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BGH - Entscheidung vom 21.03.2006

3 StR 3/06

Normen:
StGB § 249 Abs. 1

BGH, Beschluß vom 21.03.2006 - Aktenzeichen 3 StR 3/06

DRsp Nr. 2006/11091

Finale Verknüpfung zwischen Nötigung und Wegnahme

An der für die Annahme einer Raubes erforderlichen finalen Verknüpfung zwischen Nötigungshandlung und Wegnahme kann es insbesondere dann fehlen, wenn der Täter den Entschluss zur Wegnahme erst nach der Gewaltanwendung gefasst hat.

Normenkette:

StGB § 249 Abs. 1 ;

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung, räuberischer Erpressung, Raub in zwei Fällen, gefährlicher Körperverletzung und Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel führt zu einer Änderung des Schuldspruchs und hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg.

1. Im Fall II. 6. der Urteilsgründe wurde bei der Tat eine Bratpfanne als gefährliches Werkzeug verwendet und die Geschädigte schwer misshandelt. Die Erfüllung der Qualifikationstatbestände gemäß § 177 Abs. 4 StGB wird im Schuldspruch dadurch zum Ausdruck gebracht, dass der Angeklagte wegen besonders schwerer Vergewaltigung verurteilt wird (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 177 Rdn. 78).

2. Die Verurteilung des Angeklagten wegen Raubes in den Fällen II. 1. und 4. der Urteilsgründe hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

a) Hierzu hat das Landgericht folgende Feststellungen getroffen:

Im Fall II. 1. schlug der Angeklagte den Geschädigten, der dabei sein Mobiltelefon verlor, mit Faustschlägen zu Boden und trat ihm mehrfach mit dem Fuß in die Rippen, weil er mit ihm "noch etwas zu klären" hatte. Unter Ausnutzung der vorausgegangenen Gewaltanwendung nahm er dann das Mobiltelefon auf und steckte es ein, um es für sich zu behalten. Aus Angst vor weiteren Übergriffen des Angeklagten setzte sich das Tatopfer nicht zur Wehr.

Im Fall II. 4. wollte der Angeklagte das Tatopfer zur Rede stellen. Nachdem er und ein unbekannt gebliebener Mittäter sich Zutritt zu dessen Wohnung verschafft hatten, schlugen sie dem Geschädigten mehrfach ins Gesicht. Dieser verlor das Bewusstsein. Anschließend nahm der Angeklagte Wertgegenstände des Tatopfers an sich, um diese für sich zu behalten.

b) In beiden Fällen tragen die Feststellungen den Schuldspruch wegen Raubes nicht.

Den Urteilsgründen kann nicht entnommen werden, dass der Angeklagte die ausgeübte Gewalt oder eine Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben als Mittel eingesetzt hat, um die Wegnahme zu ermöglichen. Damit fehlt es an der erforderlichen finalen Verknüpfung zwischen einer Nötigungshandlung und der Wegnahme (vgl. BGHSt 32, 88 , 92; 41, 123, 124; BGH NStZ 2003, 431 ; Tröndle/Fischer aaO. § 249 Rdn. 6 ff., 10 ff. m. w. N.). Die Gewaltanwendung erfolgte nach den Feststellungen nicht zum Zwecke der Wegnahme. Vielmehr fasste der Angeklagte den Entschluss zur Wegnahme jeweils erst nach der Gewaltanwendung. Eine Äußerung oder sonstige Handlung des Angeklagten vor oder bei der Wegnahme, die eine - eventuell konkludente - Drohung mit weiterer Gewaltanwendung beinhaltet, ist nicht festgestellt. Allein der Umstand, dass die Wirkungen der ohne Wegnahmeabsicht ausgeübten Gewalt noch andauern und der Täter dies ausnutzt, genügt für die Annahme eines Raubes nicht. Im Fall II. 4. scheidet ein Raub schon deshalb aus, weil das Tatopfer, als der Angeklagte den Entschluss zur Wegnahme fasste, bewusstlos war und deshalb keinen Widerstand leisten konnte, der durch Zwangsmittel hätte überwunden werden müssen.

3. In der neuen Hauptverhandlung wird der neue Tatrichter zu prüfen haben, ob der Angeklagte bereits bei der Gewaltanwendung den - zumindest bedingten - Vorsatz hatte, sich Wertgegenstände des jeweiligen Tatopfers zu- zueignen, was bei einer Gesamtschau der festgestellten Taten nicht ausgeschlossen erscheint.

Vorinstanz: LG Kleve, vom 01.09.2005