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BFH - Entscheidung vom 22.08.2006

I R 116/04

Normen:
EG Art. 56 Art. 57 Abs. 1 Art. 58
DBA-USA (1989) Art. 7 Abs. 1 S. 2 Art. 23 Abs. 2 lit. a S. 1
EStG (1997 a.F.) § 2a Abs. 3 S. 1, (1997 i.d.F. des StBereinG 1999) § 52 Abs. 3 S. 2

Fundstellen:
BB 2006, 2392
BFH/NV 2006, 2369
BFHE 214, 536
BStBl II 2006, 864
DB 2006, 2380
DStR 2006, 1929
GmbHR 2006, 1285
IStR 2006, 862
NZG 2007, 80

BFH, Beschluss vom 22.08.2006 - Aktenzeichen I R 116/04

DRsp Nr. 2006/25786

Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH: Abzugsausschluss von Verlusten einer US-amerikanischen Betriebsstätte nach Art. 23 Abs. 2 Buchst. a Satz 1 DBA-USA 1989 gemeinschaftsrechtswidrig?

»Dem EuGH werden die folgenden Rechtsfragen zur Vorabentscheidung vorgelegt: 1. Ist es mit Art. 56 und Art. 58 EG vereinbar, wenn ein deutsches Unternehmen mit Einkünften aus Gewerbebetrieb Verluste aus einer Betriebsstätte in einem Drittstaat (hier: die Vereinigten Staaten von Amerika) bei der Gewinnermittlung nicht abziehen kann, weil nach dem maßgeblichen Doppelbesteuerungsabkommen entsprechende Betriebsstätteneinkünfte nicht der deutschen Besteuerung unterliegen? 2. Ist eine abkommensrechtliche Regelung mit dem vorgenannten Inhalt im Hinblick auf die Vorbehaltsklausel in Art. 57 Abs. 1 Satz 1 EG dann mit Gemeinschaftsrecht vereinbar, wenn die maßgeblichen Bestimmungen des Doppelbesteuerungsabkommens schon am 31. Dezember 1993 bestanden haben, der sich aus ihnen ergebende Ausschluss der Berücksichtigung von Verlusten aber bis zum Jahr 1998 durch das innerstaatliche deutsche Recht aufgehoben wurde?«

Normenkette:

EG Art. 56 Art. 57 Abs. 1 Art. 58 ; DBA-USA (1989) Art. 7 Abs. 1 S. 2 Art. 23 Abs. 2 lit. a S. 1 ; EStG (1997 a.F.) § 2a Abs. 3 S. 1, (1997 i.d.F. des StBereinG 1999) § 52 Abs. 3 S. 2 ;

Gründe:

I. Sach- und Streitstand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, war im Streitjahr 1999 an zwei Personengesellschaften US-amerikanischen Rechts beteiligt und erwirtschaftete hieraus einen Verlust, den sie nach Maßgabe von § 2a Abs. 3 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes ( EStG 1997) i.V.m. § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte abzog. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) lehnte den Verlustabzug ab. Zur Begründung verwies das FA auf die Freistellung der Betriebsstätteneinkünfte gemäß Art. 7 Abs. 1 und Art. 23 Abs. 2 Buchst. a Satz 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und einiger anderer Steuern vom 29. August 1989 --DBA-USA 1989-- (BGBl II 1991, 355) sowie auf die Abschaffung von § 2a Abs. 3 EStG 1997 durch das Steuerentlastungsgesetz ( StEntlG ) 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl I 1999, 402, BStBl I 1999, 304) mit erstmaliger Wirkung vom Veranlagungszeitraum 1999 an (vgl. § 52 Abs. 3 Satz 2 EStG 1997 i.d.F. des Gesetzes zur Bereinigung von steuerlichen Vorschriften -- StBereinG 1999-- vom 22. Dezember 1999, BGBl I 1999, 2601, BStBl I 2000, 13).

