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BVerwG - Entscheidung vom 16.03.2005

9 C 7.04

Normen:
AbwAG § 4 Abs. 1, Abs. 5 § 6 Abs. 1 § 9 Abs. 5, Abs. 6
WHG § 7 a Abs. 1

Fundstellen:
BVerwGE 123, 132
DÖV 2005, 828
NVwZ 2005, 1067
NuR 2005, 535
UPR 2005, 345
ZUR 2005, 378

BVerwG, Urteil vom 16.03.2005 - Aktenzeichen 9 C 7.04

DRsp Nr. 2005/6549

Ermäßigung der Abwasserabgabe für Teilzeiträume des Veranlagungsjahres

»§ 9 Abs. 6 AbwAG lässt eine Abgabeermäßigung auch für Teilzeiträume des Veranlagungsjahrs zu.«

Normenkette:

AbwAG § 4 Abs. 1 , Abs. 5 § 6 Abs. 1 § 9 Abs. 5 , Abs. 6 ; WHG § 7 a Abs. 1 ;

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um die Höhe der Abwasserabgabe für das Kalenderjahr 1994.

Die Klägerin betreibt eine Kläranlage, aus der sie gereinigtes Abwasser in zwei Vorfluter einleitet. Nach der wasserrechtlichen Erlaubnis vom 7. Oktober 1992 betrug der dabei einzuhaltende Überwachungswert für den Chemischen Sauerstoffbedarf (CSB) 110 mg/l. Mit Erklärung vom 19. November 1993 teilte die Klägerin dem Beklagten unter der Überschrift "Abgabeerklärung gem. § 6 AbwAG , Veranlagungsjahr 1994" mit, dass sie im Kalenderjahr 1994 für den Schadstoff CSB einen Überwachungswert von 45 mg/l einhalten werde. Ein rückwirkend zum 1. Januar 1994 in Kraft gesetzter Änderungsbescheid zur wasserrechtlichen Erlaubnis vom 27. Mai 1994 ließ den CSB-Überwachungswert ausdrücklich unberührt.

Mit Schreiben vom 21. Juni 1994 erklärte die Klägerin gegenüber dem Beklagten, dass sie aufgrund von weitgehend abgeschlossenen Umbau- und Erweiterungsarbeiten zur Verbesserung der Reinigungsleistung für die Zeit vom 15. Juli bis zum 31. Dezember 1994 einen CSB-Überwachungswert von 65 mg/l einhalten werde. Durch wasserrechtlichen Erlaubnisbescheid vom 30. November 1994 wurde der Überwachungswert für CSB mit Wirkung ab 1. Januar 1995 auf 60 mg/l herabgesetzt. Nach den amtlichen Überwachungsergebnissen bewegten sich die tatsächlichen CSB-Werte im Kalenderjahr 1994 zwischen 18 und 38 mg/l.

Für das Veranlagungsjahr 1994 setzte der Beklagte die Abwasserabgabe auf 2 102 790 DM fest. Davon entfielen 1 831 920 DM auf den Schadstoff CSB. Dabei legte der Beklagte für den Zeitraum vom 1. Januar 1994 bis 14. Juli 1994 den Bescheidwert von 110 mg/l und für den Zeitraum vom 15. Juli 1994 bis 31. Dezember 1994 den heraberklärten Wert von 65 mg/l zugrunde. Eine Abgabesatzermäßigung nach § 9 Abs. 6 AbwAG gewährte der Beklagte für den Parameter CSB nicht.

Den hiergegen eingelegten Widerspruch der Klägerin, mit dem sie einen Anspruch auf Abgabeermäßigung nach § 9 Abs. 6 AbwAG für den Zeitraum der Heraberklärung geltend machte, wies der Beklagte im Widerspruchsbescheid mit der Begründung zurück, eine Reduzierung des Abgabesatzes für Teilzeiträume eines Veranlagungsjahres komme nicht in Betracht.

Der mit dem Ziel einer Abgabeermäßigung für den Parameter CSB ab 15. Juli 1994 erhobenen Klage hat das Verwaltungsgericht stattgegeben. Ein Anspruch auf Abgabeermäßigung ergebe sich zwar nicht aus § 9 Abs. 5 AbwAG , weil die Erklärung nach § 6 Abs. 1 AbwAG , wie sie die Klägerin am 19. November 1993 abgegeben habe, neben dem vorliegenden Bescheid nach § 4 Abs. 1 AbwAG nicht berücksichtigt werden könne. Die Voraussetzungen einer Ermäßigung nach § 9 Abs. 6 AbwAG seien jedoch erfüllt. Sie könne auch für Teilzeiträume gewährt werden. § 9 Abs. 6 i.V.m. § 4 Abs. 5 AbwAG stelle insofern eine Durchbrechung des Jährlichkeitsprinzips dar. Anderenfalls liefe diese Regelung leer, denn der Heraberklärungszeitraum entspreche nur in Ausnahmefällen dem Kalenderjahr.

