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BFH - Entscheidung vom 17.10.2006

VII R 5/06

Normen:
EGV 1340/04
EGV 1776/01
KN Pos. 2009 Pos. 2106, KAP 20 ZusAnm. 5a, KAP 20 ZusAnm. 5b

Fundstellen:
BFH/NV 2007, 522

BFH, Urteil vom 17.10.2006 - Aktenzeichen VII R 5/06

DRsp Nr. 2007/806

Tarifierung von Apfelsaftkonzentrat

1. Vom Wortlaut der Pos. 2009 KN werden Fruchtsäfte auch dann erfasst, wenn ihnen Zucker oder andere Süßmittel zugesetzt worden sind.2. Fruchtsäfte der Pos. 2009 KN können unter der Voraussetzung zugesetzten Zucker enthalten, dass ihr ursprünglicher Charakter erhalten bleibt.

Normenkette:

EGV 1340/04; EGV 1776/01; KN Pos. 2009 Pos. 2106, KAP 20 ZusAnm. 5a, KAP 20 ZusAnm. 5b;

Gründe:

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ließ im Februar 2003 Apfelsaftkonzentrat "mit einem Brixwert von mehr als 20, jedoch nicht mehr als 67" der Unterpos. 2009 79 99 der Kombinierten Nomenklatur --KN-- (in der hier maßgeblichen Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1832/2002 der Kommission vom 1. August 2002, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- Nr. L 290/1) zum freien Verkehr abfertigen. Die Untersuchung der bei der Abfertigung gezogenen Probe führte jedoch nach dem Gutachten der Zolltechnischen Prüfungs- und Lehranstalt (ZPLA) zur Einreihung der Ware als Lebensmittelzubereitung in die Unterpos. 2106 90 98 KN. Die ZPLA stellte einen nach der Verordnung (EWG) Nr. 558/93 (VO Nr. 558/93) der Kommission vom 10. März 1993 (ABlEG Nr. L 58/50) gemessenen Brixwert der Probe von mehr als 64,2, nämlich 65,5, fest und führte aus, dass der Gehalt an zugesetztem Zucker i.S. der Zusätzlichen Anmerkung 5 a zu Kap. 20 KN somit mehr als 50 GHT und der Gehalt an Fruchtsaft in seinem natürlichen Zustand weniger als 50 GHT betrage, weshalb die Ware gemäß der Zusätzlichen Anmerkung 5 b zu Kap. 20 KN von der Pos. 2009 KN ausgeschlossen sei. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt --HZA--) schloss sich dieser Auffassung an und erhob den für Waren der Unterpos. 2106 90 98 KN höheren Zoll nach.

Die hiergegen nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage, mit der die Klägerin im Wesentlichen geltend machte, dass es sich bei der Ware um einen natürlichen, konzentrierten Apfelsaft handele, dem kein Zucker zugesetzt worden sei, wies das Finanzgericht (FG) ab. Das FG folgte der Tarifauffassung des HZA, dass das eingeführte Apfelsaftkonzentrat nach der Zusätzlichen Anmerkung 5 b zu Kap. 20 KN, die eine Mindestgrenze von 50 GHT Fruchtsaftgehalt vorschreibe, von der Einreihung in die Pos. 2009 KN ausgeschlossen sei. Unter Zugrundelegung des von der ZPLA ermittelten Brixwertes der gezogenen Probe sei das HZA nach den Vorschriften der Zusätzlichen Anmerkungen 2 und 5 zu Kap. 20 KN zutreffend davon ausgegangen, dass der Gehalt an zugesetztem Zucker des eingeführten Apfelsaftkonzentrats 51,2 GHT und der Fruchtsaftgehalt somit 48,8 GHT betragen habe.

Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, dass konzentrierte Apfelsäfte ohne Zuckerzusatz mit einem Brixwert von mehr als 20 zum Kap. 20 des Harmonisierten Systems (HS), und zwar zur Unterpos. 2009 79 HS, gehörten. Dementsprechend würden reine konzentrierte Fruchtsäfte in anderen Mitgliedstaaten in die Pos. 2009 KN eingereiht. Die Anwendung eines anderen Kapitels durch die Zusätzliche Anmerkung 5 zu Kap. 20 KN widerspreche dem HS. Die Kommission habe aber nicht das Recht, die Tariflinien des HS zu ändern. Apfelsäfte mit einem Brixwert zwischen 20 und 67 gehörten aber auch nach der KN zur Unterpos. 2009 79 19 KN. Dies könne nicht durch eine Zusätzliche Anmerkung zur KN geändert werden, denn Zusätzliche Anmerkungen stünden auf der untersten Ebene der Nomenklatur und dürften nur klarstellenden Charakter haben. Bei der Frage, was den ursprünglichen Charakter eines Fruchtsaftes ausmache, komme es auch nicht auf den Brixwert an, sondern nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) seien allein Geruch und Geschmack maßgebend. Im Übrigen ergebe der Wortlaut der Zusätzlichen Anmerkung 5 b zu Kap. 20 KN, dass konzentrierte Fruchtsäfte vor Ermittlung ihres Zuckergehalts wieder verdünnt werden müssten. Die Kommission beabsichtige eine entsprechende Änderung der Zusätzlichen Anmerkung.

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung und die Verwaltungsentscheidungen aufzuheben und das HZA zu verpflichten, die Einfuhrsendung auf das Zollkontingent Nr. 5769 abzuschreiben.

Das HZA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Es ist der Ansicht, dass die Kommission berechtigt gewesen sei, die für den Streitfall maßgebliche Zusätzliche Anmerkung zur KN zu erlassen. Mit der Zusätzlichen Anmerkung 5 zu Kap. 20 KN habe die Kommission weder Tariflinien inhaltlich verändert noch eine Änderung der den einzelnen Codenummern zugewiesenen Zollsätze herbeigeführt, sondern lediglich das Einreihungsverfahren für Fruchtsäfte für alle Mitgliedstaaten verbindlich geregelt. Die von der Klägerin angeführten verbindlichen Zolltarifauskünfte (vZTA) aus anderen Mitgliedstaaten seien in dem für den Streitfall maßgeblichen Zeitpunkt bereits ungültig gewesen, später widerrufen worden bzw. wegen einer in sich widersprüchlichen Warenbeschreibung nicht geeignet, Zweifel an der von der Zollverwaltung vertretenen Tarifauffassung zu wecken.

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Das FG hat die Klage zu Recht abgewiesen; der angefochtene Steuerbescheid ist rechtmäßig (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO ).

1. Das eingeführte Apfelsaftkonzentrat ist nach der Zusätzlichen Anmerkung 5 b zu Kap. 20 KN von der Einreihung in die Pos. 2009 KN ausgeschlossen.

Vom Wortlaut der Pos. 2009 KN werden Fruchtsäfte auch dann erfasst, wenn ihnen Zucker oder andere Süßmittel zugesetzt worden sind. Um eine Unterscheidung zwischen solchen Fruchtsäften mit zugesetztem Zucker der Pos. 2009 KN einerseits und Zubereitungen der zum Herstellen von Getränken verwendeten Art, insbesondere aromatisierten Sirupen, der Pos. 2106 KN andererseits treffen zu können und um insoweit eine einheitliche Auslegung der KN zu gewährleisten, ist mit der Verordnung (EG) Nr. 1776/2001 (VO Nr. 1776/2001) der Kommission vom 7. September 2001 zur Änderung des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABlEG Nr. L 240/3) die Zusätzliche Anmerkung 5 zu Kap. 20 KN neu gefasst worden (vgl. Erwägungsgrund Nr. 1 zur VO Nr. 1776/2001). Mit der Zusätzlichen Anmerkung 5 b zu Kap. 20 KN wird eine Mindestgrenze von 50 GHT für den Gehalt an Fruchtsaft in seinem natürlichen Zustand vorgeschrieben und es werden Säfte, welche diese Mindestgrenze unterschreiten, aus der Pos. 2009 KN ausgewiesen, weil sie wegen der großen Menge an zugesetztem Zucker den ursprünglichen Charakter eines Fruchtsaftes der Pos. 2009 KN verloren haben. Für die Ausweisung aus der Pos. 2009 KN ist danach allein der nach der in der Zusätzlichen Anmerkung 5 zu Kap. 20 KN beschriebenen Weise zu ermittelnde Fruchtsaftgehalt maßgebend. Das EuGH-Urteil vom 18. April 1991 Rs. C-219/89 (EuGHE 1991, I-1895), auf das sich die Klägerin beruft, betrifft die Rechtslage vor dem Inkrafttreten der VO Nr. 1776/2001. Dem Urteil lässt sich nicht entnehmen, dass in der KN die tarifliche Abgrenzung zwischen einem Fruchtsaft und einem Saft, der seinen ursprünglichen Charakter als Fruchtsaft verloren hat, nicht anhand des Gehalts an Fruchtsaft in seinem natürlichen Zustand vorgenommen werden darf.

