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BVerwG - Entscheidung vom 26.04.2005

7 B 13.05

Normen:
VermG § 3 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 4 Satz 3
InVorG § 16

Fundstellen:
NJ 2005, 332

BVerwG, Beschluss vom 26.04.2005 - Aktenzeichen 7 B 13.05

DRsp Nr. 2005/7899

Kein Anspruch des Zedenten des angemeldeten Rückübertragungsanspruchs auf Feststellung früherer Berechtigung

»Der Zedent eines angemeldeten Rückübertragungsanspruchs hat keinen Anspruch gegen die Vermögensbehörde auf Feststellung seiner früheren, bis zur Zession bestehenden Berechtigung.«

Normenkette:

VermG § 3 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 4 Satz 3 ; InVorG § 16 ;

Gründe:

Die Kläger erheben als Rechtsnachfolger des früheren Eigentümers vermögensrechtliche Ansprüche hinsichtlich eines Grundstücks in Berlin-Prenzlauer Berg. Ihren angemeldeten Rückübertragungsanspruch traten sie mit notarieller Erklärung vom 21. Dezember 1994 an zwei Handelsgesellschaften ab. Das ungeachtet dessen von ihnen weiter betriebene Rückübertragungsverfahren blieb erfolglos, weil der seinerzeitige Verlust des Eigentums an dem Grundstück nach Ansicht der Vermögensbehörden nicht auf eine Schädigungsmaßnahme im Sinne des § 1 des Vermögensgesetzes - VermG - zurückzuführen sei. Das Verwaltungsgericht hat die dagegen erhobene Klage, die auf die Verpflichtung des Beklagten gerichtet ist festzustellen, dass die Kläger am 21. Dezember 1994 berechtigt im Sinne des Vermögensgesetzes waren und die Restitution nicht ausgeschlossen war, nach Abtrennung des Verfahrens hinsichtlich einer kleinen Teilfläche abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Kläger jedenfalls nach der Abtretung des angemeldeten Anspruchs nicht mehr Berechtigte seien und gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Feststellung einer früher bestehenden Berechtigtenstellung hätten.

Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil bleibt ohne Erfolg. Das Urteil des Verwaltungsgerichts weicht weder nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ab (1.), noch weist der Rechtsstreit die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auf (2.). Schließlich sind auch keine Verfahrensfehler erkennbar, welche die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO rechtfertigen (3.).

1. a) Die Kläger rügen eine Abweichung des angegriffenen Urteils von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. November 1955 - BVerwG 5 C 127.55 -

(BVerwGE 2, 353 >354<). Während dort entschieden worden sei, dass eine gewillkürte Prozessstandschaft im Rahmen einer verwaltungsgerichtlichen Klage zulässig sei, halte das Verwaltungsgericht sie ausnahmslos für unzulässig.

Die geltend gemachte Divergenz besteht nicht. Die Kläger verkennen, dass das Verwaltungsgericht ihnen nicht das Recht abgesprochen hat, einen Anspruch der Abtretungsempfänger, also einen fremden Anspruch, in eigenem Namen gerichtlich zu verfolgen. Es hat vielmehr klargestellt, dass das Begehren der Kläger ausweislich ihres Klageantrages auf ihre eigene, in der Vergangenheit bestehende vermögensrechtliche Berechtigung gerichtet ist und nicht auf die der neuen Rechtsinhaber.

b) Eine weitere Abweichung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO sehen die Kläger darin, dass entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch ein vergangenes Rechtsverhältnis Gegenstand einer Feststellungsklage sein könne und § 43 Abs. 2 VwGO einem solchen Rechtsbehelf nicht entgegenstehe, wenn keine Umgehung der für Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen geltenden Bestimmungen über Fristen und Vorverfahren drohe.