Auf die hiergegen eingelegte Berufung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht die Klage der Klägerin mit der Begründung abgewiesen, § 9 Abs. 6 AbwAG vermittele keinen Anspruch auf eine Abgabesatzermäßigung für Teilzeiträume. Die Vorschrift bilde keine Ausnahme von dem das gesamte Abwasserabgabengesetz beherrschenden Grundsatz der Jährlichkeit. Sie schreibe lediglich vor, nach welchen Werten sich die Ermäßigung im Falle einer Heraberklärung berechne, stelle selbst jedoch keine Ermäßigungsvoraussetzungen auf. Hierzu verweise sie vielmehr auf die Grundnorm des Abs. 5 und damit auch auf das Annuitätsprinzip des Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 AbwAG . Neben Wortlaut und Systematik lege zudem die Entstehungsgeschichte der Norm eine restriktive Auslegung nahe. Ausweislich der Gesetzesmaterialien sei § 9 Abs. 6 AbwAG im Rahmen des zweiten Änderungsgesetzes mit dem Ziel in das Ermäßigungssystem des AbwAG eingefügt worden, die Erklärungswerte bei anschließender Anpassung des Bescheides den Bescheidwerten gleichzustellen. Alleiniger Zweck der Vorschrift sei es demnach, den Anlagenbetreiber so zu stellen, als ob die Bescheidanpassung bereits mit Abgabe der Erklärung erfolgt wäre. Eine darüber hinausgehende Anreizwirkung - insbesondere durch die Abkehr vom Annuitätsprinzip - habe der Gesetzgeber dagegen nicht beabsichtigt. Die gegenteilige Auslegung der Klägerin führe zu unvertretbaren Ergebnissen, weil sie die Gewährung der Ermäßigung vom Wirksamwerden des Anpassungsbescheides und damit letztlich von Zufälligkeiten abhängig mache. Eine Ermäßigung nach § 9 Abs. 6 AbwAG komme nämlich jeweils nur für den Zeitraum zwischen Abgabe der Erklärung und Anpassung des Bescheides in Betracht. Danach gelte wieder die Grundnorm des Abs. 5 einschließlich des Annuitätsprinzips. Die volle Ermäßigung könnte daher regelmäßig nur dann gewährt werden, wenn die Anpassung erst im Anschluss an den Erklärungszeitraum erfolge. Bei früherer oder rückwirkender Anpassung scheide eine Ermäßigung dagegen ganz oder teilweise aus.

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision macht die Klägerin geltend, die Rechtsauffassung der Vorinstanz sei mit der gesetzgeberischen Intention des § 9 Abs. 6 AbwAG nicht vereinbar. Die Vorschrift solle einen Anreiz zu nachhaltiger Schmutzfrachtreduzierung und frühzeitiger Anpassung des wasserrechtlichen Bescheides bieten. Ohne eine Ermäßigung für Teilzeiträume sei die Anreizwirkung jedoch bei weitem zu gering, um den Einleiter zu einer freiwilligen Unterwerfung unter das Sanktionensystem des § 4 Abs. 4 AbwAG oder gar zu höheren Investitionen in die Verbesserung der Reinigungstechnik zu bewegen. Das Jährlichkeitsprinzip laufe daher im Falle des § 9 Abs. 6 AbwAG dem eigentlichen Zweck des AbwAG zuwider. Der Normtext stehe einer zeitabschnittsweisen Abgabesatzreduzierung nicht entgegen, denn das Erfordernis eines über die Mindestdauer des § 4 Abs. 5 AbwAG hinausgehenden Erklärungszeitraums finde im Wortlaut des § 9 Abs. 6 AbwAG keine Stütze. Abs. 6 enthalte keine Rechtsgrund-, sondern lediglich eine Rechtsfolgenverweisung hinsichtlich der Höhe der Ermäßigung. Selbst wenn man § 9 Abs. 5 AbwAG als Grundnorm ansehen wolle, sei der "Veranlagungszeitraum" im Falle des § 9 Abs. 6 AbwAG stets nur der Erklärungszeitraum. Im Übrigen beziehe sich der Begriff lediglich auf das tatsächliche Einleitungsverhalten des Anlagenbetreibers. Deswegen seien selbst bei Anwendung des Annuitätsprinzips die Voraussetzungen des Abs. 5 erfüllt, weil sie - die Klägerin - die heraberklärten Werte im gesamten Kalenderjahr 1994 eingehalten habe. Die Systematik des AbwAG stehe einer Ermäßigung für Teilzeiträume ebenfalls nicht entgegen. Das Jährlichkeitsprinzip sei kein grundlegendes Dogma des AbwAG und schließe die Berücksichtigung geänderter Einleitungsverhältnisse innerhalb eines Veranlagungsjahres nicht aus. Eine unzumutbare Vollzugserschwernis sei damit nicht verbunden. Ohnehin sei die Abwasserabgabe als Sonderabgabe nur zu rechtfertigen, wenn ihre gewässerschützende Anreizfunktion und nicht die Finanzierungsfunktion oder das Prinzip der Verwaltungsvereinfachung die Auslegung leite.

Die Klägerin beantragt,

den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 14. Oktober 2003 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Münster vom 16. Februar 2001 zurückzuweisen.

