Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BFH - Entscheidung vom 12.01.2006

VII B 59/05

BFH, Beschluss vom 12.01.2006 - Aktenzeichen VII B 59/05

DRsp Nr. 2006/7678

Gründe:

I. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt --HZA--) erließ einen Einfuhrabgabenbescheid, mit dem gegen den Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wegen des Erwerbs von insgesamt 415 Stangen (83 000 Stück) unverzollter und unversteuerter Zigaretten, die vorschriftswidrig aus Drittländern in das Zollgebiet der Gemeinschaft eingeführt worden waren, Einfuhrabgaben (Zoll, Tabaksteuer und Einfuhrumsatzsteuer) festgesetzt wurden. Der Kläger akzeptierte die Festsetzung für den darin zugrunde gelegten Erwerb von 15 Stangen Zigaretten in den Jahren 1998 und 1999 und erhob wegen der darüber hinaus festgesetzten Abgaben erfolglos Einspruch.

Die nachfolgende Klage hatte ebenfalls keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) kam im Rahmen seiner Beweiswürdigung zu dem Ergebnis, dass der Steuerbescheid jedenfalls nicht zum Nachteil des Klägers falsch sei. Der Kläger habe in der Zeit ab Anfang 1996 bis 1997 von dem Zeugen R mindestens 400 Stangen Zigaretten à 200 Stück und in der Zeit ab 1998 bis 1999 von einem nicht genannten Arbeitskollegen mindestens weitere 15 bis 20 Stangen Zigaretten erworben.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem finanzgerichtlichen Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde, die er auf Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) und die Verletzung materiellen Rechts stützt. Das FG habe gegen seine Sachaufklärungspflicht verstoßen bzw. Teile des Gesamtergebnisses des Verfahrens unberücksichtigt gelassen, weil es unterlassen habe, Entlastungszeugen zu hören, die in der Klagebegründung unter Angabe des Beweisthemas angeboten worden seien, und weil es die entlastende Aussage der Ehefrau des Klägers in der mündlichen Verhandlung in den Urteilsgründen nicht gewürdigt habe. Nicht hinreichend gewürdigt habe das FG auch, dass der Zeuge R ein Motiv gehabt haben könnte, den Kläger zu Unrecht zu belasten, und dass weitere Zweifel an der Richtigkeit der Aussagen der Zeugen R und V beständen.

II. Die Beschwerde ist unzulässig, weil der Kläger einen Grund für die Zulassung der Revision nicht schlüssig dargelegt hat, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erfordert.

1. Die Nichtberücksichtigung von Umständen, die richtigerweise in die Beweiswürdigung hätten einfließen müssen, kann verfahrensfehlerhaft sein, wenn das FG seiner Sachaufklärungspflicht gemäß § 76 Abs. 1 FGO nicht nachgekommen ist oder entgegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO Teile des Gesamtergebnisses des Verfahrens unberücksichtigt gelassen hat (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 9. Mai 1996 X B 188/95, BFH/NV 1996, 747; vom 19. Mai 2000 X B 75/99, BFH/NV 2000, 1458 ; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung , 5. Aufl., § 115 Rz. 80). Kein Verfahrensfehler, sondern allenfalls ein materiell-rechtlicher Fehler liegt dagegen vor, wenn gerügt wird, die Beweiswürdigung des FG sei fehlerhaft. Denn die Grundsätze der Beweiswürdigung sind revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzuordnen (vgl. Gräber/Ruban, aaO., § 115 Rz. 82, m.w.N.).

2. Davon ausgehend hat der Kläger das Vorliegen eines Verfahrensfehlers (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO ) nicht schlüssig dargelegt.

Soweit der Kläger die unterlassene Vernehmung weiterer von ihm benannter Entlastungszeugen geltend macht, gehört dazu auch der Vortrag, dass die Nichterhebung des angebotenen Beweises in der mündlichen Verhandlung gerügt wurde oder weshalb diese Rüge unter den konkreten Umständen nicht möglich war (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 20. April 1989 IV R 299/83, BFHE 157, 106 , BStBl II 1989, 727 ). An entsprechenden Darlegungen fehlt es im Streitfall. Aus dem Protokoll der letzten mündlichen Verhandlung vom 15. September 2004 ergibt sich statt dessen, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers auf Befragen ausdrücklich erklärt hat, keine weiteren Beweisanträge stellen zu wollen. Der Kläger hat damit auf die Vernehmung weiterer Zeugen wirksam verzichtet (vgl. § 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung ).

Mit der Behauptung des Klägers, das FG habe bei seiner Entscheidungsfindung die Aussage seiner Ehefrau nicht berücksichtigt, wird ein Verstoß gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO ebenfalls nicht dargetan. Nachdem das FG im Tatbestand seines Urteils auf die durchgeführte Beweisaufnahme und ausdrücklich auch auf die erfolgte Vernehmung der Ehefrau des Klägers hingewiesen hat, kann nicht angenommen werden, diese sei in die Überzeugungsbildung des FG nicht eingeflossen. Daraus, dass das FG in den Urteilsgründen nicht näher darauf eingegangen ist, kann nur geschlossen werden, dass es die Aussage der Ehefrau des Klägers für unergiebig angesehen hat und sich deshalb nicht näher mit ihr befasst hat. Sollte das fehlerhaft gewesen sein, wäre das lediglich ein materiell-rechtlicher Fehler der Beweiswürdigung durch das FG, der die Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensfehlers nicht rechtfertigt.

Entsprechendes gilt für die mit der Beschwerdebegründung geltend gemachten Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Aussagen der Zeugen R und V. Auch damit wendet sich die Beschwerde letztlich gegen die Beweiswürdigung und damit gegen die materielle Richtigkeit der Entscheidung des FG (vgl. Senatsbeschluss vom 23. September 2004 VII B 126/04, nicht veröffentlicht; BFH-Beschluss vom 4. Juli 2002 IX B 169/01, BFH/NV 2002, 1476, m.w.N.).

3. Soweit der Kläger in seiner Nichtzulassungsbeschwerde auch die Verletzung materiellen Rechts rügt, wird damit ein Grund für eine Zulassung der Revision (§ 115 Abs. 2 FGO ) auch nicht annähernd dargelegt.

Vorinstanz: FG Hessen, vom 15.09.2004 - Vorinstanzaktenzeichen 7 K 5373/00