jedem Fall begründet.

a) Steht der Klägerin der Kaufpreisanspruch zu, so ist die Kreissparkasse W. durch die Abtretung dieses Anspruchs der Klägerin am 11. Januar/17. Februar 1998 entsprechend § 401 BGB auch Inhaberin des Anspruchs aus § 667 BGB gegen die im Vertrag bestimmte Treuhänderin, die Kreissparkasse B., geworden.

aa) Die Abtretung des Kaufpreisanspruchs an die Kreissparkasse W. war wirksam. Insbesondere war der Anspruch nicht zuvor infolge der teils im Wege der Zwangsvollstreckung erwirkten, teils zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erfolgten Zahlungen an die Kreissparkasse B. durch Erfüllung (§ 362 Abs. 1 BGB ) erloschen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 87, 157, 162; BGH, Urt. v. 17. Februar 1994 - IX ZR 158/93, NJW 1994, 1403 , 1404; v. 20. November 1997 - IX ZR 152/96, NJW 1998, 746 , 747) haben Zahlungen auf ein Notaranderkonto in der Regel - wenn die Vertragsparteien nichts anderes vereinbart haben - keine Erfüllungswirkung. Gleiches gilt für Zahlungen an ein Kreditinstitut, das als Treuhänder beider Vertragsparteien eingeschaltet wird.

bb) Nach § 401 Abs. 1 BGB gehen auch die unselbständigen Nebenrechte der abgetretenen Forderung auf den Abtretungsempfänger über. Dabei ist die Aufzählung in § 401 Abs. 1 BGB nicht abschließend. Die analoge Anwendung der Vorschrift auf nicht ausdrücklich genannte Nebenrechte wurde im Gesetzgebungsverfahren als selbstverständlich vorausgesetzt (vgl. BGH, Urt. v. 24. November 1971 - IV ZR 71/70, NJW 1972, 437, 439). Nach Sinn und Zweck der Vorschrift erfasst sie auch andere unselbständige Sicherungsrechte sowie Hilfsrechte, die zur Durchsetzung der Forderung erforderlich sind (BGHZ 46, 14, 15; 138, 179, 184). Der Bundesgerichtshof hat bereits entschieden, dass der Anspruch des Verkäufers gegen den Notar auf Auszahlung eines bei ihm vom Käufer hinterlegten Kaufpreises als ein unselbständiges Nebenrecht zur Kaufpreisforderung anzusehen ist, das nicht ohne diese gepfändet (BGHZ 105, 60 , 64) oder abgetreten werden kann (BGHZ 138, 179 , 184 mit zust. Anm. Henckel, WuB VI G § 9 GesO 1.99).

Im vorliegenden Fall hatten die Parteien des Kaufvertrages vom 1. Juni 1994 nicht einen Notar, sondern die Kreissparkasse B. als Treuhänder beauftragt, den Kaufpreis entgegen zu nehmen und entsprechend den Bestimmungen des Kaufvertrages vor Auskehrung an die Klägerin - die Verkäuferin - vorrangig zur Ablösung von Grundpfandrechten zu verwenden. Die Gründe, die zur Anwendung des § 401 BGB geführt haben, gelten jedoch auch in diesem Fall. Die Einschaltung der Treuhänderin diente hier ebenfalls dazu sicherzustellen, dass die Ansprüche der Vertragsparteien Zug um Zug erfüllt wurden. Die gesonderte Abtretung des einen oder des anderen Anspruchs - des Anspruchs gegen die Käuferin auf Zahlung des Kaufpreises oder des Anspruchs gegen die Treuhänderin auf Herausgabe des aus der Geschäftsführung Erlangten - wäre mit diesem Ziel unvereinbar gewesen. Ob der Vertrag über die Forderungsabtretung, der ausdrücklich "alle Nebenansprüche" einschloss, den Anspruch aus § 667 BGB erfasste, was die Vorinstanzen nicht geprüft haben, kann im Hinblick auf die Vorschrift des § 401 BGB offen bleiben.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hat die Kreissparkasse B. - wie sich auch aus dem Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 1. Dezember 1999 ergibt - die Hinterlegung zur Erfüllung des gegen sie gerichteten Anspruchs aus § 667 BGB vorgenommen. Ihr war die zweckwidrige Verwendung der ihr zur Ablösung von Grundpfandrechten zur Verfügung gestellten Beträge vorgeworfen worden. Bei zweckwidriger Verwendung folgt der - verschuldensunabhängige - Herausgabeanspruch des Beauftragten nach wie vor aus § 667 BGB (BGH, Urt. v. 13. Dezember 1990 - III ZR 336/89, NJW-RR 1991, 575 ; v. 10. Oktober 1996 - III ZR 205/95, NJW 1997, 47 , 48).