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Zur Begründung schließt er sich im Wesentlichen den Ausführungen der Vorinstanz an und macht ergänzend geltend, die Klägerin hätte ohne Weiteres einen Anspruch auf die begehrte Ermäßigung gehabt, wenn sie rechtzeitig gegen den wasserrechtlichen Änderungsbescheid vom 27. Mai 1994 vorgegangen wäre. Dieser sei nämlich insoweit fehlerhaft gewesen, als er den CSB-Überwachungswert von 110 mg/l unberührt gelassen habe, obwohl die Klägerin gemäß § 6 AbwAG erklärt hatte, im Kalenderjahr 1994 einen Wert von 45 mg/l einhalten zu wollen. Die aufgrund der versäumten Anfechtung eingetretene Bestandskraft des wasserrechtlichen Bescheides könne die Klägerin nun nicht im Nachhinein dadurch umgehen, dass sie abgabenrechtlich eine Ermäßigung für Teilzeiträume einklage. Eine Umdeutung ihrer Erklärung nach § 6 AbwAG in eine Heraberklärung scheide ebenfalls aus, da das Schreiben vom 19. November 1993 nicht den inhaltlichen Anforderungen des § 4 Abs. 5 AbwAG genüge.

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht beteiligt sich an dem Verfahren. Er verteidigt die Entscheidung der Vorinstanz und trägt ergänzend vor, die Ermäßigungsregelung des § 9 Abs. 5 AbwAG verfolge keine gewässerschutzpolitischen Ziele, sondern diene dazu, die Abgabenbelastung in einem wirtschaftlich tragbaren Rahmen zu halten. Abweichend vom Grundsatz des § 3 AbwAG , demzufolge die Abgabe sich regelmäßig nach der Schädlichkeit des Abwassers richte, solle derjenige Einleiter entlastet werden, der dauerhaft die Anforderungen des § 7 a WHG erfülle. Bereits ein einmaliger Verstoß im Laufe eines Kalenderjahres lasse daher die Ermäßigung wieder entfallen. Die ergänzende Regelung in Abs. 6 folge demselben System. Mit dieser Vorschrift werde keine zusätzliche Privilegierung in Form einer Ermäßigung für Teilzeiträume geschaffen, sondern lediglich im Rechenwerk des § 9 Abs. 5 AbwAG der Bescheidwert durch den heraberklärten Wert ersetzt. Das Jährlichkeitsprinzip gelte mithin für Heraberklärungen in gleicher Weise wie für den Fall des Abs. 5. Etwas anderes sei auch den Gesetzesmaterialien nicht zu entnehmen. Eine Durchbrechung dieses Prinzips würde im Übrigen zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung solcher Einleiter führen, denen im Laufe eines Kalenderjahres eine Verschärfung ihrer Bescheidwerte auferlegt werde und die dadurch keine weiteren Heraberklärungen mehr abgeben könnten.

II.

Die zulässige Revision ist begründet.

Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, § 9 Abs. 6 AbwAG lasse eine Abgabeermäßigung für Teilzeiträume des Veranlagungsjahres nicht zu, verletzt Bundesrecht. Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar.

Dies führt zu seiner Aufhebung und zur Zurückweisung der Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil des Verwaltungsgerichts (vgl. § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO ).

1. Der in § 9 Abs. 4 Satz 2 AbwAG festgelegte Abgabesatz für das Einleiten von Abwasser in ein Gewässer wird unter den in § 9 Abs. 5 und Abs. 6 AbwAG geregelten Voraussetzungen ermäßigt. Dabei betrifft § 9 Abs. 5 AbwAG die Fälle der Veranlagung auf der Grundlage eines Bescheides nach § 4 Abs. 1 AbwAG oder einer Erklärung nach § 6 Abs. 1 AbwAG , während § 9 Abs. 6 AbwAG bei einer Erklärung nach § 4 Abs. 5 AbwAG Anwendung findet. Im letztgenannten Fall berechnet sich die Ermäßigung nach dem erklärten Wert, wenn der Bescheid im Anschluss an die Erklärung an den erklärten Wert angepasst wird und dieser die Voraussetzungen des Abs. 5 erfüllt.

Das Oberverwaltungsgericht hat unter Hinweis auf den Grundsatz der Jährlichkeit, der das Abwasserabgabengesetz insgesamt beherrsche, angenommen, eine Ermäßigung nach § 9 Abs. 6 AbwAG komme nur in Betracht, wenn das gesamte Veranlagungsjahr durch Erklärungen nach § 4 Abs. 5 AbwAG abgedeckt werde. Das trifft jedoch nicht zu. § 9 Abs. 6 AbwAG lässt vielmehr eine Abgabeermäßigung für - den Anforderungen des § 4 Abs. 5 AbwAG entsprechende, also u.a. mindestens drei Monate umfassende - Teilzeiträume des Veranlagungsjahres zu (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 1998 - BVerwG 8 C 17.97 - Buchholz 401.64 § 9 AbwAG Nr. 5).

