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BVerwG - Entscheidung vom 17.11.2005

3 C 1.05

Normen:
LAG § 349 Abs. 1 Satz 1 § 349 Abs. 2 Satz 2 § 349 Abs. 3 Satz 1, Satz 2 § 342 Abs. 3
BewG § 22

BVerwG, Urteil vom 17.11.2005 - Aktenzeichen 3 C 1.05

DRsp Nr. 2006/3124

Wiedererlangung voller Verfügungsmöglichkeit über lastenausgleichsrechtlich als weggenommen behandelten Grundbesitz auch bei Fehlen geringfügiger Teilflächen - Beurteilung der Geringfügigkeit nach dem Bewertungsgesetz

»Die Wiedererlangung der vollen Verfügungsmöglichkeit über einen lastenausgleichsrechtlich als weggenommen behandelten Grundbesitz stellt auch dann eine Rückgabe im Sinne der Schadensausgleichsfiktion des § 349 Abs. 3 Satz 2 LAG dar, wenn geringfügige Teilflächen fehlen. Geringfügig sind Bestandsveränderungen, die den Einheitswert unberührt lassen. Maßgeblich ist insoweit § 22 BewG in der Fassung vom 16. Oktober 1934 (RGBl I S. 1035) unter Berücksichtigung der Änderungen durch das Einführungsgesetz zu den Realsteuergesetzen vom 1. Dezember 1936 (RGBl I S. 961; wie Urteile vom 12. Dezember 1974 - BVerwG 3 C 72.72 - BVerwGE 47, 265 ; vom 31. Mai 1979 - BVerwG 3 C 39.78 - Buchholz 427.6 § 15 BFG Nr. 14 und vom 11. Dezember 1980 - BVerwG 3 C 8.80 - Buchholz 427.6 § 15 BFG Nr. 17).«

Normenkette:

LAG § 349 Abs. 1 Satz 1 § 349 Abs. 2 Satz 2 § 349 Abs. 3 Satz 1, Satz 2 § 342 Abs. 3 ; BewG § 22 ;

Gründe:

I.

Die Kläger wenden sich gegen die Rückforderung von Entschädigungsleistungen nach dem Lastenausgleichsgesetz.

Mit Bescheid vom 12. März 1970 stellte die Beklagte zugunsten der unmittelbar geschädigten Mutter der Kläger für den landwirtschaftlichen Betrieb in S. Nr. 5 mit einer Größe von 24,2909 ha einen Schaden an land- und forstwirtschaftlichem Vermögen im Sinne des Beweissicherungs- und Feststellungsgesetzes in Höhe von 18 800,00 M-Ost sowie darauf lastende Verbindlichkeiten in Höhe von 15 855,83 M-Ost (Schadenszeitpunkt 26. Februar 1953) fest. Grundlage der Feststellung war ein Einheitswertbescheid vom 29. August 1935. Mit Gesamtbescheid vom 19. September 1977 wurde zugunsten der Mutter der Kläger ein weiterer Schaden an land- und forstwirtschaftlichem Vermögen nach dem Beweissicherungs- und Feststellungsgesetz in Höhe von 4 200,00 M-Ost festgestellt; diese Entscheidung betraf den von der Mutter der Kläger geerbten landwirtschaftlichen Betrieb in S. Nr. 80 mit einer Größe von 4,6725 ha.

Auf der Grundlage dieser Entscheidungen wurde der Mutter der Kläger im Verlaufe der 70er Jahre insgesamt eine Hauptentschädigung in Höhe von 25 545,90 DM (Endgrundbetrag 15 180,00 DM, Zinszuschläge 10 365,90 DM) zuerkannt und ausbezahlt. Im Jahre 1983 verstarb die Mutter der Kläger. Sie wurde zu je 1/6 von den Klägern und deren Schwester sowie zu 1/2 von ihrem Ehemann beerbt. Erben des Letztgenannten, ihres im Jahre 1994 verstorbenen Vaters, sind die Kläger und ihre Schwester zu je 1/3.

