Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BGH - Entscheidung vom 12.04.2006

III ZR 16/06

Normen:
ZPO § 78 Abs. 1 § 78b

BGH, Beschluß vom 12.04.2006 - Aktenzeichen III ZR 16/06

DRsp Nr. 2006/12091

Anwaltszwang im Verfahren vor dem Revisionsgericht; Voraussetzungen der Beiordnung eines Notanwalts

1. Ein Antrag auf Feststellung eines vom Ausgang des Prozesskostenhilfe- und des Hauptsacheverfahrens unabhängigen Kostenerstattungsanspruchs nach dem Veranlassungsprinzip unterliegt dem Anwaltszwang.2. Die Beiordnung eines Rechtsanwalts nach § 78b ZPO setzt voraus, dass die Partei trotz zumutbarer Anstrengungen einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet.

Normenkette:

ZPO § 78 Abs. 1 § 78b ;

Gründe:

I. Die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der versäumten Revisionsbegründungsfrist ist zu gewähren, weil der Kläger ohne sein Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert gewesen ist und die Begründung innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO nachgeholt hat.

II. Die Gegenvorstellung des Klägers gegen den Senatsbeschluss vom 21. Dezember 2005, mit dem der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Revisionsverfahren zurückgewiesen wurde, gibt zu einer Änderung der Entscheidung keine Veranlassung.

1. Entgegen der Ansicht des Klägers ist mit dem Beschluss vom 3. Juni 2004 ein auf § 41 Nr. 1 ZPO gestütztes Ablehnungsgesuch zurückgewiesen worden. Der Kläger hat mit seinem Schriftsatz vom 11. November 2003 zu erkennen gegeben, dass er die Mitwirkung der betroffenen Richter im Hinblick auf § 41 Nr. 1 ZPO ablehnt. Diesen Willen haben die Richter, die über das Vorliegen des Ausschließungsgrundes befunden haben, ausweislich lit. A Nr. 20 des Beschlusses vom 3. Juni 2004 bei ihrer - negativen - Entscheidung auch erkannt. Der Beschluss vom 21. Juni 2004 steht der Annahme, durch die Entscheidung vom 3. Juni 2004 sei über ein auf § 41 Nr. 1 ZPO gestütztes Ablehnungsgesuch entschieden worden, nicht entgegen. Zwar mag dieser Beschluss darauf hindeuten, dass die über den Ausschluss der geschäftsplanmäßigen Mitglieder des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München entscheidenden Richter der - § 42 Abs. 1 , 1. Alt. ZPO widersprechenden - Ansicht waren, ein Ablehnungsgesuch im rechtstechnischen Sinn könne nur zur Geltendmachung der Besorgnis der Befangenheit angebracht werden. Gleichwohl bleibt es dabei, dass sie den im Schriftsatz vom 11. November 2003 erklärten Ablehnungswillen des Klägers erkannt und mit dem Beschluss vom 3. Juni 2004 eine Sachentscheidung über das Vorliegen des Ausschließungsgrundes nach § 41 Nr. 1 ZPO getroffen haben, nicht anders als bei einem - nach ihrem Verständnis - "echten" Ablehnungsgesuch.

2. In der Revisionsbegründung beanstandet der Kläger weiter die Anwendbarkeit der sogenannten Kollegialgerichtsrichtlinie auf das dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. November 1988 vorangegangene Verwaltungs- und Verwaltungsgerichtsverfahren. Die bayerischen Verwaltungsgerichte hätten wesentliche Gesichtspunkte unberücksichtigt gelassen, sich von einer bereits im Ausgangspunkt rechtlich verfehlten Betrachtungsweise nicht freimachen können und gesetzliche Bestimmungen handgreiflich falsch ausgelegt. Diese Sicht vermag der Senat in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht nicht zu teilen. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht den von den Vorinstanzen vertretenen Rechtsstandpunkt nicht gebilligt. Deren Rechtsanwendung überschritt jedoch aus den zutreffenden auf Seiten 6, 16 ff. des Berufungsurteils ausgeführten Gründen nicht die Grenzen, die für die Anwendbarkeit der sogenannten Kollegialgerichtsrichtlinie gelten.