cc) Der Anspruch der Klägerin gegen die Kreissparkasse B. aus § 667 BGB auf Herausgabe des aus der Ausführung des Auftrags Erlangten war - aufschiebend bedingt durch die Zahlung des Kaufpreises und die Ablösung der Grundpfandrechte - bereits mit der Annahme des Treuhandauftrages durch die Kreissparkasse B. gegenüber der Klägerin mit Schreiben vom 24. Januar 1996 entstanden. Dass der Kaufpreis erst nach der Abtretung vom 11. Januar/17. Februar 1999, nämlich am 28. Mai und am 26. Oktober 1999 an die Kreissparkasse B. gelangt war, ist für die Anwendung des § 401 BGB also ohne Bedeutung.

dd) Die Masse hat an diesen Ansprüchen - dem Kaufpreisanspruch und dem Hilfsanspruch aus § 667 BGB - keine Rechte mehr. Der Beklagte hat den Kaufpreisanspruch und damit zugleich den Anspruch aus § 667 BGB gegen die Treuhänderin freigegeben.

(1) Auch im Insolvenzverfahren über das Vermögen einer juristischen Person kann der Insolvenzverwalter einen zur Masse gehörenden Vermögensgegenstand freigeben (BGHZ 163, 32, 34; BGH, Urt. v. 26. Januar 2006 - IX ZR 282/03, ZInsO 2006, 260 , 261; v. 2. Februar 2006 - IX ZR 46/05, ZIP 2006, 583 , 584; Henckel, Festschrift für Gerhart Kreft S. 291, 300 ff.). Die Ablehnung, einen Rechtsstreit für die Masse aufzunehmen (§ 85 Abs. 2 InsO ), ist notwendig mit der Freigabe des im Streit befindlichen Massegegenstandes verbunden; denn der Schuldner erhält die gesetzliche Prozessführungsbefugnis nur zurück, wenn der Streitgegenstand wieder zum massefreien Vermögen gehört (BGHZ 163, 32, 36). Die Ablehnung nach § 85 Abs. 2 InsO ist gegenüber dem Schuldner oder der Gegenpartei zu erklären. Sie ist nicht an eine bestimmte Form gebunden und kann deshalb auch durch schlüssiges Verhalten wirksam erfolgen (BGH, Urt. v. 24. Juli 2003 - IX ZR 333/00, WM 2003, 1948 , 1949). Lehnt der Insolvenzverwalter es ab, einen Passivprozess aufzunehmen, findet § 85 Abs. 2 InsO dagegen keine Anwendung (BGH, Beschl. v. 12. Februar 2004 - V ZR 288/03, ZIP 2004, 769 f.; v. 14. April 2005 - IX ZR 221/04, ZIP 2005, 952 , 953). Der Rechtsstreit bleibt - von den Ausnahmefällen des § 86 Abs. 1 InsO abgesehen, in denen auch der Gegner den Rechtsstreit fortsetzen kann - gemäß § 240 Abs. 1 ZPO unterbrochen. Die Erklärung, einen Passivprozess nicht aufnehmen zu wollen, kann in der Regel schon deshalb keine "Freigabe" des streitbefangenen Gegenstandes bedeuten, weil es um die Abwehr eines gegen die Masse gerichteten Anspruchs geht, die Masse also nicht Inhaberin des Anspruchs, sondern Anspruchsgegnerin ist.

(2) Die Erklärung des Beklagten, den beim Bundesgerichtshof anhängigen Rechtsstreit über die Wandelung des Kaufvertrages vom 1. Juni 1994 nicht aufnehmen zu wollen, hatte im Hinblick auf den gegen die Masse geltend gemachten Anspruch aus § 717 Abs. 2 ZPO nicht die Wirkung des § 85 Abs. 2 InsO (BGH, Beschl. v. 12. Februar 2004, aaO.). Sie enthielt deshalb nicht notwendig die Freigabe des Kaufpreisanspruchs. Auf der anderen Seite ist es jedoch nicht ausgeschlossen, die im Zusammenhang mit diesem Vorgang abgegebenen Erklärungen des Beklagten als Freigabe des Kaufpreisanspruchs zu verstehen.