Im Jahre 1995 leitete die Beklagte Ermittlungen wegen eines möglichen Schadensausgleichs im Gefolge der Deutschen Wiedervereinigung ein. Daraufhin wurde zunächst bekannt, dass die staatliche Verwaltung über die Landwirtschaft in S. Nr. 80 bereits im Jahre 1991 aufgehoben worden war und die als Eigentümer eingetragenen Erben der unmittelbar Geschädigten über diesen Vermögenswert verfügen konnten. Unter dem 4. Juni 1999 teilte die Beklagte den Klägern und ihrer Schwester mit, dass die Frist zur Rückforderung von Lastenausgleichsleistungen hinsichtlich des landwirtschaftlichen Vermögens in S. Nr. 80 unterbrochen werde. Nachdem das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen Brandenburg mit Bescheid vom 4. Juni 1997 insgesamt 23,5179 ha Fläche der Landwirtschaft in S. Nr. 5 auf die Kläger rückübertragen hatte, wurden sie insoweit am 3. März 2000 in das Grundbuch eingetragen. Die Rückübertragung des Grundstücks Flur 3, Flurstück Nr. 230 lehnte das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen Brandenburg mit Bescheid vom 15. Mai 2000 ab. Dieses Grundstück mit einer Größe von 7 730 m² hatte der Vater der Kläger durch Vertrag vom 27. April 1950 gegen das 5 210 m² große Flurstück Nr. 53 (später Flurstück Nr. 71) getauscht.

Mit gesonderten Rückforderungs- und Leistungsbescheiden vom 24. Juli 2001 forderte die Beklagte von der Klägerin zu 1 und ihrer Schwester einen Betrag von 8 325,87 DM sowie vom Kläger zu 2 einen Betrag von 8 325,86 DM an für die land- und forstwirtschaftlichen Vermögen in S. Nr. 80 und Nr. 5 geleisteter Hauptentschädigung einschließlich Zinszuschlages zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die seinerzeit festgestellten Schäden an dem genannten Vermögen seien voll ausgeglichen worden. Die daher vorzunehmende Neuberechnung der Hauptentschädigung ergebe einen Rückforderungsbetrag in Höhe von insgesamt 24 977,60 DM, der anteilig auf die Kläger und ihre Schwester als Erben bzw. weitere Erben ihrer Mutter umgelegt werde.

Die Kläger erhoben Beschwerde, zu deren Begründung sie im Wesentlichen vortrugen, die seinerzeit ersetzten Schäden seien nicht zur Gänze ausgeglichen. So sei ein Grundstück nicht zurückgegeben und ein über der Einfahrt befindlicher Torbogen abgerissen worden. Die Pflasterung der Hoffläche sei durch eine nicht mehr verwendbare Betonschicht, die Dacheindeckung teilweise durch der Sonderabfallentsorgung unterliegende Wellasbestzementplatten ersetzt worden. Darüber hinaus sei auf dem Grundstück eine Ölwechselrampe errichtet und eine Tankstelle betrieben worden, so dass der Verdacht auf Altlasten bestehe.

Mit Bescheid vom 24. Oktober 2002 wies das Regierungspräsidium Stuttgart die Beschwerden der Kläger zurück.

Zur Begründung ihrer Klage haben sich die Kläger auf eine fehlende Identität des weggenommenen und des zurückgegebenen Wirtschaftsguts berufen. Dies ergebe sich aus der mangelnden Rückgabe des Grundstücks Flurstück Nr. 53 (heute Flurstück Nr. 71), dem Abriss des Torbogens, den bestehenden und vermuteten Altlasten sowie den vorgenommenen baulichen Veränderungen an der Hoffläche. Angesichts der fehlenden Objektidentität sei eine Rückforderung ausgeschlossen.