a) Der Wortlaut des § 9 Abs. 6 AbwAG steht - anders als das Oberverwaltungsgericht meint - der Gewährung einer Ermäßigung für Teilzeiträume nicht entgegen. Zwar verweist die Vorschrift auf die "Voraussetzungen des Absatzes 5", in dessen Satz 1 Nr. 2 vom "Veranlagungszeitraum" die Rede ist, unter dem nach der Legaldefinition des § 11 Abs. 1 AbwAG das Kalenderjahr zu verstehen ist. Die Regelung des § 9 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 AbwAG bezieht sich jedoch auf das tatsächliche Einleitungsverhalten des Abgabenschuldners, das die Anforderungen der allgemeinen Verwaltungsvorschriften nach § 7 a Abs. 1 WHG einhalten muss. Die rechtlichen Anforderungen, denen der nach § 4 Abs. 5 AbwAG erklärte Wert entsprechen muss, ergeben sich demgegenüber ausschließlich aus § 9 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 AbwAG . In diesem Regelungsteil findet sich jedoch weder das Tatbestandsmerkmal "Veranlagungszeitraum" noch eine andere zeitliche Vorgabe, aus der sich über § 4 Abs. 5 AbwAG hinausgehende Anforderungen an den Heraberklärungszeitraum ergeben könnten.

b) Auch gesetzessystematische Gesichtspunkte hindern nicht, eine Ermäßigung nach § 9 Abs. 6 AbwAG für Teilzeiträume des Veranlagungsjahres zu gewähren.

Der Beklagte meint, es bedeute einen Systembruch, wenn Ermäßigungen nach § 9 Abs. 6 AbwAG für Teilzeiträume des Veranlagungsjahres gewährt werden, während in den Fällen des § 9 Abs. 5 AbwAG das Ganzjahresprinzip gelte. Ein solcher Systembruch besteht jedoch nicht. Zwar mag es in der Tat nahe liegen, für die in § 9 Abs. 5 AbwAG unmittelbar geregelten Fälle des Bescheides nach § 4 Abs. 1 AbwAG und der Erklärung nach § 6 Abs. 1 AbwAG von der Geltung des Jährlichkeitsprinzips auszugehen (so BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 1998 - BVerwG 8 C 17.97 - a.a.O. S. 11 f.). Das zwingt aber nicht dazu, dieses Prinzip auch auf die Fälle des § 9 Abs. 6 AbwAG zu übertragen. Denn im Gegensatz zur Heraberklärung nach § 4 Abs. 5 AbwAG sind die Anwendungsfälle des § 9 Abs. 5 AbwAG typischerweise auf Kalenderjährlichkeit angelegt. Das ergibt sich für die Erklärung nach § 6 Abs. 1 AbwAG bereits daraus, dass sie nach dieser Vorschrift für das gesamte Kalenderjahr abzugeben ist, so dass sich die Frage der Gewährung einer Ermäßigung für einen kürzeren Zeitraum von vornherein nicht stellen kann. Beim Erlass bzw. der Anpassung des die Abwassereinleitung zulassenden Bescheides (§ 4 Abs. 1 AbwAG ) lässt sich die zuständige Behörde in der vom Beklagten bestätigten Praxis ohnehin vom Grundsatz der Jährlichkeit leiten. Der Einleiter kann durch entsprechende Antragstellung selbst darauf hinwirken, dass derartige Bescheide zum Beginn des folgenden oder - bei Zustimmung des Einleiters - rückwirkend zum Beginn des laufenden Jahres wirksam werden. Das schließt Änderungen von Amts wegen, die zu einem anderen Zeitpunkt wirksam werden, zwar nicht aus. Es ist aber nicht erkennbar, dass sich eine solche Entscheidung als ermessensfehlerfrei erweisen könnte, wenn sie dem Interesse des Einleiters an der Erlangung einer Ermäßigung nach § 9 Abs. 5 AbwAG nicht in zeitlicher Hinsicht Rechnung trägt.

Demgegenüber decken die von § 9 Abs. 6 AbwAG umfassten Heraberklärungen nach § 4 Abs. 5 AbwAG typischerweise gerade nur Teilzeiträume ab. Sie können zu jedem beliebigen, zwei Wochen nach der Erklärung beginnenden Zeitraum, der mindestens drei Monate beträgt, abgegeben werden. Damit steht dem Einleiter ein flexibles und vom Jährlichkeitsprinzip gerade unabhängiges Instrumentarium zu Gebote, das ihm kurzfristige Reaktionen innerhalb des Abwasserabgabensystems eröffnet und mithin auch als Anknüpfungspunkt hierauf abgestimmter und von den Fällen des § 9 Abs. 5 AbwAG abweichender Rechtsfolgen dienen kann.

c) Die Entstehungsgeschichte der Regelung des § 9 Abs. 6 AbwAG spricht entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts für die Gewährung von Teilzeitraumermäßigungen.