In der im Streitfall maßgeblichen Fassung der Zusätzlichen Anmerkung 5 zu Kap. 20 KN und i.V.m. der Zusätzlichen Anmerkung 2 zu Kap. 20 KN ist der Ausgangspunkt für die Ermittlung des Fruchtsaftgehalts der Brixwert, d.h. der nach der im Anhang der VO Nr. 558/93 beschriebenen Methode ermittelte Zuckergehalt (Zusätzliche Anmerkung 2 b zu Kap. 20 KN). Der so ermittelte Brixwert multipliziert mit --bei Fruchtsäften der Pos. 2009 KN-- dem Faktor 0,95 (Zusätzliche Anmerkung 2 a zu Kap. 20 KN) und vermindert um --bei Apfelsaft-- den Pauschalwert 11 "gilt" nach der Zusätzlichen Anmerkung 5 a zu Kap. 20 KN bei Waren der Pos. 2009 KN "als Gehalt an zugesetztem Zucker". Aus diesen Zusätzlichen Anmerkungen zu Kap. 20 KN folgt, dass in Fruchtsäften der Gehalt an zugesetztem Zucker nicht im Wege der Analyse festzustellen, sondern nach der dort beschriebenen Methode zu berechnen ist, weil sich in der Probenanalyse der Fruchtzuckergehalt von dem Gehalt an zugesetztem Zucker nicht unterscheiden lässt, woraus --wie der Senat bereits mit Beschluss vom 11. August 2005 VII B 292/04 (BFH/NV 2005, 2074 , Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 2006, 94) ausgeführt hat-- des Weiteren folgt, dass diese Berechnung im Einzelfall --insbesondere bei Fruchtsäften mit einem überdurchschnittlich hohen Gehalt an fruchteigenem Zucker-- einen Gehalt an zugesetztem Zucker auch dann ergibt, wenn dem Saft tatsächlich kein Zucker zugesetzt wurde, sondern dieser ausschließlich fruchteigenen Zucker enthält.