Die Klage gegen die dementsprechend ergangenen Steuerbescheide wies das Finanzgericht (FG) Düsseldorf durch Urteil vom 14. September 2004 6 K 3796/01 K,F ab. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2005, 538 abgedruckt.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragt sinngemäß, das FG-Urteil aufzuheben und die angefochtenen Steuerbescheide 1999 dahin gehend zu ändern, dass die Verluste aus den Betriebsstätten in den USA in Höhe von 3 425 382 DM steuermindernd berücksichtigt werden.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. Rechtslage nach deutschem Recht

Die Entscheidung über die Revision ist von der Beantwortung der im Leitsatz genannten Vorlagefragen abhängig. Sofern beide Fragen zu verneinen sind, muss das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und der Klage entsprochen werden. Ist eine der Fragen aber zu bejahen, ist die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

1. Die Klägerin war im Streitjahr an zwei US-amerikanischen Personengesellschaften beteiligt. Sie erwirtschaftete dadurch gewerbliche Gewinne i.S. von Art. 7 Abs. 1 DBA-USA 1989, für die in den Vereinigten Staaten Betriebsstätten bestehen und die deswegen nach Art. 7 Abs. 1 Satz 2 DBA-USA 1989 in den Vereinigten Staaten besteuert werden können (vgl. z.B. Wolff in Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Art. 7 USA Rz. 76, m.w.N.). Einkünfte aus Quellen in den Vereinigten Staaten, die nach diesem Abkommen --wie hier nach Art. 7 Abs. 1 Satz 2 DBA-USA 1989-- in den Vereinigten Staaten besteuert werden können, werden nach Art. 23 Abs. 2 Buchst. a Satz 1 DBA-USA 1989 von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer ausgenommen. Die Gewinnermittlung richtet sich hierbei nach deutschem Recht (z.B. Senatsurteil vom 22. Mai 1991 I R 32/90, BFHE 165, 197 , BStBl II 1992, 94 ; Piltz in Debatin/Wassermeyer, aaO., Art. 7 MA Rz. 73, 136 f.; Wolff, daselbst, Art. 7 USA Rz. 73).

2. Da sich der Begriff der Betriebsstättengewinne auf einen Nettobetrag bezieht, entspricht es ständiger Rechtsprechung des Senats, dass auch Betriebsstättenverluste aus der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen sind. Der Senat nimmt insoweit auf diese Rechtsprechung Bezug (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 13. November 2002 I R 13/02, BFHE 201, 73 , BStBl II 2003, 795 ; Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, aaO., MA Art. 23 A Rz. 57, jeweils m.w.N.) und hält an dieser jedenfalls für die mit den USA vereinbarte Abkommenslage fest.

Denn indem nach Art. 23 Abs. 2 Buchst. a Satz 1 DBA-USA 1989 ausdrücklich "von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer die Einkünfte aus Quellen in den Vereinigten Staaten ... ausgenommen (werden), die nach diesem Abkommen in den Vereinigten Staaten besteuert werden können ...", ist letztlich zweifelsfrei, dass darin nicht nur positive, sondern auch negative Einkünfte einbezogen sind (sog. Symmetriethese). Darauf baute auch die --bisherige-- (innerstaatliche) Regelung des § 2a Abs. 3 EStG 1997 auf (vgl. Senatsbeschluss in BFHE 201, 73 , BStBl II 2003, 795 ; Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, aaO., MA Art. 23A Rz. 57).

Der Umstand, dass § 2a Abs. 3 EStG 1997 durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 mit erstmaliger Wirkung vom Veranlagungszeitraum 1999 an (vgl. § 52 Abs. 3 Satz 2 EStG 1997 i.d.F. des StBereinG 1999 --und damit für das Streitjahr-- ersatzlos gestrichen worden ist, ändert daran nichts. Im Einzelnen bezieht sich der Senat auf seinen Vorlagebeschluss an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom 28. Juni 2006 I R 84/04 (zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt; für die Beteiligten und den EuGH hier in neutralisierter Form beigefügt).

