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BVerwG - Entscheidung vom 20.06.2005

7 B 43.05

Normen:
VermG § 6 Abs. 6a Satz 1, Satz 2, Satz 3
GVO § 7 Abs. 3 Satz 1

BVerwG, Beschluss vom 20.06.2005 - Aktenzeichen 7 B 43.05

DRsp Nr. 2005/10496

Unternehmensresterestitution bei bestandskräftiger Aufhebung der Grundstücksverkehrsgenehmigung

»Die Vorschrift des § 7 Abs. 3 Satz 1 GVO ist auf Fälle von Unternehmensresterestitutionen (§ 6 Abs. 6 a Satz 1 VermG), in denen die zur Veräußerung eines Unternehmensgrundstücks erteilte Grundstücksverkehrsgenehmigung bestandskräftig aufgehoben worden ist, entsprechend anwendbar.«

Normenkette:

VermG § 6 Abs. 6a Satz 1, Satz 2, Satz 3 ; GVO § 7 Abs. 3 Satz 1 ;

Gründe:

Der Kläger möchte festgestellt wissen, dass er die Rückübereignung eines Grundstücks beanspruchen kann. Das Grundstück, das zum landwirtschaftlichen Betrieb seines Rechtsvorgängers gehörte, wurde nach dessen Ausreise aus der DDR vom staatlichen Verwalter in Volkseigentum veräußert. Ende 1996 verkaufte die Verfügungsberechtigte das Grundstück an die Beigeladenen, die 1998 im Grundbuch als Eigentümer eingetragen wurden. Nach Feststellung der Berechtigung des Klägers lehnte das Sächsische Landesamt durch den angefochtenen Bescheid eine Rückübertragung des Grundstücks ab, weil über es wirksam verfügt worden und dadurch der Rückübertragungsanspruch des Klägers erloschen sei; bevor die Grundstücksverkehrsgenehmigung aufgehoben sei, könne nur die Auskehr des Veräußerungserlöses verlangt werden. Auf die nach Aufhebung der Grundstücksverkehrsgenehmigung erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht den Beklagten verpflichtet festzustellen, dass der Kläger einen Anspruch auf Rückübereignung des Grundstücks hat. Das Verwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Beklagten hat keinen Erfolg.

Die Revision ist nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ).

Soweit die Beschwerde für klärungsbedürftig hält, ob § 7 Abs. 3 Satz 1 GVO - sei es in verfassungskonformer Auslegung oder in entsprechender Anwendung - auf die Fälle der Unternehmensresterestitution (§ 6 Abs. 6 a VermG) anwendbar ist, ist die Frage zu bejahen, ohne dass es hierfür der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf. Nach § 7 Abs. 3 Satz 1 GVO kann unter der Voraussetzung, dass der Erwerber das Grundstück nach § 7 Abs. 2 Satz 1 GVO dem Verfügungsberechtigten zurückübereignen muss, das Eigentum an dem Grundstück oder, wenn es noch nicht auf den Verfügungsberechtigten übertragen worden ist, der Anspruch auf Rückübereignung durch das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen "gemäß § 3 Abs. 1" VermG auf den Berechtigten übertragen werden. Die Vorschrift betrifft nach ihrem Wortlaut nur die Fälle der Einzelrestitution i.S.d. § 3 Abs. 1 VermG. Sie ist jedoch entsprechend anwendbar auf Fälle des § 6 Abs. 6 a VermG, in denen - wie hier - die zur Veräußerung eines Unternehmensgrundstücks erteilte Grundstücksverkehrsgenehmigung bestandskräftig aufgehoben worden ist. Mit der Aufhebung der Grundstücksverkehrsgenehmigung ist der durch die Veräußerung untergegangene Restitutionsanspruch zwar noch nicht wieder aufgelebt; das geschieht erst mit dem Abschluss der zivilrechtlichen Rückabwicklung des Veräußerungsgeschäfts. Durch die dem Wiederaufleben des Restitutionsanspruchs folgende Pflicht des Beklagten, hierüber zu entscheiden, wird die Rückübertragung aber wieder möglich.