Auch diese Rüge führt nicht zur Zulassung der Revision. Es kann dahingestellt bleiben, ob der von den Klägern aufgezeigte Widerspruch zur höchstrichterlichen Rechtsprechung besteht; denn das Urteil des Verwaltungsgerichts beruht nicht auf der vermeintlichen Abweichung. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Zulässigkeit eines Feststellungsbegehrens sind bloße Hinweise des Gerichts zu den Erfolgsaussichten eines von den Klägern zwar angekündigten, aber nicht gestellten Feststellungsantrages und tragen die angegriffene Entscheidung nicht.

2. Die Rechtssache weist ebenso wenig die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auf.

a) Die Kläger halten für grundsätzlich klärungsbedürftig,

ob die Abtretung eines Restitutionsanspruchs zur Folge hat, dass vor der Abtretung bestehende Rechte hinsichtlich des Restitutionsanspruchs nach Abtretung durch den Zedenten nicht mehr geltend gemacht bzw. festgestellt werden können, weil dieser nicht mehr "Berechtigter" im Sinne des Vermögensgesetzes ist.

Die Klärung dieser Frage rechtfertigt nicht die Durchführung eines Revisionsverfahrens; denn ihre Bejahung liegt auf der Hand, soweit sie dort zu beantworten wäre. Stellen würde sich diese Frage in einem Revisionsverfahren nur insoweit, als die Kläger, also die Zedenten, ihre eigene, früher bestehende Berechtigung festgestellt wissen wollen. Für ein solches gegen die Vermögensbehörden gerichtetes Begehren gibt es im Vermögensgesetz keine Grundlage. Soweit die Kläger demgegenüber auf § 16 des Investitionsvorranggesetzes - InVorG - verweisen, übersehen sie, dass es dort wie in den anderen Fällen der Erlösauskehr (vgl. § 3 Abs. 4 Satz 3 VermG) nicht um die Feststellung einer früher bestehenden Berechtigung, sondern um die Feststellung eines früher bestehenden, aber durch Veräußerung des Vermögenswerts untergegangenen Rückübertragungsanspruchs des nach wie vor Berechtigten geht.

b) Die weitere von den Klägern als rechtsgrundsätzlich bezeichnete Frage,

ob der Zedent eines abgetretenen Restitutionsanspruches diesen im Wege der Prozessstandschaft nach Ermächtigung durch den Zessionar als fremdes Recht im eigenen Namen geltend machen kann,

rechtfertigt ebenfalls nicht die Zulassung der Revision, weil sie sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen würde. Wie bereits unter 1. dargelegt, verfolgen die Kläger kein fremdes Recht im eigenen Namen, sondern die Verpflichtung zur Feststellung eines eigenen früher bestehenden Rechts.

c) Schließlich führt auch die weitere von den Klägern aufgeworfene Frage,

ob die zuständige Behörde durch feststellenden Verwaltungsakt auch für die Vergangenheit die Feststellung treffen kann, dass die Voraussetzungen für einen Restitutionsanspruch gegeben sind, wenn die Rückgabe des Restitutionsgegenstandes aufgrund einer Vereinbarung zwischen den Betroffenen ausgeschlossen ist,

nicht zur Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO . Da das Verwaltungsgericht die Abweisung der Klage darauf gestützt hat, dass die Kläger keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Feststellung ihrer früheren Berechtigung haben, müsste die aufgeworfene Frage auch nur in diesem Umfang beantwortet werden. Insoweit kann jedoch auf das in diesem Abschnitt unter a) Ausgeführte verwiesen werden.

3. Die nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO beanstandeten Verfahrensmängel sind ebenfalls nicht erkennbar.

a) Die Kläger rügen eine Verletzung ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs, weil das Verwaltungsgericht sich nicht zu ihrem Vorbringen geäußert habe, dass in Ziffer 3 der Vereinbarung vom 21. Dezember 1994 nicht nur eine Bevollmächtigung, sondern zugleich eine Ermächtigung zu sehen sei, den abgetretenen Anspruch weiterhin im eigenen Namen geltend zu machen.