Mit Urteil vom 9. Dezember 2004 hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe die Klagen abgewiesen. Rechtsgrundlage der Rückforderung der Hauptentschädigung sei § 349 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 LAG i.V.m. § 342 Abs. 3, § 349 Abs. 3 Satz 2 LAG. Gemäß § 349 Abs. 1 Satz 1 LAG seien im Fall des vollständigen oder teilweisen Schadensausgleichs nach dem 31. Dezember 1989 (§ 342 Abs. 3 LAG) die zuviel gezahlten Ausgleichsleistungen nach Maßgabe der Absätze 2 bis 5 zurückzufordern. Danach gelte bei Rückgabe von Vermögenswerten, die in dem in Art. 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet belegen seien, sowie bei Wiederherstellung der vollen Verfügungsrechte über solche Vermögenswerte der festgestellte Schaden insoweit stets als in voller Höhe ausgeglichen; Wertminderungen sowie das Fehlen von Zubehör oder Inventar würden nicht berücksichtigt. In Anwendung dieser Grundsätze sei das Vorbringen der Kläger, ein voller Schadensausgleich sei nicht erfolgt, nicht geeignet, die Rückforderung der gewährten Lastenausgleichsleistungen nach § 349 LAG dem Grunde nach auszuschließen. Denn für die Anwendung dieser Rückforderungsvorschrift genüge bereits eine Teilidentität bei der Schadensausgleichung. Diese Voraussetzung sei hier erfüllt, nachdem die zurückgegebenen Flächen in jedem Fall ein wesentlicher Bestandteil der landwirtschaftlichen Betriebe in S. Nr. 80 und Nr. 5 seien. Nichts anderes gelte im Ergebnis in Bezug auf die Höhe des Rückforderungsbetrages. Die von den Klägern insoweit beschränkt auf die Landwirtschaft in S. Nr. 5 geltend gemachten Mängel könnten nicht zur Anerkennung eines erheblichen Restschadens unter dem Gesichtspunkt (teilweise) fehlender Objektidentität führen. Voraussetzung eines solchen Restschadens sei ein fortbestehender Verlust einzelner Wirtschaftsgüter, die als Teil einer wirtschaftlichen Einheit weder Zubehör noch Inventar im Sinne der §§ 97 , 98 BGB seien, oder der fortbestehende Verlust wesentlicher Bestandteile eines Wirtschaftsguts, sofern der Restschaden jeweils die Wertfortschreibungsgrenzen des § 22 Bewertungsgesetz überschreite. Maßgeblich für die hier in Rede stehende Beurteilung sei § 22 des Bewertungsgesetzes - BewG - in der Fassung des Einführungsgesetzes zu den Realsteuergesetzen vom 1. Dezember 1936 (RGBI I S. 961). Die danach maßgebliche Schwelle von 1/20 des festgestellten Einheitswerts sei aber mit Blick auf den von den Klägern geltend gemachten Verlust eines Teils der Betriebsfläche der Landwirtschaft in S. Nr. 5 nicht erreicht. Denn ausgehend von dem der Schadensberechnung zugrunde gelegten Einheitswert von 18 800,00 RM/DMO müsse der geltend gemachte Restschaden hierfür einen Wert von 940,00 RM/DMO überschreiten. Ausweislich des Tauschvertrages vom 27. April 1950 habe aber der Wert sowohl der seinerzeit im Eigentum der Mutter der Kläger stehenden Grundstücke Flurstück Nr. 162 und 163 (später Grundstück Flurstück Nr. 230) als auch des im Tausch hierfür erworbenen Grundstücks Flurstück Nr. 53 (später Flurstück Nr. 71) nur bei 600,00 DMO gelegen. Unter Zugrundelegung der Betriebshektarsätze von 888,00 RM für landwirtschaftlich genutzte Flächen und von 91,00 RM für forstwirtschaftlich genutzte Flächen im Einheitswertbescheid 1935 ergebe sich ein noch geringerer Restschaden. Die von den Klägern darüber hinaus vorgetragenen Mängel beträfen lediglich nach § 349 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 LAG nicht berücksichtigungsfähige Wertminderungen des landwirtschaftlichen Betriebes.

Zur Begründung ihrer durch das Verwaltungsgericht zugelassenen Revision wiederholen und vertiefen die Kläger ihr bisheriges Vorbringen. Insbesondere sei die Auslegung des Verwaltungsgerichts zur Erheblichkeit eines Restschadens mit § 349 Abs. 3 Satz 2 LAG nicht vereinbar. Im vorliegenden Fall müsse - unabhängig davon, ob die Wertfortschreibungsgrenze des § 22 BewG überschritten sei - ausnahmsweise ein Restschaden wegen fehlender Objektidentität zumindest zum Teil anerkannt werden.