Für die von der Revision vertretene Ansicht, dass konzentrierte Fruchtsäfte vor Ermittlung ihres Zuckergehalts wieder verdünnt werden müssten, gibt der Wortlaut der Zusätzlichen Anmerkung 5 b zu Kap. 20 KN keinen Anhaltspunkt. Der Senat hält an seiner mit Beschluss in BFH/NV 2005, 2074 , ZfZ 2006, 94 vertretenen Auffassung fest, dass der Nebensatz "hergestellt aus Früchten oder durch Verdünnen von konzentriertem Fruchtsaft" erkennbar nur eine Erläuterung des vor diesem Nebensatz aufgeführten Begriffs "Fruchtsaft in seinem natürlichen Zustand" ist. Aus dem Wortlaut der englischen und der französischen Sprachfassung folgt nichts anderes. Die Zusätzliche Anmerkung 5 b zu Kap. 20 KN findet auf alle Arten von Fruchtsäften im jeweiligen Zustand ihrer Gestellung, also auch auf Konzentrate, Anwendung. Eine Beschränkung ihrer Anwendbarkeit allein auf trinkbare, direkt aus Früchten oder durch Verdünnen von konzentriertem Saft hergestellte Fruchtsäfte würde auch keinen Sinn machen, weil die Brixwerte solcher Fruchtsäfte weit entfernt von einem Wert 67 zu sein pflegen. Darüber hinaus ergibt sich aus den Erwägungsgründen der Verordnung (EG) Nr. 1340/2004 (VO Nr. 1340/2004) der Kommission vom 22. Juli 2004 zur Änderung des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 249/5) eindeutig, dass auch die Kommission davon ausgeht, dass die Zusätzliche Anmerkung 5 b zu Kap. 20 KN auf Fruchtsaftkonzentrate anwendbar ist. Wenn nunmehr --wie die Revision vorträgt-- die Kommission erwägt, die Zusätzliche Anmerkung 5 zu Kap. 20 KN dahin zu ändern, dass konzentrierte Fruchtsäfte vor der Ermittlung ihres Gehalts an Fruchtsaft in seinem natürlichen Zustand auf ihre übliche Trinkstärke zu verdünnen sind, so ist dies ein weiterer Anhaltspunkt dafür, dass die Zusätzliche Anmerkung 5 zu Kap. 20 KN bisher, also auch in der hier maßgeblichen Fassung, nicht in dieser Weise zu verstehen ist.

Da nach den auf das Untersuchungsergebnis der ZPLA gestützten Feststellungen des FG der Brixwert des eingeführten Apfelsaftkonzentrats 65,5 betrug, hat das FG in Anwendung der nach den Zusätzlichen Anmerkungen 2 und 5 zu Kap. 20 KN vorgeschriebenen Berechnungen zutreffend erkannt, dass der Gehalt an zugesetztem Zucker des Apfelsaftkonzentrats 51,2 GHT und der Gehalt an Fruchtsaft in seinem natürlichen Zustand somit 48,8 GHT, also weniger als 50 GHT, betrug, so dass die streitige Ware nicht in die Pos. 2009 KN eingereiht werden kann.

Die Einreihung der Ware in die Unterpos. 2106 90 98 KN erweist sich somit als zutreffend. Es handelt sich hierbei um eine Auffangposition für Lebensmittelzubereitungen, anderweit weder genannt noch inbegriffen, der Pos. 2106 KN, die nicht von einer der vorherigen Unterpositionen erfasst werden. Die Ansicht der Revision, dass ein lediglich durch Wasserentzug hergestelltes Saftkonzentrat keine Lebensmittelzubereitung i.S. der Pos. 2106 KN sein könne, ist nicht zutreffend. Zuckersirupe, aromatisiert oder gefärbt, werden in dieser Position ausdrücklich genannt; die Auffangpos. 2106 90 98 KN gehört zu der Tarifgruppe "andere". Die Revision verkennt, dass der für die streitige Einfuhrware berechnete Zuckergehalt von 51,2 GHT nach der Zusätzlichen Anmerkung 5 a zu Kap. 20 KN als dem Saft zugesetzter Zucker "gilt". Darauf, dass --wie die Klägerin geltend macht-- tatsächlich kein Zucker zugesetzt, sondern nur Wasser entzogen wurde, kommt es daher nicht an. Es handelt sich danach eben nicht mehr um einen naturreinen Apfelsaft, so dass die Einreihung in die Pos. 2106 KN nicht ausscheidet.

Der für Waren der Pos. 2106 KN höhere Zoll war deshalb gemäß Art. 220 Abs. 1 des Zollkodex (ZK) nachzuerheben. Dass Art. 220 Abs. 2 ZK der Nacherhebung entgegensteht, macht die Revision weder geltend noch ist dies ersichtlich.

