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BGH - Entscheidung vom 03.08.2006

3 StR 271/06

Normen:
StGB § 67 Abs. 2

Fundstellen:
NStZ 2007, 30

BGH, Beschluß vom 03.08.2006 - Aktenzeichen 3 StR 271/06

DRsp Nr. 2006/24737

Dauer des Vorwegvollzugs

Bei der Bestimmung der Dauer des Vorwegvollzugs muss die zeitliche Nähe des Beginns des Maßregelvollzugs zu dem Zeitpunkt, an dem zwei Drittel der Strafe vollstreckt sind, berücksichtigt werden; denn die Überschreitung dieses Zeitpunktes, von dem an regelmäßig eine Aussetzung der Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe in Betracht kommt, wirkt sich für den Angeklagten wie ein zusätzliches Strafübel aus.

Normenkette:

StGB § 67 Abs. 2 ;

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren räuberischen Diebstahls und Diebstahls in fünf Fällen, davon in einem Fall im Versuch, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Des Weiteren hat es bestimmt, dass drei Jahre der Gesamtfreiheitsstrafe vor der Maßregel zu vollstrecken sind. Die auf die Verurteilung wegen schweren räuberischen Diebstahls beschränkte und mit der allgemeinen Sachrüge begründete Revision führt lediglich hinsichtlich der Anordnung des Vorwegvollzuges zum Erfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO .

Der Senat hat trotz der Wirksamkeit der Revisionsbeschränkung über die Rechtmäßigkeit der Anordnung des Vorwegvollzuges zu entscheiden. Seiner Kognitionspflicht unterliegt - wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausführt - neben dem Schuldspruch in diesem Fall auch die deswegen verhängte Einzelstrafe, die Gesamtstrafe und der Maßregelausspruch.

Die Anordnung des Vorwegvollzuges von drei Jahren hat angesichts der zeitlichen Nähe des Beginns des Maßregelvollzugs zu dem Zeitpunkt, an dem zwei Drittel der Strafe vollstreckt sein werden (nach drei Jahren und vier Monaten), keinen Bestand. Denn die Überschreitung dieses Zeitpunktes, von dem an regelmäßig eine Aussetzung der Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe in Betracht kommt, wirkt sich für den Angeklagten wie ein zusätzliches Strafübel aus (vgl. BGHR StGB § 67 Abs. 2 Vorwegvollzug, teilweiser 7). Zwar hat die Strafkammer mit auf den Einzelfall bezogenen Erwägungen ohne Rechtsfehler dargelegt, dass bei dem Angeklagten aus Gründen seiner Rehabilitation nach Abschluss der Behandlung ein sofortiger Wechsel in eine engmaschige Nachsorge - und damit die Anordnung eines Vorwegvollzuges an sich - unumgänglich ist; ein zusätzliches Strafübel wollte sie ihm indessen ersichtlich nicht auferlegen. Sie hat bei der Bemessung der Dauer des Vorwegvollzuges lediglich die voraussichtliche Verweildauer des Angeklagten im Maßregelvollzug, die jedenfalls deutlich über vier Monaten liegen dürfte, außer Betracht gelassen.

Die fehlerhafte Bemessung der Dauer des Vorwegvollzuges führt zur Aufhebung der Anordnung eines Vorwegvollzuges insgesamt (vgl. BGH StraFo 2003, 210; Beschl. vom 8. März 2005 - 3 StR 7/05) mit der Folge, dass der Rechtsfolgenausspruch des Urteils vorerst nicht in Rechtskraft erwächst und der Angeklagte in Untersuchungshaft verbleiben muss. Eine Beschränkung der Urteilsaufhebung auf die Dauer des Vorwegvollzuges unter Aufrechterhaltung der Anordnung dem Grunde nach ist nicht möglich, weil Anordnung und Dauer des Vorwegvollzuges in einem untrennbaren Zusammenhang stehen. Soweit der Senat die Beschränkung in einer früheren Entscheidung (allerdings ohne Begründung) als zulässig angesehen hat, hält er daran nicht fest (vgl. etwa BGHR StGB § 67 Abs. 2 Vorwegvollzug, teilweiser 7; hierzu auch Maier in MünchKomm, StGB § 67 Rdn. 130).

Der neue Tatrichter wird - notfalls mit sachverständiger Hilfe - einheitlich darüber zu entscheiden haben, ob ein Vorwegvollzug nach wie vor erforderlich ist. Hinsichtlich dessen Dauer wird bejahendenfalls eine Prognose zu treffen sein, mit welcher konkreten Verweildauer des Angeklagten im Maßregelvollzug zu rechnen ist. Hieran wird sich der neu anzuordnende Umfang des Vorwegvollzuges auszurichten haben.

Vorinstanz: LG Kiel, vom 04.05.2006
Fundstellen
NStZ 2007, 30