Das Oberverwaltungsgericht meint, der vom Gesetzgeber mit dieser Vorschrift verfolgte Zweck erschöpfe sich in der Gleichstellung von Heraberklärung und Bescheidwert. Danach werde der Einleiter so gestellt, wie wenn für die von ihm erklärte Zeit bereits ein Bescheid mit niedrigerem Wert vorhanden gewesen wäre. Für diesen Fall bestimme sich die Abgabesatzermäßigung nach den allgemeinen Regeln des § 9 Abs. 5 AbwAG unter Einschluss des Jährlichkeitsprinzips. Diese Sichtweise wird dem Anliegen des Gesetzgebers jedoch nicht gerecht. Vielmehr lässt die Entstehungsgeschichte des § 9 Abs. 6 AbwAG den Willen des Gesetzgebers zu einer Teilzeitraumermäßigung erkennen.

Die Regelung des § 9 Abs. 6 AbwAG geht auf die Stellungnahme des Bundesrates zum Regierungsentwurf der zweiten Novelle zum Abwasserabgabengesetz zurück (BTDrucks 10/5533 S. 20). Der Wirtschaftsausschuss des Bundesrates hatte hierzu zunächst einen weitergehenden Antrag beschlossen, wonach Heraberklärungen - ohne Erfordernis einer späteren Bescheidanpassung - den Fällen des § 9 Abs. 5 AbwAG gleichgestellt werden sollten. Zur Begründung heißt es, eine Ermäßigung müsse "auch in den Fällen möglich sein, in denen der Einleiter für einen kurzen Zeitraum die Einhaltung niedrigerer Werte erklärt" (BRDrucks 112/1/86 S. 18 zu Nr. 21). Daraus wird deutlich, dass eine Ermäßigung gerade für Teilzeiträume ermöglicht werden sollte. Zwar ist nicht dieser Vorschlag Gesetz geworden, sondern - als damaliger § 9 Abs. 7 AbwAG a.F. - die vom Innenausschuss des Bundesrates empfohlene Fassung (BRDrucks 112/1/86 S. 19 zu Nr. 23). Die Begründung, die darauf abstellt, dass die Heraberklärung auf einen Dauerzustand abzielen muss (BTDrucks 10/5533 S. 20), macht aber deutlich, dass der Dissens zwischen den Ausschüssen nicht in der Teilzeitraumfrage, sondern in der Frage der weiteren Wirkung der Heraberklärung bestand. Der Innenausschuss wollte nicht jede kurzzeitige Heraberklärung, sondern nur solche einbeziehen, die den Beginn einer dauerhaften Verbesserung des Abwassers kennzeichnen, was in der späteren behördlichen Bescheidanpassung zum Ausdruck kommen soll. Hierfür ist die über die zeitliche Mindestvoraussetzung des § 4 Abs. 5 AbwAG hinausgehende Dauer der Heraberklärung, insbesondere die Abdeckung des gesamten Kalenderjahres jedoch ohne Bedeutung. Wäre es darum gegangen, trotz der Einbeziehung der typischerweise auf Teilzeiträume gerichteten Heraberklärung eine Ermäßigung nur bei Abdeckung des gesamten Jahres zu gewähren, was nicht nur den Anwendungsbereich stark und auf untypische Fälle beschränkt, sondern auch das Ziel einer Ermäßigung gerade für einen "kurzen Zeitraum" ausgeschlossen hätte, wäre zu erwarten gewesen, dass dies in der Gesetzesbegründung Niederschlag gefunden hätte. Das ist jedoch nicht der Fall.

d) Vor allem Sinn und Zweck der Regelung des § 9 Abs. 6 AbwAG gebieten die Zulässigkeit von Teilzeitraumermäßigungen.

Die vom Oberverwaltungsgericht vertretene enge, Teilzeitraumermäßigungen ausschließende Auslegung des § 9 Abs. 6 AbwAG würde für diese Vorschrift keinen nennenswerten Anwendungsbereich belassen. Das ist mit der Funktion dieser Ermäßigungsregelung innerhalb des Systems des Abwasserabgabengesetzes nicht zu vereinbaren.

Eine enge Auslegung von § 9 Abs. 6 AbwAG ist nicht etwa deswegen geboten, weil es sich - wie insbesondere der Beklagte meint - hierbei um eine Ausnahme- bzw. Privilegierungsregelung handelte. Es ließe sich ohnehin fragen, ob angesichts der zwischenzeitlich erreichten abwasserabgabebedingten Schmutzreduzierung eingeleiteter Abwässer Ermäßigungen nach § 9 Abs. 5 und Abs. 6 AbwAG tatsächlich noch die "Ausnahme" darstellen. Auch wäre zu bedenken, dass die Vorschrift des § 9 Abs. 6 AbwAG wegen des Erfordernisses der anschließenden Bescheidanpassung gerade auf die Herstellung des abwasserabgabenrechtlichen "Regelfalles", nämlich des Bescheidsystems nach § 4 Abs. 1 AbwAG gerichtet ist. Unabhängig hiervon gilt jedenfalls, dass auch die Interpretation von "Ausnahmevorschriften" den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen folgt; auch diese Vorschriften sind, je nach der ihnen innewohnenden Zweckrichtung, einer einschränkenden oder ausdehnenden Auslegung zugänglich. Das hat der Senat gerade im Zusammenhang mit Vorschriften des Abwasserabgabengesetzes betont (BVerwG, Urteil vom 26. November 2003 - BVerwG 9 C 4.03 - BVerwGE 119, 258 >260<).