III. Vereinbarkeit mit Gemeinschaftsrecht

1. Ob die so verstandene Abkommensregelung mit Gemeinschaftsrecht vereinbar ist, ist allerdings nach wie vor umstritten. Der erkennende Senat hat die darauf gerichtete Rechtsfrage deswegen dem EuGH durch den zitierten Beschluss vom 28. Juni 2006 I R 84/04 gemäß Art. 234 Abs. 3 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft ( EGV ) i.d.F. des Vertrages von Amsterdam zur Änderung des Vertrages über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften (EG), sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- 1997 Nr. C-340/1) bezogen auf die mit Art. 23 Abs. 2 Buchst. a Satz 1 DBA-USA 1989 gleichlautende Freistellung des Betriebsstättenverlustes in Art. 20 Abs. 2 Satz 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Großherzogtum Luxemburg zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern (DBA-Luxemburg) vom 23. August 1958 (BGBl II 1959, 1270) zur Vorabentscheidung vorgelegt. Auch insoweit nimmt der Senat auf seinen erwähnten Vorlagebeschluss Bezug, vor allem auf die darin vorgenommene Auseinandersetzung mit dem Urteil des EuGH vom 13. Dezember 2005 Rs. C-446/03 "Marks and Spencer" (Amtsblatt der Europäischen Union --ABlEU-- 2006, Nr. C 36,5) zu den Regelungen des britischen "group relief" und damit der britischen Konzernbesteuerung im Verhältnis der (britischen) Muttergesellschaft zu deren (ausländischen) Tochtergesellschaften und den von diesen erzielten Verlusten.

2. Die sonach ausstehende Entscheidung des EuGH könnte im Grundsatz auch für das vorliegende Streitverfahren einschlägig sein.

a) Da die Vereinigten Staaten kein Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft sind, könnte sich ein denkbarer Gemeinschaftsrechtsverstoß von Art. 20 Abs. 2 Satz 1 DBA-Luxemburg auf die vergleichbare Regelungslage nach dem DBA-USA 1989 allerdings nur dann auswirken, wenn es sich nicht nur um einen Verstoß gegen die Grundfreiheit der freien Wahl der Niederlassung (Art. 43 EG), sondern auch um einen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit gemäß Art. 56 EG handeln würde und zugleich keine Beschränkungen jener Grundfreiheit betroffen wären, die am 31. Dezember 1993 aufgrund einzelstaatlicher oder gemeinschaftsrechtlicher Rechtsvorschriften für den Kapitalverkehr mit dritten Ländern im Zusammenhang mit Direktinvestitionen einschließlich Anlagen in Immobilien, mit der Niederlassung, der Erbringung von Finanzdienstleistungen oder der Zulassung von Wertpapieren zu den Kapitalmärkten bestanden haben (sog. Stand-still-Klausel, Art. 57 Abs. 1 Satz 1 EG). Denn nur dann schützt die Grundfreiheit auch den Kapitalverkehr zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern. Die anderen gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten, auch die Niederlassungsfreiheit, erstrecken sich demgegenüber nur auf die Mitgliedstaaten selbst.

b) Art. 23 Abs. 2 Buchst. a Satz 1 DBA-USA 1989, aus dem die abkommensrechtliche Freistellung von Betriebsstättenverlusten resultiert, bestand schon am 31. Dezember 1993, so dass die Schutzwirkung der Grundfreiheit für die im Streitfall gegebene Konstellation so gesehen nicht greifen kann. Es ist jedoch fraglich, ob dies gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen genügt.

