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BGH - Entscheidung vom 10.05.2006

II ZR 209/04

Normen:
GmbHG § 15 Abs. 5

Fundstellen:
BGHReport 2006, 1251
DB 2006, 1672
DStR 2006, 1567
GmbHR 2006, 875
GmbHR 2006, 875
MDR 2007, 96
NJW-RR 2006, 1414
NZG 2007, 627
WM 2006, 1523
ZIP 2006, 1343

BGH, Beschluß vom 10.05.2006 - Aktenzeichen II ZR 209/04

DRsp Nr. 2006/19351

Konkludente Erteilung der Zustimmung zu einem Treuhandvertrag über einen GmbH-Geschäftsanteil; Darlegungs- und Beweislast für die beidseitige Verweigerung der Zustimmung

»1. Die Zustimmung zu einem Treuhandvertrag über einen GmbH-Geschäftsanteil kann konkludent erteilt werden, indem die Gesellschafter den Treugeber dieser Funktion entsprechend behandeln.2. Die Beweislast für eine die schwebende Unwirksamkeit eines Treuhandvertrages beseitigende Zustimmungsverweigerung trägt die Partei, die sich darauf beruft. Eine Zustimmungsverweigerung durch einen Gesellschafter, der beabsichtigt, seinen Geschäftsanteil zu veräußern, kann rechtsmissbräuchlich sein.«

Normenkette:

GmbHG § 15 Abs. 5 ;

Gründe:

I. Der Beklagte und sein Mitgesellschafter S. gründeten durch notariellen Vertrag vom 22. Oktober 2001 die F. GmbH (nachfolgend: F. GmbH). In § 9 des Gesellschaftsvertrages ist bestimmt, dass die Begründung eines Treuhandverhältnisses über Geschäftsanteile der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedarf. Ebenfalls am 22. Oktober 2001 schlossen die Parteien einen notariell beurkundeten Treuhandvertrag, nach dessen Inhalt der Beklagte seinen Geschäftsanteil an der F. GmbH treuhänderisch für den Kläger hält. Im März 2003 übertrug der Gesellschafter S. seinen Geschäftsanteil auf den Beklagten.

Das Oberlandesgericht hat den Antrag des Klägers festzustellen, dass der Beklagte seinen Geschäftsanteil an der F. GmbH treuhänderisch für ihn hält, und den kombinierten "Stufenklagenantrag" auf Auskunftserteilung über die Höhe des Gewinns der F. GmbH in den Jahren 2001/2002 und auf Gewährung von Einsicht in Geschäftsunterlagen abgewiesen. Der zwischen den Parteien geschlossene Treuhandvertrag sei mangels Zustimmung des Mitgesellschafters S. unwirksam. Deshalb könne der Kläger weder Auskunft über erzielte Gewinne noch Einsicht in die Geschäftsunterlagen verlangen.

II. Die angefochtene Entscheidung verletzt das Verfahrensgrundrecht des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG ), weil das Berufungsgericht entscheidungserhebliches Vorbringen des Klägers nicht zur Kenntnis genommen hat.

1. Der Kläger hat vorgetragen, am 1. Februar 2003 sei in Gegenwart beider Parteien und des Gesellschafters S. zunächst zwischen ihm und dem Beklagten innerhalb des bestehenden Treuhandverhältnisses eine Abrede getroffen und anschließend zwischen dem Beklagten und dem Gesellschafter S. eine Gesellschafterversammlung abgehalten worden, so dass sich aus dem zeitlichen Ablauf eine konkludente Genehmigung des Treuhandvertrages ergebe. Auch der Beklagte selbst ist in einem am 6. März 2003 - also nach der Zusammenkunft vom 1. Februar 2003 - verfassten Schreiben an seinen Vetter von einem gültigen Treuhandverhältnis mit dem Kläger ausgegangen. Überdies hatte der Gesellschafter S. bereits in einem Schreiben vom 13. August 2002 gegenüber dem Kläger die Frage einer Gewinnausschüttung der F. GmbH erörtert. Diese Umstände hat das Berufungsgericht lediglich isoliert betrachtet, aber unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG keiner Gesamtwürdigung unterzogen und damit die Anforderungen an den Nachweis der Zustimmung - die auch konkludent erteilt werden konnte, indem die Gesellschafter den Kläger als Treugeber behandeln (BGHZ 15, 324, 329; 22, 101, 108) - überspannt.

2. Falls das Oberlandesgericht auch in der wiedereröffneten mündlichen Verhandlung sich nicht von einer Genehmigung des Treuhandvertrages überzeugen können sollte, weist der Senat vorsorglich auf folgendes hin:

a) Es bestehen Bedenken, ob die Gesellschafterversammlung der F. GmbH durch Gesellschafterbeschluss vom 8. März 2003 die Zustimmung zu dem Treuhandvertrag verweigert hat. Da die Unterschrift des Gesellschafters S. nicht mit einer Datumsangabe versehen ist, kann vor dem Hintergrund der zwischen den Parteien bestehenden Unstimmigkeiten und des Näheverhältnisses des Gesellschafters S. zu dem Beklagten nicht ausgeschlossen werden, dass die Unterzeichnung erst nach seiner im März 2003 vollzogenen Anteilsübertragung auf den Beklagten erfolgt ist. Dabei ist zu beachten, dass der Beklagte die Beweislast für eine die schwebende Unwirksamkeit des Treuhandvertrages (BGHZ 13, 179, 186) beseitigende Zustimmungsverweigerung trägt (BGH, Urt. v. 25. Januar 1989 - IVb ZR 44/88, FamRZ 1989, 476 , 478).

b) Sofern die Gesellschafterversammlung die Zustimmung zu dem Treuhandvertrag am 8. März 2003 tatsächlich verweigert hat, wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob die ablehnende Stimmabgabe des Gesellschafters S. wegen seines zu diesem Zeitpunkt bereits beabsichtigten Ausscheidens aus der Gesellschaft als rechtsmissbräuchlich und daher unbeachtlich einzustufen ist (vgl. Scholz/Winter, GmbHG 9. Aufl. § 15 Rdn. 94; Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG 18. Aufl. § 15 Rdn. 46).

Vorinstanz: OLG Dresden, vom 29.07.2004 - Vorinstanzaktenzeichen 7 U 554/04
Vorinstanz: LG Dresden, vom 23.03.2004 - Vorinstanzaktenzeichen 10 O 2682/03
Fundstellen
BGHReport 2006, 1251
DB 2006, 1672
DStR 2006, 1567
GmbHR 2006, 875
GmbHR 2006, 875
MDR 2007, 96
NJW-RR 2006, 1414
NZG 2007, 627
WM 2006, 1523
ZIP 2006, 1343