Die Beklagte tritt der Revision entgegen und verteidigt unter Vertiefung des bisherigen Vorbringens das angefochtene Urteil.

Der Vertreter des Bundesinteresses beteiligt sich an dem Verfahren und unterstützt das angefochtene Urteil.

II.

Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben (§ 101 Abs. 2 i.V.m. § 125 Abs. 1 , § 141 VwGO ).

Die Revision ist nicht begründet, da das angefochtene Urteil nicht auf einer Verletzung von Bundesrecht beruht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO ). Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Rückforderungsbescheide sind rechtmäßig. Die Beklagte ist unter Zugrundelegung der gesetzlichen Fiktion des § 349 Abs. 3 Satz 2 LAG ohne Rechtsfehler von einem vollen Schadensausgleich ausgegangen.

Rechtsgrundlage für die Rückforderung der Hauptentschädigung in den von den Klägern angegriffenen Bescheiden ist § 349 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 des Gesetzes über den Lastenausgleich (Lastenausgleichsgesetz - LAG) vom 14. August 1952 (BGBl I S. 446) i.d.F. der Bekanntmachung vom 2. Juni 1993 (BGBl I S. 845, berichtigt 1995 S. 248), § 349 betreffend zuletzt geändert durch Gesetze vom 16. Dezember 1999 (BGBl I S. 2422) und 21. Juli 2004 (BGBl I S. 1742), i.V.m. § 342 Abs. 3, § 349 Abs. 3 Satz 2 LAG.

Gemäß § 349 Abs. 1 Satz 1 LAG sind "in den Fällen des § 342 Abs. 3" die zuviel gewährten Ausgleichsleistungen nach Maßgabe der Absätze 2 bis 5 zurückzufordern, ohne dass es - wie § 342 Abs. 3 LAG klarstellt - eines ausdrücklichen Wiederaufgreifens des früheren Lastenausgleichsverfahrens bedarf. Was als zurückzuzahlende Zuvielleistung an früherem Lastenausgleich im Sinne des § 349 Abs. 1 LAG anzusehen ist, ist durch die Bezugnahme auf die folgenden Absätze festgelegt und auf den nachträglichen Schadenswegfall bezogen (§ 342 Abs. 3 Satz 2 LAG). Nach § 349 Abs. 3 Satz 2 gilt bei Rückgabe von Vermögenswerten, die in dem in Art. 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet belegen sind, sowie bei Wiederherstellung der vollen Verfügungsrechte über solche Vermögenswerte der festgestellte Schaden insoweit stets als in voller Höhe ausgeglichen; Wertminderungen sowie das Fehlen von Zubehör oder Inventar werden nicht berücksichtigt. Demnach haben die Kläger als Erben ihrer unmittelbar geschädigten Mutter die für den Verlust der landwirtschaftlichen Betriebe in S. Nr. 5 mit einer Größe von 24,2909 ha und Nr. 80 mit einer Größe von 4,6725 ha insgesamt gewährte Hauptentschädigung in Höhe von 25 545,90 DM zu erstatten, da der Schaden ausgeglichen wurde.

Hinsichtlich des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens in S. Nr. 80 ist ein vollständiger Schadensausgleich unstreitig erfolgt.

Bezüglich des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens in S. Nr. 5 greift die Schadensausgleichsfiktion des § 349 Abs. 3 Satz 2 LAG, da die Grundstücke im Wesentlichen zurückgewährt worden sind, wegen deren Verlust seinerzeit Lastenausgleich gewährt wurde.