Denn die den Steuerpflichtigen bezogen auf Verluste ungünstige abkommensrechtliche Regelung wirkte sich in Deutschland seit dem Veranlagungszeitraum 1969 nicht aus: Sie wurde seitdem im Wege eines sog. Treaty override unter bestimmten Voraussetzungen, welche die Klägerin erfüllt, zugunsten der Steuerpflichtigen überspielt; der Abzug der Verluste blieb danach ungeachtet ihrer abkommensrechtlichen Freistellung prinzipiell erhalten (vgl. zunächst § 2 des Gesetzes über steuerliche Maßnahmen bei Auslandsinvestitionen der deutschen Wirtschaft vom 18. August 1969, BGBl I 1969, 1211, 1214, BStBl I 1969, 477, 480, und später --ab 1990-- § 2a Abs. 3 EStG a.F.). Insgesamt betrachtet bestand in Deutschland am 31. Dezember 1993 also eine andere Rechtslage als (erstmals) im Streitjahr. Der Wegfall von § 2a Abs. 3 EStG 1997 mit Wirkung vom Veranlagungszeitraum 1999 schafft eine neue Rechtssituation. Zwar ergibt sich aus dieser Vorschrift nicht die normative Grundlage für die Nichtberücksichtigung der Betriebsstättenverluste, sondern umgekehrt die Verschonung von derselben. Insofern ließe sich bei isolierter Betrachtung von Art. 23 Abs. 2 Buchst. a Satz 1 DBA-USA 1989 als derjenigen Vorschrift, aufgrund derer die Verluste freizustellen sind, vertreten, dass eine Vorschrift zu beurteilen ist, welche unter die vorgenannte Stand-still-Klausel fällt (so offenbar Schönfeld in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten-Handbuch, Rn. 11.12). Es ließe sich aber ebenso gut vertreten, dass diese Sichtweise der Regelungslage insgesamt gesehen nicht hinreichend Rechnung trägt (vgl. Balmes/Grammel/Sedemund, Betriebs-Berater --BB-- 2006, 1474, 1477, 1479).

c) Selbst wenn die letztere Rechtsauffassung zuträfe, bleibt ungewiss, ob die Ungleichbehandlung von Betriebsstättenverlusten aus Mitglied- und Drittstaaten einen Gemeinschaftsrechtsverstoß nach sich zöge. Zwar werden unter den Gegebenheiten des Streitfalls inländische und ausländische Betriebsstättenverluste steuerlich ungleich behandelt; der Schutzbereich des Art. 56 EG ist damit wohl eröffnet. Jedoch berührt Art. 56 EG nach Art. 58 Abs. 1 EG nicht das Recht der Mitgliedstaaten, die einschlägigen Vorschriften ihres Steuerrechts anzuwenden, die Steuerpflichtige mit unterschiedlichem Wohnort oder Kapitalanlageort unterschiedlich behandeln. Derartige Maßnahmen und Verfahren dürfen nach Art. 58 Abs. 3 EG zwar weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des freien Kapital- und Zahlungsverkehrs i.S. des Art. 56 EG darstellen. So verhält es sich nach der ständigen Spruchpraxis des EuGH aber nur dann, wenn die steuerrechtlichen Unterscheidungen auf Situationen angewandt werden, die nicht objektiv vergleichbar sind oder durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses, insbesondere die Kohärenz der Steuerregelung, gerechtfertigt sind, wobei die Rechtfertigung von Behinderungen für den freien Kapitalverkehr letztlich denselben Regeln unterworfen werden wie die Beschränkung anderer gemeinschaftsvertraglich verbürgter Grundfreiheiten (vgl. z.B. EuGH-Urteile vom 6. Juni 2000 Rs. C-35/98 "Verkooijen", EuGHE I 2000, 4071; vom 21. November 2002 Rs. C-436/00 "X und Y", EuGHE I 2002, 10829; vom 15. Juli 2004 Rs. C-315/02 "Lenz", EuGHE I 2004, 7063; EuGH-Beschluss vom 8. Juni 2004 Rs. C-268/03 "De Baeck", EuGHE I 2004, 5961; Schön in Gocke/Gosch/Lang, Körperschaftsteuer, Internationales Steuerrecht, Doppelbesteuerung, Festschrift für Wassermeyer, 2005, S. 489, 513 ff., m.w.N).