Eine enge Auslegung von § 9 Abs. 6 AbwAG widerspricht jedenfalls Sinn und Zweck der Regelung. Der Vertreter des Bundesinteresses meint, die Regelung verfolge ebenso wie § 9 Abs. 5 AbwAG , dessen System sie folge, keine gewässerschutzpolitischen Ziele, sondern solle lediglich dazu beitragen, die Abgabenbelastung in einem wirtschaftlich tragbaren Rahmen zu halten. Abgesehen davon, dass diese Sichtweise einer Einbeziehung von Teilzeitraumermäßigungen nicht entgegensteht, beschreibt sie Sinn und Zweck dieser Regelungen nur unvollständig. Zwar war der genannte Gesichtspunkt für die Einführung von § 9 Abs. 5 AbwAG maßgeblich (BTDrucks 7/5183 S. 4). Darin erschöpft sich der Zweck der Regelung jedoch nicht. Denn die Entlastung der Abgabepflichtigen ist nicht Selbstzweck, sondern - wie im Bericht des Innenausschusses des Bundestages, auf dessen Empfehlung die Regelung zurückgeht, ausdrücklich hervorgehoben wird (BTDrucks 7/5183 S. 3) - ihrerseits Teil der Anreizfunktion der Abwasserabgabe, die auf eine Verbesserung der Gewässergüte durch Gewässerschutzinvestitionen hinwirken soll und deren Verstärkung Ziel auch aller späteren Novellen des Abwasserabgabengesetzes gewesen ist (vgl. BTDrucks 10/5533 S. 1, 2 und 8; BTDrucks 11/4942 S. 1 und 6 f. sowie BTDrucks 12/4272 S. 1). Das gilt für § 9 Abs. 6 AbwAG , der - wie dargelegt - die Ermäßigungsregelung ausweiten sollte, gleichermaßen.

Auf dieser Grundlage bedarf es keiner Entscheidung über die von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob eine Auslegung von § 9 Abs. 6 AbwAG , die das Ziel des Gewässerschutzes ausblendet, noch mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben an eine Sonderabgabe (vgl. insbesondere BVerfGE 82, 159 >179 ff.<; 91, 186 >201<; 101, 141 >148<) vereinbar wäre. Gleiches gilt im Übrigen auch für die verfassungsrechtlichen Bedenken der Klägerin gegen die Zulässigkeit der Abwasserabgabe insgesamt im Hinblick auf die mittlerweile nach ihrer Auffassung erreichte Gewässergüte, weil ihnen, wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung selbst eingeräumt hat, für das hier in Rede stehende Veranlagungsjahr 1994 jedenfalls keine Bedeutung zukommt.

Zu der mithin auch für die Auslegung des § 9 Abs. 6 AbwAG maßgeblichen Anreizfunktion, die wie im Fall des § 9 Abs. 5 AbwAG darauf gerichtet ist, durch eine erhebliche Ermäßigung des Abgabesatzes den Abwassereinleiter zu weitergehenden Reinigungsmaßnahmen zu veranlassen (vgl. BTDrucks 7/5183 S. 3; 10/5533 S. 14; 11/4942 S. 9 f.), kann die Regelung aber nicht beitragen, wenn sie auf Fälle beschränkt wird, in denen das gesamte Veranlagungsjahr mit Heraberklärungen nach § 4 Abs. 5 AbwAG abgedeckt ist. Denn damit wäre ein Großteil der Heraberklärungsfälle aus dem Anwendungsbereich des § 9 Abs. 6 AbwAG ausgeschlossen, weil Erklärungen nach § 4 Abs. 5 AbwAG typischerweise als kurzfristige Reaktion auf veränderte Umstände (etwa Modernisierungsmaßnahmen an der Kläranlage) abgegeben werden, die nicht gerade zum Jahresanfang, sondern vielmehr über das Jahr verteilt auftreten.

Zum einen ist ein nennenswerter Regelungsbedarf für den dann verbleibenden schmalen Anwendungsbereich des § 9 Abs. 6 AbwAG nicht erkennbar. Denn wenn ohnehin das gesamte Veranlagungsjahr mit Heraberklärungen "abzudecken" ist, könnte der Abgabenschuldner in den Genuss der Abgabesatzermäßigung auch dadurch gelangen, dass er eine den Anforderungen des § 9 Abs. 5 AbwAG entsprechende Anpassung des wasserrechtlichen Bescheides erwirkt. Zwar würde der Abgabeschuldner in diesem Fall dem Sanktionssystem des § 4 Abs. 4 AbwAG unterliegen, das bei einer bloßen Heraberklärung bis zur Bescheidanpassung keine Anwendung findet (vgl. § 4 Abs. 5 Satz 6 AbwAG ). Ein der "Experimentierfunktion" einer Heraberklärung ähnlicher Effekt könnte auch dadurch erreicht werden, dass eine Bescheidanpassung - im Einverständnis des Abgabenschuldners - rückwirkend zum Beginn des laufenden Veranlagungsjahres und somit sogar flexibler als nach § 4 Abs. 5 Satz 3 AbwAG erfolgt, nachdem sich die Einhaltung niedrigerer Werte als realistisch erwiesen hat.