2. Anders als die Revision meint, war die Kommission gemäß Art. 9 der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABlEG Nr. L 256/1) berechtigt, mit der Zusätzlichen Anmerkung 5 zu Kap. 20 KN bestimmte Fruchtsäfte aus der Pos. 2009 KN auszuweisen. Die Tariflinien des HS werden durch diese Zusätzliche Anmerkung nicht verändert, denn auch im HS können Fruchtsäfte der Pos. 2009 nicht in unbegrenztem Umfang zugesetzten Zucker enthalten, sondern nur so weit, wie ihr ursprünglicher Charakter als Fruchtsaft erhalten bleibt (vgl. Rz. 12.0 der Erläuterungen zum HS, Pos. 2009). Die von der Revision vertretene Ansicht, dass sämtliche Fruchtsäfte ungeachtet ihres Zuckergehalts in die Pos. 2009 HS einzureihen seien, trifft daher nicht zu. Es widerspricht somit nicht dem HS, dass die Kommission zur Gewährleistung einer einheitlichen Auslegung der KN diese Grenze in einer Zusätzlichen Anmerkung zur KN definiert und ein entsprechendes Einreihungsverfahren vorgeschrieben hat, denn die Kommission darf die Abgrenzung zwischen einzelnen Positionen des HS regeln. Ebenso wenig besteht Grund zu der Annahme, dass die Kommission diese Grenze mit 50 GHT Fruchtsaftgehalt zu hoch festgelegt hat. Auch die Revision benennt keinen Grund, der dafür spricht, dass ein Saft mit weniger als 50 GHT Fruchtsaftanteil noch seinen ursprünglichen Charakter als Fruchtsaft im Sinne des HS behält.

Die Revision beruft sich darauf, dass der im Streitfall eingeführte Apfelsaft durch die Zusätzliche Anmerkung 5 zu Kap. 20 KN aus der Pos. 2009 KN ausgewiesen werde, obwohl ihm lediglich Wasser entzogen, nicht aber Zucker zugesetzt worden sei. Dabei verkennt sie, dass es bei der Zusätzlichen Anmerkung 5 zu Kap. 20 KN gerade darum geht festzustellen, ob und in welchem Umfang dem Fruchtsaft Zucker zugesetzt wurde und dass die Ermittlung des Gehalts an zugesetztem Zucker --wie ausgeführt-- in Ermangelung entsprechender Analysemethoden und zur Gewährleistung einer einheitlichen Auslegung der KN im Wege einer Berechnung erfolgt, die nicht etwa entbehrlich wird, wenn sich das Nichtvorhandensein von zugesetztem Zucker auf andere Weise beweisen lässt oder gar --wie im Streitfall-- unstreitig ist. Auch die Tariflinien des HS verbieten es nicht, dass --zur Unterscheidung zwischen einem Fruchtsaft und einem Saft, der seinen ursprünglichen Charakter als Fruchtsaft verloren hat-- der Gehalt an zugesetztem Zucker nach dieser Methode berechnet wird.

Mit der Festlegung der abzuziehenden Pauschalwerte in der Zusätzlichen Anmerkung 5 a zu Kap. 20 KN, die durchschnittliche, für nicht konzentrierte Säfte erzielbare Brixwerte darstellen, hat der Verordnungsgeber für den Regelfall sichergestellt, dass bei der Berechnung des Gehalts an zugesetztem Zucker der im Saft durchschnittlich vorhandene fruchteigene Zuckeranteil nicht mit einbezogen wird. Dass es in Einzelfällen bei konzentrierten Apfelsäften dennoch dazu kommen konnte, dass diese von der Pos. 2009 KN ausgeschlossen wurden, obwohl ihnen kein Zucker hinzugefügt worden war, lag zum einen in der Natur der abzuziehenden Pauschalwerte, bei denen es sich um Durchschnittswerte handelt, und zum anderen daran, dass der seit 1968 unveränderte Pauschalwert 11 für Apfelsäfte inzwischen nicht mehr sachgerecht war, da nunmehr Apfelsorten für Säfte verwendet wurden, mit denen sich bei nicht konzentrierten Säften durchschnittliche Brixwerte von 13 erzielen ließen (vgl. Erwägungsgrund Nr. 6 zur VO Nr. 1340/2004). Deshalb ist mit der am 12. August 2004 in Kraft getretenen --im Streitfall somit noch nicht anwendbaren-- VO Nr. 1340/2004 der Pauschalwert für Apfelsäfte in der Zusätzlichen Anmerkung 5 a zu Kap. 20 KN auf den Wert 13 angehoben worden. Dass der Verordnungsgeber dieser Änderung keine Rückwirkung beigemessen hat, ist rechtlich nicht zu beanstanden; es lag in seinem Ermessen, die aus dem Pauschalwert 11 für Apfelsäfte resultierenden, inzwischen als nicht mehr sachgerecht erkannten Ergebnisse erst mit Wirkung ex nunc zu korrigieren. Für das im Streitfall eingeführte Apfelsaftkonzentrat hätte sich bei Anwendung eines Pauschalwertes von 13 ein Fruchtsaftgehalt von 50,8 GHT errechnet. Dass Säfte mit einem solchen Gehalt an Fruchtsaft in seinem natürlichen Zustand nach den Tariflinien des HS zwingend in die Pos. 2009 einzureihen sind und die Zusätzliche Anmerkung 5 zu Kap. 20 KN in ihrer im Streitfall geltenden Fassung somit vom HS abweicht, kann nicht angenommen werden.