3. Soweit der Kläger in der Gegenvorstellung geltend macht, er beanspruche Schadensersatz auch für richterliches Fehlverhalten außerhalb des Spruchrichterprivilegs, ist der Senat hierauf bereits in seinem Beschluss vom 21. Dezember 2005 eingegangen (Rn. 12).

4. Von einer weiteren Begründung seiner Entscheidung über die Gegenvorstellung, die der Senat vollumfänglich geprüft hat, wird abgesehen.

III. Der Antrag des Klägers, ihm Rechtsanwalt K. beizuordnen, ist ebenfalls zurückzuweisen. Soweit der Kläger die Beiordnung nach § 121 ZPO verlangt, fehlt es aus den im Beschluss vom 21. Dezember 2005 und den oben unter Nummer II genannten Gründen an den hierfür erforderlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe.

Soweit der Beiordnungsantrag hilfsweise auf § 78b ZPO gestützt wird, ist er gleichfalls unbegründet. Die Beiordnung eines Rechtsanwalts nach dieser Bestimmung setzt voraus, dass die Partei trotz zumutbarer Anstrengungen einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet (z.B.: Senatsbeschluss vom 27. April 1995 - III ZB 4/95 - BGHR ZPO § 78b Abs. 1 , Anstrengungen, zumutbare 1; BGH, Beschluss vom 7. Dezember 1999 - VI ZR 219/99 - BGHR ZPO § 78b Vertretungsbereitschaft 2; Beschluss vom 13. April 1994 - XII ZR 222/93 - BGHR ZPO § 78b Vertretungsbereitschaft 1 m.w.N.). An dieser Voraussetzung fehlt es hier. Rechtsanwalt K. ist nach den Angaben des Klägers grundsätzlich bereit, diesen zu vertreten. Die Übernahme des Mandats scheitert allerdings an der finanziellen Leistungsunfähigkeit des Klägers. In diesen Fällen scheidet die Bestellung eines Notanwalts aus (BGH, Beschlüsse vom 7. Dezember 1999 und 13. April 1994 jew. aaO.). Vielmehr ist hierfür allein § 121 ZPO einschlägig.

IV. Der vom Kläger weiter gestellte Antrag festzustellen, dass der Kläger unabhängig vom Ausgang des Prozesskostenhilfe- und des Hauptsacheverfahrens einen Kostenerstattungsanspruch nach dem Veranlassungsprinzip habe, unterliegt dem Anwaltszwang (§ 78 Abs. 1 ZPO ) und kann deshalb von ihm nicht persönlich gestellt werden. Soweit das Petitum des Klägers als im Rahmen seiner Gegenvorstellung gegen den Senatsbeschluss vom 21. Dezember 2005 angebrachter Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für einen solchen Antrag im Revisionsverfahren aufzufassen sein sollte, ist es zurückzuweisen, weil Gegenstand der revisionsgerichtlichen Überprüfung grundsätzlich nur die Ansprüche sein können, über die das Berufungsgericht entschieden hat (vgl. § 559 ZPO ), so dass Klageänderungen oder -erweiterungen, von hier nicht vorliegenden engen Ausnahmen abgesehen, ausgeschlossen sind (z.B.: BGH, Urteil vom 28. September 1989 - IX ZR 180/88 - WM 1989, 1873 , 1875; Zöller/Gummer, ZPO , 25. Aufl., § 559 Rn. 10). Der nunmehr angekündigte Antrag war jedoch im Berufungsverfahren ausweislich des Tatbestands des Berufungsurteils und der Sitzungsprotokolle vom 4. November 2004 und 20. Januar 2005 in der Berufungsinstanz nicht gestellt.

Vorinstanz: OLG München, vom 17.03.2005 - Vorinstanzaktenzeichen 1 U 2218/02
Vorinstanz: LG München I, vom 23.01.2002 - Vorinstanzaktenzeichen 9 O 20233/98