Zum anderen würde mit der vom Oberverwaltungsgericht vertretenen engen Auslegung des § 9 Abs. 6 AbwAG der mit dieser Vorschrift verbundene Regelmechanismus weitgehend leer laufen. Denn die Vorschrift gewährt eine Ermäßigung für Heraberklärungszeiträume nur unter der Voraussetzung einer anschließenden Bescheidanpassung, die bewirkt, dass die für den Einleiter zunächst ausschließlich vorteilhafte Heraberklärung nach § 4 Abs. 5 AbwAG in das bescheidgesteuerte Sanktionssystem des § 4 Abs. 4 AbwAG überführt wird. Wie der Senat bereits entschieden hat, reicht es hierfür nicht aus, dass die Bescheidanpassung zu einem beliebigen späteren Zeitraum stattfindet. Vielmehr muss sie spätestens zu Beginn des neuen Veranlagungszeitraums erfolgen; es obliegt dem Abgabenschuldner, sich um die Bescheidanpassung zu diesem Zeitpunkt zu bemühen (BVerwG, Beschluss vom 26. Januar 2005 - BVerwG 9 B 49.04 - juris). § 9 Abs. 6 AbwAG ist mithin auf einen möglichst frühzeitigen Vollzug der Bescheidanpassung gerichtet. Dieser Effekt würde bei der Versagung von Teilzeitraumermäßigungen jedoch verfehlt. Denn in diesem Fall besteht für den Einleiter, der erst während des laufenden Veranlagungsjahres eine Heraberklärung nach § 4 Abs. 5 AbwAG abgeben kann, kein Anreiz und deswegen kein Anlass, sich um eine Bescheidanpassung zum 1. Januar des Folgejahres zu bemühen. Vielmehr ist es für ihn vorteilhafter, auch das Folgejahr mit Heraberklärungen abzudecken und hierfür die - auch bei enger Auslegung jedenfalls zu gewährende - Ermäßigung nach § 9 Abs. 6 AbwAG zu erhalten, ohne bereits dem Sanktionssystem des § 4 Abs. 4 AbwAG ausgesetzt zu sein (vgl. § 4 Abs. 5 Satz 6 AbwAG ). Eine Bescheidanpassung wird er deswegen erst nach Ablauf des Folgejahres erwirken. Sie würde, sofern die wasserrechtliche Erlaubnis nicht - wie in der Praxis nach den Darlegungen des Beklagten kaum wahrscheinlich - schon zum 1. Januar des Folgejahres von Amts wegen angepasst wird, mithin um ein Jahr hinausgeschoben.

Dieses Ergebnis kann nicht mit dem Hinweis darauf gerechtfertigt werden, die Anreizfunktion der Abwasserabgabe habe im Falle des § 9 Abs. 6 AbwAG hinter verwaltungsökonomische Erfordernisse zurückzutreten. Zwar ließ sich der Gesetzgeber bei den Novellierungen des Abwasserabgabengesetzes auch vom Ziel der Verringerung des Verwaltungsaufwandes leiten (vgl. etwa BTDrucks 10/5533 S. 1, 2 und 8, BTDrucks 11/4942 S. 1, 6, 7 und 9 f.). Es ist aber schon nicht erkennbar, dass die Gewährung von Teilzeitraumermäßigungen, bei der auf der Basis feststehender Daten ein einfacher zusätzlicher Rechenschritt vorzunehmen ist, einen nennenswerten Verwaltungsaufwand verursachen könnte. Jedenfalls kann dem Gesichtspunkt der Verwaltungsökonomie nur eine die Anreiz- und Lenkungsfunktion des Abwasserabgabengesetzes ergänzende, nicht aber - wie bei enger Auslegung von § 9 Abs. 6 AbwAG - eine sie verdrängende Bedeutung zukommen.

e) Die Gewährung von Teilzeitraumermäßigungen im Rahmen von § 9 Abs. 6 AbwAG führt auch nicht zu sachwidrigen Ergebnissen.

Das Oberverwaltungsgericht meint, die Gewährung von Teilzeitraumermäßigungen hinge letztlich von Zufälligkeiten, nämlich vom Datum des Wirksamwerdens des wasserrechtlichen Änderungsbescheides ab, weil die Behörde die Anpassung rückwirkend herbeiführen und die Ermäßigung hierdurch ganz oder teilweise ausschließen könnte. Abgesehen davon, dass dieser Einwand - träfe er zu - auch im Fall ganzjähriger Heraberklärungen gelten müsste, ist er in der Sache jedenfalls nicht gerechtfertigt. Denn wie dargelegt, steht die Wahl des Zeitpunktes für die Anpassung der wasserrechtlichen Erlaubnis im Ermessen der Behörde. Das schließt von Zufälligkeiten abhängende und mithin willkürliche Entscheidungen von vornherein aus. Vielmehr wird von einer ermessensfehlerfreien, den Interessen des Einleiters an der Erlangung einer Ermäßigung nach § 9 Abs. 6 AbwAG hinreichend Rechnung tragenden Anpassungsentscheidung grundsätzlich nur auszugehen sein, wenn als Anpassungszeitpunkt der Beginn des nächsten Kalenderjahres gewählt wird, sofern nicht der Abgabenschuldner einem anderen Zeitpunkt zustimmt.

