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BFH - Entscheidung vom 14.02.2006

VII B 253/05

BFH, Beschluss vom 14.02.2006 - Aktenzeichen VII B 253/05

DRsp Nr. 2006/7824

Gründe:

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) wurde vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) als ehemalige Geschäftsführerin einer GmbH wegen rückständiger Steuern und steuerlicher Nebenleistungen gemäß § 69 der Abgabenordnung ( AO 1977 ) als Haftungsschuldnerin in Anspruch genommen. Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte ebenfalls keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) urteilte, dass der Haftungsbescheid Rechtsfehler nicht erkennen lasse. Im Haftungszeitraum sei vom FA zwar eine stillschweigende Verlängerung der Frist zur Einreichung der Steuererklärungen 1999 gewährt worden, jedoch habe die Klägerin diese Frist ungenutzt verstreichen lassen. Ein weiterer Antrag auf Fristverlängerung sei nach Aktenlage nicht gestellt worden. Die erstmals in der mündlichen Verhandlung aufgestellte Behauptung, der frühere Steuerberater der Klägerin habe ihr mitgeteilt, rechtzeitig einen weiteren Fristverlängerungsantrag gestellt zu haben, sei weder ausreichend substantiiert noch glaubhaft. Eine solche Fristverlängerung ergebe sich weder aus den Akten noch aus den Ausführungen des FA. Nicht nachvollziehbar sei die Behauptung der früheren Prozessvertreterin der Klägerin, dass eine fristgerechte Anmeldung und Entrichtung der geschuldeten Umsatzsteuer deshalb nicht möglich gewesen sein soll, weil sich die dafür notwendigen Unterlagen zum damaligen Zeitpunkt bei der Staatsanwaltschaft befunden hätten. Die Klägerin habe nicht einmal dargelegt, welche Unterlagen der GmbH ihr zur Erfüllung der steuerlichen Pflichten nicht vorgelegen hätten und warum es ihr nicht möglich gewesen sein soll, diese bei der Staatsanwaltschaft einzusehen und zu kopieren.

Mit ihrer auf mangelnde Sachaufklärung gestützten Beschwerde (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision durch das FG. Zur Begründung trägt sie vor, dass es das FG verfahrensfehlerhaft unterlassen habe, den Sachverhalt durch eine an den Steuerberater der GmbH gerichtete Aufforderung zur Herausgabe der entsprechenden Akten und durch Beiziehung der von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmten Akten hinreichend aufzuklären. Aus diesen Akten hätte sich ergeben, dass die Klägerin tatsächlich nicht die Möglichkeit gehabt hätte, für eine rechtzeitige Begleichung der Steuerschulden zu sorgen.

II. Die Beschwerde ist unzulässig, denn die Klägerin hat einen Grund, der zur Zulassung der Revision führen könnte, nicht in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderlichen Weise dargelegt.

Wird geltend gemacht, das FG hätte den Sachverhalt von Amts wegen umfassender aufklären müssen, ist u.a. darzulegen, weshalb sich dem FG eine weitere Aufklärung des Sachverhalts hätte aufdrängen müssen, welche genau zu bezeichnenden entscheidungserheblichen Tatsachen sich dabei voraussichtlich ergeben hätten und inwiefern das Ergebnis der weiteren Sachaufklärung auf der Grundlage des materiellen Rechtsstandpunktes des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH--, vgl. Senatsbeschluss vom 28. August 2003 VII B 71/03, BFH/NV 2004, 493 , 494, m.w.N.). Wird das Übergehen eines Beweisantrags gerügt, gehört zur ordnungsgemäßen Darlegung des Verfahrensfehlers mangelhafter Sachaufklärung auch der Vortrag, dass die Nichterhebung der angebotenen Beweise in der mündlichen Verhandlung gerügt wurde oder weshalb diese Rüge nicht möglich war (vgl. BFH-Urteil vom 20. April 1989 IV R 299/83, BFHE 157, 106 , BStBl II 1989, 727 , und Senatsbeschluss vom 16. Dezember 2003 VII B 10/03, BFH/NV 2004, 529 ). Da der im finanzgerichtlichen Verfahren geltende Untersuchungsgrundsatz eine Verfahrensvorschrift ist, auf deren Einhaltung ein Beteiligter ausdrücklich oder durch Unterlassen einer Rüge verzichten kann (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung ), hat die Unterlassung der rechtzeitigen Rüge den endgültigen Rügeverlust --z.B. auch zur Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde-- zur Folge. Das Übergehen eines Beweisantrags kann deshalb im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde nicht mehr mit der Verfahrensrüge angegriffen werden, wenn der in der maßgeblichen Verhandlung selbst anwesende oder fachkundig vertretene Beteiligte, dem die Nichtbefolgung eines Beweisantrags bzw. die aus seiner Sicht unzureichende Sachverhaltsaufklärung erkennbar war, den Verfahrensverstoß nicht gerügt und damit auf die Wahrnehmung seiner Rechte verzichtet hat (vgl. Senatsbeschluss vom 17. Dezember 1999 VII B 183/99, BFH/NV 2000, 597 ).

Den dargestellten Anforderungen wird die Beschwerde bereits deshalb nicht gerecht, weil ihr nicht zu entnehmen ist, weshalb sich dem FG eine weitere Sachverhaltsaufklärung hätte aufdrängen müssen, da nicht vorgebracht wurde, aus welchen genau bezeichneten Unterlagen sich ergeben hätte, dass der Klägerin eine Erfüllung der ihr als Geschäftsführerin obliegenden steuerlichen Pflichten nicht möglich gewesen sein soll. Der pauschale Hinweis auf eine angeblich erfolgte Fristverlängerung und die beim Steuerberater der GmbH und bei der Staatsanwaltschaft befindlichen Akten reicht nicht aus. Der Beschwerde ist auch nicht zu entnehmen, dass der Prozessvertreter der Klägerin die Beiziehung der für entscheidungserheblich gehaltenen Akten beantragt und die mangelnde Sachaufklärung in der mündlichen Verhandlung gerügt hat. Aus dem Sitzungsprotokoll ergibt sich eine solche Rüge nicht. Ausweislich des Protokolls hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin lediglich den Inhalt des mit der Klägerin wenige Tage vor der mündlichen Verhandlung geführten Telefongesprächs wiedergegeben, in dem die Klägerin behauptet hat, dass der Steuerberater ihr mitgeteilt habe, einen Antrag auf Fristverlängerung gestellt zu haben.

Vorinstanz: FG Sachsen, vom 15.06.2005 - Vorinstanzaktenzeichen 4 K 1394/03