Die Freigabe eines zur Masse gehörenden Vermögensgegenstandes bedeutet deren Überführung in das insolvenzfreie Vermögen des Schuldners (Häsemeyer, Insolvenzrecht 3. Aufl. Rn. 13.14; vgl. auch BGHZ 163, 32, 35; Jaeger/Henckel, KO 9. Aufl. § 6 Rn. 19, 21). Sie erfolgt durch empfangsbedürftige Willenserklärung gegenüber dem Schuldner (RGZ 94, 55, 56; Häsemeyer, aaO. Rn. 13.15) und muss den Willen dauernden Verzichts auf die Massezugehörigkeit bekunden (Jaeger/Henckel, aaO. Rn. 22). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Der Beklagte hat nicht nur im Rechtsstreit um die Wandelung des Kaufvertrages mitgeteilt, der Prozess werde nicht aufgenommen. In der ersten Instanz des vorliegenden Prozesses hat er die von ihm abgegebenen Erklärungen dahingehend erläutert, er habe entsprechend dem Beschluss der Gläubigerversammlung vom 11. April 2001 den etwaigen Kaufpreisanspruch der Schuldnerin freigegeben, weil dieser abgetreten gewesen sei und die Nichtzulassungsbeschwerde keine Aussicht auf Erfolg gehabt habe. Aufgrund des Beschlusses der Gläubigerversammlung, das Revisionsverfahren nicht aufzunehmen, könne die Klägerin (die Schuldnerin) den streitgegenständlichen Kaufpreisanspruch auf eigenes Kostenrisiko weiter verfolgen. Im Falle des Obsiegens der Schuldnerin müsse die Fa. M. den Kaufpreis an diese oder an die Kreissparkasse W. als die Abtretungsempfängerin zahlen. Spätestens mit diesen auch gegenüber der Schuldnerin abgegebenen Erklärungen ist der Kaufpreisanspruch aus der Masse freigegeben worden. Der Beklagte hat hier mit großer Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht, dass der fragliche Anspruch nicht mehr der Masse, sondern der Schuldnerin zustehen soll. Seine Ausführungen in der Berufungsinstanz, die Ablehnung der Aufnahme des Prozesses um die Wandelung des Kaufvertrages sei rechtlich bedeutungslos gewesen, änderten daran nichts; denn eine einmal erklärte Freigabe kann nicht einseitig widerrufen werden (RGZ 60, 107, 109; Jaeger/Henckel, aaO. Rn. 28).

(3) Mit dem Kaufpreisanspruch hat der Beklagte zugleich den unselbständigen Hilfsanspruch aus § 667 BGB gegen die Treuhänderin, die Kreissparkasse B., freigegeben. Dies folgt ebenfalls aus einer entsprechenden Anwendung des § 401 BGB . Die Freigabe eines Anspruchs aus der Insolvenzmasse stellt zwar keine Abtretung dar (Jaeger/Henckel, aaO. Rn. 21). Der Insolvenzschuldner ist schon vor der Freigabe Inhaber der fraglichen Forderung; die Freigabe bewirkt lediglich deren Übergang in sein insolvenzfreies Vermögen. Die Überlegungen, die zu einer entsprechenden Anwendung des § 401 BGB auf den Hilfsanspruch aus § 667 BGB gegen den Treuhänder führten, treffen jedoch auch hier zu. Der Treuhandauftrag wurde zur sicheren Durchführung des Kaufvertrages erteilt, nicht dazu, den Wert des Kaufpreisanspruchs von diesem zu lösen und eigenständig zu verkörpern. Gehört der Kaufpreisanspruch also nicht mehr zur Masse, muss gleiches auch für den Anspruch aus § 667 BGB gegen den Treuhänder gelten.

(4) Der Beschluss des V. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 12. Februar 2004 (aaO.) stellt bindend fest, dass der Rechtsstreit über die Wandelung des Kaufvertrages nach wie vor unterbrochen ist, steht der hier getroffenen Entscheidung über die Frage der (materiell-rechtlichen) Freigabe jedoch nicht entgegen.

b) Hat die Fa. M. Anspruch auf Wandelung des Kaufvertrages, kann sie die Rückzahlung des Kaufpreises und damit die Auskehrung des Hinterlegungsbetrages verlangen (§§ 462 , 465 , 467 , 346 ff. BGB a.F.). Die Fa. M. hat einer Auszahlung des hinterlegten Betrages an die Kreissparkasse W., aus deren Recht die Klägerin vorgeht, zugestimmt.

III. Das angefochtene Urteil kann damit keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO ). Da die Aufhebung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat eine eigene Sachentscheidung zu treffen (§ 563 Abs. 3 ZPO ). Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts, das ihn zur Freigabe eines Teilbetrages von 30.000 Euro verurteilt hat, ist zurückzuweisen.

Vorinstanz: OLG Stuttgart, vom 04.08.2004 - Vorinstanzaktenzeichen 3 U 83/04
Vorinstanz: LG Stuttgart, vom 30.03.2004 - Vorinstanzaktenzeichen 9 O 461/03
Fundstellen
BGHReport 2007, 326
DZWIR 2007, 211
MDR 2007, 613
NJW-RR 2007, 845
NZI 2007, 173
NotBZ 2007, 258
WM 2007, 406
ZIP 2007, 194
ZInsO 2007, 94
ZVI 2007, 189