3. Der Senat hält die Ausweisung des im Streitfall eingeführten Apfelsaftkonzentrats aus der Pos. 2009 KN für zweifelsfrei und sieht keine Verpflichtung, die Sache dem EuGH zur Vorabentscheidung gemäß Art. 234 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft vorzulegen (vgl. EuGH-Urteil vom 6. Oktober 1982 Rs. 283/81, EuGHE 1982, 3415, 3430).

Zweifel an der hier vertretenen Tarifauffassung werden insbesondere nicht durch die von der Revision angeführten vZTA aus anderen Mitgliedstaaten geweckt. Die vZTA FR 14310199800317 und NL 19980305-565-0041-0 sind vor dem Inkrafttreten der VO Nr. 1776/2001 erteilt worden. Die vZTA AT/2003/000242 ist --worauf das HZA zutreffend hinweist-- bezüglich der Warenbeschreibung in sich widersprüchlich, da sie insoweit sowohl einen nach den Zusätzlichen Anmerkungen 2 und 5 a zu Kap. 20 KN berechneten Anteil an zugesetztem Zucker von 50,6 GHT als auch einen Fruchtsaftgehalt von mehr als 50 GHT angibt. Die vZTA NLRTD-2004-002792 lässt nicht erkennen, dass die Zusätzliche Anmerkung 5 zu Kap. 20 KN überhaupt gesehen und angewendet wurde, da sie in den Einreihungsgrundlagen nicht aufgeführt ist und da auf der Grundlage des angegebenen Brixwertes von 65 kein GHT Fruchtsaftgehalt ermittelt worden ist. Die --im Übrigen erst nach dem Inkrafttreten der VO Nr. 1340/2004 erteilte-- vZTA SI2004/0099 ist wegen unzutreffender Einreihung widerrufen worden und dementsprechend in der vZTA-Datenbank der Kommission nicht mehr enthalten. Die übrigen in Slowenien erteilten und in der Datenbank der Kommission enthaltenen vZTA, weisen jeweils eine unter Anwendung der Zusätzlichen Anmerkungen 2 und 5 zu Kap. 20 KN zutreffende tarifliche Einreihung der jeweiligen Ware auf. Von einer in den Mitgliedstaaten uneinheitlichen tariflichen Einreihung von Apfelsaftkonzentraten der vorliegenden Art kann somit nicht die Rede sein.

4. Der hilfsweise gerügte Verfahrensmangel in Gestalt eines zu Unrecht abgelehnten Beweisantrags liegt nicht vor, wobei offenbleiben kann, ob die Verfahrensrüge überhaupt in zulässiger Weise erhoben ist. Wie das FG zutreffend ausgeführt hat, ist die Frage, ob das im Streitfall eingeführte Apfelsaftkonzentrat nach wie vor den ursprünglichen Charakter eines Fruchtsaftes aufwies, keine Tatsachenfrage.

Vorinstanz: FG Sachsen, vom 08.12.2005 - Vorinstanzaktenzeichen 4 K 2949/03
Fundstellen
BFH/NV 2007, 522