Die Rüge ist nicht berechtigt. Sie geht daran vorbei, dass die Kläger - wie bereits mehrfach dargelegt - ausweislich ihres Klageantrages ihr eigenes früher bestehendes Recht verfolgen und nicht im Wege der Prozessstandschaft einen auf die Zessionare übergegangenen Anspruch.

b) Eine weitere Verletzung des Rechts aus § 108 Abs. 2 VwGO soll dem Verwaltungsgericht nach Auffassung der Kläger unterlaufen sein, indem es außer Acht gelassen habe, dass die Zessionare nach Ziffer 4 der genannten Vereinbarung ihren im Falle der Restitution bestehenden Rückzahlungsanspruch gegen die Treuhandanstalt an sie - die Kläger - abgetreten hätten. Der Gehörsverstoß sei auch ursächlich für die angegriffene Entscheidung, weil die unberücksichtigt gebliebene Tatsache ihre Klagebefugnis oder wenigstens ihr Feststellungsinteresse begründe.

Auch diese Rüge ist nicht berechtigt. An dieser Stelle verkennen die Kläger wiederum den Grund, der zur Abweisung der Klage geführt hat. Maßgebend war, dass das Vermögensgesetz einem Nicht-Mehr-Berechtigten keinen Anspruch auf die Feststellung seiner früheren Berechtigung einräumt. Dafür ist der Vortrag, dessen Erwähnung die Kläger im Urteil vermissen, erkennbar ohne Belang.

c) Ebenso wenig von Belang für die so begründete Entscheidung war, dass die Vermögensbehörde Kenntnis von der Abtretung des Restitutionsanspruches hatte, so dass auch aus der Nichterwähnung dieses Umstandes keine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs gefolgert werden kann.

d) Eine Missachtung des Rechts aus § 108 Abs. 2 VwGO ist schließlich nicht deswegen feststellbar, weil das Gericht - wie die Kläger meinen - keinen Hinweis darauf gegeben habe, "trotz Ermächtigung keine Aktivlegitimation zuzubilligen". Diese Rüge vernachlässigt ebenfalls, dass den Klägern nicht versagt worden ist, Rechte der Zessionare im Wege der Prozessstandschaft einzuklagen.

e) Ein Verfahrensfehler liegt auch nicht darin begründet, dass das Verwaltungsgericht die Klage vollständig abgewiesen und nicht den an die Kläger gerichteten Bescheid wegen falscher Adressierung aufgehoben hat. Abgesehen davon, dass von einer fehlerhaften Adressierung keine Rede sein kann, weil die Kläger trotz der Zession das Verfahren weiter betrieben haben, handelt es sich um eine Frage materiellen Rechts, die nicht Gegenstand einer Verfahrensrüge sein kann.

f) Die Rüge, das Verwaltungsgericht habe verfahrensfehlerhaft das Recht der Kläger auf effektiven Rechtsschutz verletzt, weil es die Zulässigkeit einer Prozessstandschaft verneint und sich dadurch einer sachlichen Prüfung des Verwaltungsgerichts entzogen habe, geht wiederum an dem für die Klageabweisung maßgeblichen Grund vorbei.

g) Ebenso wenig berechtigt ist die abschließende Rüge der Kläger, das Verwaltungsgericht habe die jetzigen Inhaber des abgetretenen Restitutionsanspruches notwendig beiladen müssen. An dem Rechtsverhältnis, über das das Verwaltungsgericht antragsgemäß zu entscheiden hatte - dem Anspruch der Kläger gegen den Beklagten auf Feststellung ihrer früher bestehenden Berechtigung -, sind die Zessionare, wenn überhaupt, dann jedenfalls nicht in der Weise beteiligt, dass ihnen und den übrigen Beteiligten gegenüber die Entscheidung nur einheitlich ergehen kann.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 159 Satz 2 und § 162 Abs. 3 VwGO ; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 4 sowie § 72 Nr. 1 GKG .

Vorinstanz: VG Berlin, vom 24.11.2004 - Vorinstanzaktenzeichen 1 A 211.04
Fundstellen
NJ 2005, 332