1. Zwar umfasste der landwirtschaftliche Betrieb in S. Nr. 5 zunächst auch das Flurstück Nr. 230 mit einer Größe von 7 730 m2, das ebenso wenig zurückgegeben wurde wie das Grundstück Flurstück Nr. 53 mit einer Größe von 5 210 m2, das hiergegen getauscht worden war. Das Fehlen geringfügiger Teilflächen führt jedoch nicht dazu, die Übereinstimmung zwischen weggenommenem Betrieb und zurückgegebenen Flächen zu verneinen. Die Rückforderung gewährter Lastenausgleichsleistungen nach § 349 LAG setzt voraus, dass "nach dem 31. Dezember 1989 ein Schaden ganz oder teilweise ausgeglichen" wird (§ 342 Abs. 3 LAG). Für die Anwendung der Rückforderungsvorschrift reicht damit bereits eine Teilidentität bei der Schadensausgleichung aus. Der Einwand der Kläger, die zurückgegebenen landwirtschaftlichen Flächen seien mit den weggenommenen nicht identisch, erweist sich danach von vornherein als ungeeignet, die Heranziehung der Rückforderungsvorschrift des § 349 LAG zu vermeiden; denn das zurückerhaltene Land ist in jedem Fall ein wesentlicher Teil des seinerzeit verlorenen landwirtschaftlichen Betriebes (vgl. Beschluss vom 5. November 1999 - BVerwG 3 B 44.99 -). Schließlich hat der Gesetzgeber in § 349 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 LAG, wonach Wertminderungen sowie das Fehlen von Zubehör oder Inventar beim Schadensausgleich nicht zu berücksichtigen sind, bestätigt, dass auch solche Mängel des zurückgegebenen Vermögenswertes keine Rolle bei der Entscheidung über die Identität des zurückerlangten Schadensobjekts spielen können. Landwirtschaftliches Inventar, Geräte und Vieh (§ 98 BGB ) fallen unter diesen Ausschluss ebenso wie der schlechte Erhaltungszustand oder Schäden von Gebäuden.

Es ist ebenfalls sachgerecht, für die Bemessung der Erheblichkeit eines Restschadens im Hinblick auf die fehlenden Grundstücksflächen auf Grundsätze des Bewertungsgesetzes zurückzugreifen. Das rechtfertigt sich bereits aus der Überlegung, dass für Ausgleichsleistungen nach dem Lastenausgleichsgesetz die Schadensberechnung gemäß dem Feststellungsgesetz auf der Grundlage des vor der Schädigung zuletzt festgestellten Einheitswerts erfolgte. Der erkennende Senat hat diesen Maßstab für die Berechnung von Schäden an land- und forstwirtschaftlichem Vermögen im Zusammenhang mit Zonenschäden herangezogen. Danach führen Bestandsveränderungen, die nach dem Zeitpunkt des zuletzt festgestellten und bekannten Einheitswerts eingetreten sind und unter Anwendung des Bewertungsgesetzes die Feststellung eines anderen Einheitswerts gerechtfertigt hätten, zu dem Ergebnis, dass nicht der bekannte Einheitswert der Schadensberechnung zugrunde zu legen ist. Ob eine solche Wertänderung vorliegt, ist unter Anwendung des § 22 BewG zu ermitteln. Hätte hiernach eine Wertfortschreibung erfolgen müssen, so ist nicht von dem bekannten Einheitswert auszugehen, der auf einen Zeitpunkt bezogen ist, zu dem die Bestandsveränderungen noch nicht eingetreten waren (vgl. Urteile vom 12. Dezember 1974 - BVerwG 3 C 72.72 - BVerwGE 47, 265 >270<; vom 31. Mai 1979 - BVerwG 3 C 39.78 - und vom 11. Dezember 1980 - BVerwG 3 C 8.80 -). Bestandsveränderungen, die den Einheitswert nicht berührten, sind daher lastenausgleichsrechtlich unbeachtlich. Gilt dies für die Schadensfeststellung, so kann bei späterem Verlust für den Schadensausgleich durch Rückgabe nichts anderes gelten.

In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Urteil vom 12. Dezember 1974 a.a.O. S. 274 f.) ist dabei § 22 BewG in der Fassung maßgeblich, deren Anwendung § 47 Abs. 2 BFG vorschreibt. Denn die allgemeine Vorschrift des § 8 Abs. 1 Nr. 10 LAG verweist auf die Fassung vom 16. Januar 1952 (BGBl I S. 22) nur insoweit, als das Lastenausgleichsgesetz selbst die Bezeichnung " Bewertungsgesetz " enthält. Das ist aber im Rahmen der speziellen und jüngeren Rückforderungsvorschriften des § 349 LAG nicht der Fall. § 349 Abs. 2 Satz 2 LAG verweist für die Bemessung des Schadens ausdrücklich auf die Vorschriften des Feststellungsgesetzes und des Beweissicherungs- und Feststellungsgesetzes in der am 31. Dezember 1991 geltenden Fassung. Maßgeblich ist hiernach gemäß § 47 Abs. 2 BFG das Bewertungsgesetz in der Fassung vom 16. Oktober 1934 (RGBl I 1035) unter Berücksichtigung der Änderungen durch das Einführungsgesetz zu den Realsteuergesetzen vom 1. Dezember 1936 (RGBl I S. 961). Durch § 30 dieses Gesetzes hat § 22 BewG folgende Fassung erhalten:

"(1) Der Einheitswert wird neu festgestellt (Wertfortschreibung), wenn der Wert, der sich für den Beginn eines Kalenderjahres ergibt, um mehr als den fünften Teil, mindestens aber um 1 000 Reichsmark von dem Einheitswert des letzten Feststellungszeitpunkts abweicht. Beruht bei einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb, einem Grundstück oder einem Betriebsgrundstück die Abweichung auf einer Bestandsveränderung, so wird der Einheitswert schon dann neu festgestellt, wenn der Wert infolge der Bestandsveränderung allein um mehr als den zwanzigsten Teil, mindestens aber um 500 Reichsmark abweicht. Eine Bestandsveränderung liegt insbesondere vor,

1. wenn die Grundstücksfläche durch Erwerb oder Abtrennung vergrößert oder verkleinert wird;

2. wenn der Gebäudebestand durch Neubau, Anbau oder Aufbau oder durch Abbruch, Abbrand und dergl. verändert wird.

Der Reichsminister der Finanzen kann die Wertgrenzen(Sätze 1 und 2) anders festsetzen."

Von dieser Ermächtigung hat der Reichsminister der Finanzen durch Verordnung vom 18. Mai 1939 (RGBl I S. 922) Gebrauch gemacht. Die Durchführungsverordnung zum Reichsbewertungsgesetz hat einen § 2a bekommen. Diese Vorschrift lautet - soweit hier von Bedeutung - wie folgt:

"Der Einheitswert wird abweichend von § 22 Absatz 1 Sätze 1 bis 3 des Gesetzes neu festgestellt (Wertfortschreibung)

1. bei einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb, einem Grundstück oder einem Betriebsgrundstück, wenn der Wert, der sich für den Beginn eines Kalenderjahres

ergibt, entweder um mehr als ein Zwanzigstel, mindestens aber um 100 Reichsmark, oder um mehr als 100 000 Reichsmark von dem Einheitswert des letzten Feststellungszeitpunkts abweicht; _"

Zutreffend ist das Verwaltungsgericht aufgrund seiner Feststellungen im vorliegenden Fall von einer Unterschreitung der danach geltenden Wertfortschreibungsgrenzen ausgegangen, da die fehlenden Grundflächen weniger als ein Zwanzigstel des Einheitswerts des entzogenen Grundvermögens ausmachen.

2. Die anderen geltend gemachten Wertminderungen, der Abriss des Torbogens, die vermuteten Altlasten sowie die vorgenommenen baulichen Veränderungen an der Hoffläche stehen der gesetzlich angeordneten Schadensausgleichsfiktion ebenso wenig entgegen. Die behaupteten Altlasten und die übrigen von der Revision vorgetragenen Beeinträchtigungen verändern nicht die Identität des zurückgegebenen Vermögens, sondern nur dessen Wert und sind mithin insoweit gemäß § 349 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 LAG nicht berücksichtigungsfähig.

Das gefundene Ergebnis begegnet im Übrigen auch deswegen keinen Bedenken, da den Rückzahlungspflichtigen das Regulativ aus § 349 Abs. 4 Satz 4 LAG zur Verfügung steht, wonach die Rückforderung auf einen nachweislich geringeren Verkehrswert des zurückgegebenen Vermögenswertes zu begrenzen wäre. Von dieser Möglichkeit haben die Kläger aber offensichtlich ebenso wenig Gebrauch gemacht wie von der Möglichkeit, auf eine Rückübertragung der Vermögenswerte gänzlich zu verzichten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO .

B e s c h l u s s

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 8 513,89 Ç festgesetzt.

Vorinstanz: VG Karlsruhe, vom 09.12.2004 - Vorinstanzaktenzeichen 6 K 4390/02