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BGH - Entscheidung vom 14.03.2006

4 StR 46/06

Normen:
BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 § 29 a Abs. 1

BGH, Beschluß vom 14.03.2006 - Aktenzeichen 4 StR 46/06

DRsp Nr. 2006/9127

Mitteilung der zum Eigenverbrauch und der zum Verkauf bestimmten Anteile an den Drogen

Bei Verurteilung wegen Handeltreibens mit Heroin in nicht geringer Menge darf regelmäßig nicht offen bleiben, welcher Teil der von den Angeklagten beschafften Betäubungsmittel zum Weiterverkauf und welcher zum Eigenverbrauch bestimmt war. Denn die entsprechenden Teilmengen und ihr Verhältnis zueinander wirken sich sowohl bei der rechtlichen Einordnung der Taten als auch bei der Gewichtung der Erwerbstaten im Rahmen der Strafzumessung aus; sie sind daher - notfalls unter Beachtung des Zweifelssatzes durch Schätzung - festzustellen.

Normenkette:

BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 § 29 a Abs. 1 ;

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten P. wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln [richtig: bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge] in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt; den Angeklagten S. hat es wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen sowie wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in weiteren vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Für beide Angeklagte hat es zudem die Unterbringung in der Entziehungsanstalt angeordnet. Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten mit ihren Revisionen, mit denen sie die Verletzung sachlichen Rechts rügen; der Angeklagte S. erhebt darüber hinaus auch eine Verfahrensbeschwerde. Die Rechtsmittel haben auf die Sachrügen in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO .

Die Überprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben, soweit das Landgericht sie nach den getroffenen Feststellungen der - in den Fällen II. 3 bis 5 der Urteilsgründe bandenmäßig begangenen - Beschaffung und Einfuhr von Heroin für schuldig befunden hat. Dennoch kann der Schuldspruch insgesamt nicht bestehen bleiben, weil die Feststellungen zum Eigenverbrauchsanteil der erworbenen Betäubungsmittel lückenhaft sind. Nach den insoweit rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen waren die jeweils beschafften Betäubungsmittelmengen, die in allen Fällen die Grenze der nicht geringen Menge (für Heroin BGHSt 32, 162 ) überschritten, teils zum Eigenverbrauch, teils zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt. Hinsichtlich der jeweiligen Anteile beschränkt sich das Urteil jedoch auf die pauschale Feststellung, "ein zahlenmäßig nicht genau bezifferbarer Anteil" der eingeführten Betäubungsmittel (UA 19) sei zum Eigenkonsum bzw. sei das erworbene Rauschgift "jedenfalls zu beträchtlichen Teilen zum gewinnbringenden Weiterverkauf" (UA 32) bestimmt gewesen. Diese pauschale Feststellung erlaubt dem Senat nicht die Überprüfung, ob das Landgericht den Angeklagten zu Recht auch das Handeltreiben mit Heroin jeweils in nicht geringer Menge angelastet hat, wie dies die angewandten Strafvorschriften des Betäubungsmittelgesetzes voraussetzen. Das Landgericht durfte nicht offen lassen, welcher Teil der von den Angeklagten beschafften Betäubungsmittel zum Weiterverkauf und welcher zum Eigenverbrauch bestimmt war. Denn die entsprechenden Teilmengen und ihr Verhältnis zueinander wirken sich sowohl bei der rechtlichen Einordnung der Taten als auch bei der Gewichtung der Erwerbstaten im Rahmen der Strafzumessung aus; sie sind daher - notfalls unter Beachtung des Zweifelssatzes durch Schätzung - festzustellen (st. Rspr.; BGH StV 2002, 255; BGH, Beschluss vom 27. April 2004 - 3 StR 116/04). Das gilt vorliegend umso mehr, als die zum Konsumverhalten der Angeklagten und weiterer Beteiligter für den Tatzeitraum getroffenen Feststellungen (der Angeklagte S. durchschnittlich zwei bis vier Gramm Heroin pro Tag; der Angeklagte P. Mengen von über fünf Gramm am Tag; der gesondert verfolgte T. durchschnittlich zwei bis drei Gramm pro Woche, in "Spitzenzeiten" die gleiche Menge in zwei bis drei Tagen; UA 6, 10, 20) nicht ausschließen, dass die zum Weiterverkauf verbleibenden Anteile jedenfalls in Einzelfällen die Grenze der nicht geringen Menge unterschritten. Hinzu kommt, dass das Landgericht hinsichtlich des Angeklagten P. nicht auszuschließen vermochte, dass er das ihm überlassene Rauschgift insgesamt für den eigenen Konsum verbrauchte (UA 20).

Der aufgezeigte Rechtsfehler lässt die Feststellungen - mit Ausnahme derjenigen zum Konsumverhalten der Angeklagten und der jeweiligen Eigenverbrauchsanteile der beschafften Betäubungsmittel - zum äußeren und inneren Sachverhalt unberührt. Dies schließt insoweit ergänzende Feststellungen, die zu den bisher getroffenen Feststellungen nicht in Widerspruch stehen, durch den neuen Tatrichter nicht aus.

Vorinstanz: LG Bielefeld, vom 08.08.2005