Die Gewährung von Teilzeitraumermäßigungen eröffnet auch nicht die Gefahr der Umgehung der Regelung des § 9 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 AbwAG , wonach die wasserrechtlichen Anforderungen der allgemeinen Verwaltungsvorschriften nach § 7 a Abs. 1 WHG im Veranlagungszeitraum eingehalten werden müssen. Der Vertreter des Bundesinteresses meint, da bereits eine einmalige Überschreitung der entsprechenden Werte eine Ermäßigung im Veranlagungsjahr ausschließe, dürfe ein Einleiter nicht in einem solchen Fall dennoch zumindest eine Teilzeitraumermäßigung dadurch erlangen können, dass er für den Rest des Jahres einen niedrigeren Wert erklärt und diesen auch einhält; deswegen sei die Möglichkeit von Teilzeitraumermäßigungen auszuschließen. Das überzeugt jedoch nicht. Im Hinblick auf die - auch einzuhaltenden - Anforderungen an eine wirksame Heraberklärung nach § 4 Abs. 5 AbwAG , insbesondere darauf, dass die erklärte Abweichung mindestens 20 v.H. betragen muss, ist eine realistische Umgehungsgefahr nicht erkennbar. Gelingt dagegen - etwa aufgrund einer zwischenzeitlich erfolgten Verbesserung der Reinigungsleistung - die Einhaltung eines heraberklärten Wertes für das restliche Jahr, ist bei anschließender Bescheidanpassung nach dem oben zur Entstehungsgeschichte und zu Sinn und Zweck von § 9 Abs. 6 AbwAG Gesagten nicht einzusehen, warum dem Einleiter eine Ermäßigung für diesen Zeitraum versagt werden sollte. Die Nichteinhaltung der wasserrechtlichen Vorgaben des § 7 a Abs. 1 WHG vor Beginn des Heraberklärungszeitraums stünde der Teilzeitraumermäßigung jedenfalls nicht entgegen. Denn ihre (tatsächliche) Einhaltung gemäß § 9 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 AbwAG ist während des Heraberklärungszeitraums, nicht jedoch auch im vorhergehenden restlichen Zeitraum des Veranlagungsjahres erforderlich. Ein "Wohlverhalten" des Einleiters in diesem Zeitraum ist weder notwendig, um die Teilzeitraumermäßigung zu erlangen noch - wie die Klägerin zu meinen scheint - hinreichend, um nicht nur für den Heraberklärungszeitraum, sondern für das gesamte Kalenderjahr eine Ermäßigung nach § 9 Abs. 5 AbwAG zu erlangen. Denn das System des Abwasserabgabengesetzes knüpft nicht an rein tatsächliches Verhalten an; maßgeblich sind vielmehr der wasserrechtliche Bescheid bzw. die an seine Stelle tretenden Ersatzlösungen nach §§ 4 und 6 AbwAG , weil nur sie Grundlage der Abgabenfestsetzung sind, von der wiederum die vom Gesetzgeber erstrebte Anreiz- und Lenkungswirkung der Abwasserabgabe ausgeht. Deswegen kann es auch bei der Erlangung von Ermäßigungen nach § 9 Abs. 6 AbwAG auf zeitlich über das der Heraberklärung entsprechende Verhalten hinausgehende tatsächliche Anforderungen, auch wenn ihre Einhaltung dem Gewässerschutz förderlich sein mag, nicht ankommen.

2. Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig. Wie der Beklagte nicht infrage stellt, sind die weiteren Voraussetzungen für die begehrte Ermäßigung nach § 9 Abs. 6 und Abs. 5 AbwAG erfüllt. Dass es der Klägerin möglich gewesen wäre, gegen den wasserrechtlichen Änderungsbescheid vom 27. Mai 1994 Rechtsmittel mit dem Ziel der Festsetzung eines niedrigeren CSB-Überwachungswertes einzulegen, steht der Beantragung und Gewährung der unabhängig hiervon eröffneten Möglichkeit der Teilzeitraumermäßigung nach § 9 Abs. 6 AbwAG jedenfalls nicht entgegen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 2 VwGO .

[B e s c h l u s s

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 238 847,45 EUR (entspricht 467 145 DM) festgesetzt (§ 13 Abs. 2 GKG a.F., § 72 Nr. 1 GKG n.F.).]

Vorinstanz: OVG Nordrhein-Westfalen, vom 14.10.2003 - Vorinstanzaktenzeichen 9 A 1408/01
Vorinstanz: VG Münster, vom 16.02.2001 - Vorinstanzaktenzeichen 7 K 636/97
Fundstellen
BVerwGE 123, 132
DÖV 2005, 828
NVwZ 2005, 1067
NuR 2005, 535
UPR 2005, 345
ZUR 2005, 378