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BGH - Entscheidung vom 08.02.2006

XII ZR 57/03

Normen:
ZPO § 540 Abs. 1, 2

Fundstellen:
BGHReport 2006, 872
FamRZ 2006, 775
MDR 2006, 1127
NJW 2006, 1523

BGH, Versäumnisurteil vom 08.02.2006 - Aktenzeichen XII ZR 57/03

DRsp Nr. 2006/9103

Anforderungen an die Darstellung der tatsächlichen Grundlagen einer Entscheidung

»Die tatsächlichen Grundlagen der Entscheidung müssen sich aus dem Urteil oder im Falle des § 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO aus dem Sitzungsprotokoll so erschließen, dass eine revisionsrechtliche Nachprüfung möglich ist (im Anschluss an BGHZ 158, 60 ).«

Normenkette:

ZPO § 540 Abs. 1 , 2 ;

Tatbestand:

Die Beklagte hat gegen das der Klage stattgebende Urteil des Landgerichts Berufung eingelegt. Das Berufungsgericht hat in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, das Berufungsurteil verkündet. Das Verhandlungsprotokoll gibt in Form eines Hinweises eine kurze Begründung. Das Berufungsurteil, mit dem das Berufungsgericht das Urteil des Landgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen hat, enthält nur den Tenor.

Mit der vom Senat zugelassenen Revision erstreben die Kläger die Aufhebung des Berufungsurteils und Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I. Gegen die im Verhandlungstermin nicht erschienene Beklagte ist durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Dieses beruht jedoch inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern berücksichtigt den gesamten Sach- und Streitstand (vgl. BGHZ 37, 79 , 81 ff.).

II. Das Berufungsurteil ist aufzuheben, da es mangels tatsächlicher Feststellungen in der Revision nicht überprüfbar ist.

1. Auf das Berufungsverfahren ist die Zivilprozessordnung in der am 1. Januar 2002 geltenden Fassung anzuwenden, weil die mündliche Verhandlung vor dem Landgericht am 15. Mai 2002 geschlossen worden ist (§ 26 Nr. 5 EGZPO ). Damit sind an die Stelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen die durch § 540 Abs. 1 ZPO näher geregelten Gründe des Berufungsurteils getreten. Nach § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO erfordert das Urteil die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen und eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung. Diese Darlegungen können bei Verkündung des Urteils im Verhandlungstermin in das Protokoll aufgenommen werden (§ 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO ).

Diese Mindestvoraussetzungen sind, auch wenn das neue Recht die Berufungsgerichte bei der Urteilsabfassung entlasten will, für den Inhalt eines Urteils nicht entbehrlich (BGHZ 158, 60 , 61 m.w.N.). Das ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut des Gesetzes, sondern auch und vor allem aus seinem Sinn, trotz der Erleichterungen bei der Abfassung von Berufungsurteilen deren revisionsrechtliche Nachprüfung zu ermöglichen. Deshalb müssen sich die tatsächlichen Grundlagen der Entscheidung aus dem Urteil oder im Falle des § 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO aus dem Sitzungsprotokoll so erschließen, dass eine revisionsrechtliche Nachprüfung möglich ist (BGHZ aaO., 62).

2. Die Revision rügt zu Recht, dass das Berufungsurteil diesen Anforderungen nicht genügt. Weder das Urteil noch das Verhandlungsprotokoll enthalten eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil (§ 540 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ZPO ). Auch die knappe Begründung im Sitzungsprotokoll lässt die tatsächlichen Grundlagen der Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erkennen.

Deshalb ist das Berufungsurteil von Amts wegen aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (st.Rspr. BGHZ aaO., 63 m.w.N.).

Vorinstanz: KG, vom 10.02.2003 - Vorinstanzaktenzeichen 8 U 218/02
Vorinstanz: LG Berlin, vom 05.06.2002 - Vorinstanzaktenzeichen 32 O 747/01
Fundstellen
BGHReport 2006, 872
FamRZ 2006, 775
MDR 2006, 1127
NJW 2006, 1523