Letzteres könnte in der vorliegend zu beurteilenden Situation der Fall sein. Die Konsequenzen eines unbeschränkten Abzugs ausländischer Betriebsstättenverluste sind jedenfalls dann, wenn diese Verluste nicht aus Mitglied-, sondern aus Drittstaaten herrühren, für die jeweiligen Mitgliedstaaten besonders weitreichend; eine unterschiedliche Behandlung könnte deswegen durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein. Die Befürchtungen, welche mit dem grenzüberschreitenden Verlustabzug ohnehin verbunden sind --die Befürchtung eines doppelten Verlustabzugs sowie jene der Steuerflucht dergestalt, dass Verlustübertragungen in jene Mitgliedstaaten geleitet werden, die den höchsten Steuersätzen unterliegen und bei denen folglich die Verluste am wertvollsten sind (vgl. EuGH-Urteil in ABlEU 2006, Nr. C 36,5, Rz. 45 ff.; Senatsbeschluss vom 28. Juni 2006 I R 84/04)-- treten in dieser Konstellation in verstärkter Weise zutage. Es ist im Ergebnis anzunehmen, dass nicht nur die mitgliedstaatlichen Haushalte, sondern --weiter gehend-- auch die EG-rechtlich nicht harmonisierten und zum staatlichen Kernbereich gehörenden Ertragshoheiten als solche in beträchtliche Mitleidenschaft gezogen werden (vgl. zu diesem Gesichtspunkt z.B. Seiler, Steuer und Wirtschaft 2005, 25, 29 f.). Unabhängig davon lässt sich zumindest im Verhältnis zu Drittstaaten bezweifeln, ob drohende Fiskalausfälle für die Mitgliedstaaten und der Schutz der Steueraufkommen dieser Staaten entsprechend der bisherigen Rechtsprechung des EuGH uneingeschränkt als Rechtfertigungsgrund für eine Ungleichbehandlung ausscheiden (vgl. dazu z.B. Schön in Gocke/Gosch/Lang, Festschrift für Wassermeyer, aaO., S. 489, 515 f., m.w.N.).

3. Der Senat erachtet die Gemeinschaftsrechtslage zu den erwähnten Punkten --sowohl zur Frage der Reichweite der Stand-still-Klausel als auch zur Frage der Verlustnutzung-- nicht als derart eindeutig, dass er von einer Vorlage an den EuGH gemäß Art. 234 Abs. 3 EG absehen dürfte (vgl. EuGH-Urteil vom 6. Oktober 1982 Rs. 283/81 "C.I.L.F.I.T.", EuGHE 1982, 3415).

Die abermalige Vorlage erübrigt sich im Streitfall auch nicht dadurch, dass gleichzeitig ein Verstoß gegen abkommensrechtliche Diskriminierungsverbote nach Art. 24 DBA-USA 1989 vorläge, der den Senat ohne Einholung einer Vorabentscheidung durch den EuGH zu einer Nichtanwendung des Art. 23 Abs. 2 Buchst. a Satz 1 DBA-USA 1989 berechtigen könnte. Die Klägerin wird als deutsches Unternehmen nicht anders besteuert als ein US-amerikanisches Unternehmen oder ein deutsches Unternehmen mit Betriebsstätten in einem Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft ist. Die Zugehörigkeit zur Europäischen Gemeinschaft ist insoweit als rechtlich tragfähiger Differenzierungsgrund für eine tatsächliche Ungleichbehandlung anerkannt.

IV. Vorlage an den EuGH

Der Senat setzt das Revisionsverfahren deshalb gemäß § 74 der Finanzgerichtsordnung aus und legt dem EuGH die im Leitsatz formulierten Rechtsfragen gemäß Art. 234 Abs. 3 EG zur Vorabentscheidung vor.

Vorinstanz: FG Düsseldorf - 6 K 3796/01 K, F - 14.9.2004 (EFG 2005, 538),
Fundstellen
BB 2006, 2392
BFH/NV 2006, 2369
BFHE 214, 536
BStBl II 2006, 864
DB 2006, 2380
DStR 2006, 1929
GmbHR 2006, 1285
IStR 2006, 862
NZG 2007, 80