Dass eine solche Möglichkeit in § 6 Abs. 6 a Satz 3 VermG, der die Veräußerung einzelner Vermögensgegenstände als Restitutionsausschlussgrund einstuft, nicht vorgesehen ist, steht einer entsprechenden Anwendung des § 7 Abs. 3 Satz 1 GVO nicht entgegen. Hätte die Verfügungsberechtigte das Grundstück nicht veräußert, wäre es dem Kläger im Rahmen der Unternehmensresterestitution ebenso wie die übrigen zum Betrieb gehörenden, nicht veräußerten Flurstücke zurückübertragen worden. Es ist kein vernünftiger Grund dafür ersichtlich, dem Berechtigten i.S.d. § 6 Abs. 6 a Satz 1 VermG die Rückübertragung eines unter Missachtung des Verfügungsverbots (§ 3 Abs. 3 VermG) veräußerten Grundstücks vorzuenthalten, wie sie bei der Einzelrestitution möglich ist. Die in § 6 Abs. 6 a Satz 1 VermG geregelten Fälle der Unternehmensresterestitution sind, wie der Senat wiederholt entschieden hat, der Einzelrestitution angenähert (Urteil vom 18. Januar 1996 - BVerwG 7 C 45.94 - Buchholz 428 § 6 VermG Nr. 17 S. 29 >36< m.w.N.). Dem Umstand, dass gemäß § 6 Abs. 6 a Satz 2 VermG bei der Rückgabe von Unternehmensresten eine Zahlungspflicht wegen Verbindlichkeiten des Verfügungsberechtigten festzusetzen ist (Urteil vom 20. November 1997 - BVerwG 7 C 40.96 - Buchholz 428 § 2 VermG Nr. 35 S. 45 >51<), kann auch im Rahmen der Rückübertragung des Anspruchs auf Rückübereignung Rechnung getragen werden. Der Wortlaut des § 7 Abs. 3 Satz 1 GVO schließt eine entsprechende Anwendung der Vorschrift auf Fälle der vorliegenden Art schon deswegen nicht aus, weil die Verweisung auf § 3 Abs. 1 VermG ohne weiteres als Rechtsfolgenverweisung verstanden werden kann. Dem entspricht, dass der Senat in seinem Urteil vom 19. Mai 2005 - BVerwG 7 C 17.04 - (zur Veröffentlichung in Buchholz bestimmt) - die Anwendbarkeit des § 3 Abs. 1 VermG auf einen gleich gelagerten Fall nicht für zweifelhaft gehalten hat.

Die weitere Frage der Beschwerde, ob

den Wertungen des § 6 Abs. 6 a Satz 1 Halbsatz 2 und Satz 2 VermG dadurch Rechnung zu tragen ist, dass im Fall der Übertragung des schuldrechtlichen Rückübereignungsanspruchs gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 GVO zwingend Ablösebeträge und Vorranggläubigerverbindlichkeiten festzusetzen sind,

würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen und rechtfertigt schon deswegen nicht die Zulassung der Revision. Das angegriffene Urteil beschränkt sich auf die Verpflichtung des Beklagten, den Rückübereignungsanspruch des Klägers festzustellen. Es ist allerdings zweifelhaft, ob es für solchen Verpflichtungsausspruch eine Rechtsgrundlage gibt. Das Vermögensgesetz kennt eine solche behördliche "Zwischenfeststellung" nicht, sondern beschränkt sich auf die in § 7 Abs. 3 Satz 1 GVO genannten Entscheidungsalternativen. Ungeachtet dessen hindert die durch das Verwaltungsgericht angeordnete Feststellung den Beklagten nicht, bei der abschließenden Restitutionsentscheidung Gegenansprüche der Verfügungsberechtigten nach § 6 Abs. 6 a Satz 1 Halbsatz 2 und Satz 2 VermG festzusetzen, falls dazu Anlass besteht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO , die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG .

Vorinstanz: VG Chemnitz, vom 24.02.2005 - Vorinstanzaktenzeichen 6 K 869/00