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BVerfG - Entscheidung vom 22.09.2005

2 BvR 1345/05

Normen:
BVerfGG § 92 § 23 Abs. 1

BVerfG, Beschluß vom 22.09.2005 - Aktenzeichen 2 BvR 1345/05

DRsp Nr. 2005/20925

Anforderungen an die Begründung der Verfassungsbeschwerde gegen eine strafrechtliche Verurteilung

Wird der Schuldspruch in einem Strafverfahren beanstandet, so ist die Entscheidung des Strafgerichts vorzulegen oder deren wesentlicher Inhalt mitzuteilen. Andernfalls ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig.

Normenkette:

BVerfGG § 92 § 23 Abs. 1 ;

Gründe:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Ein Annahmegrund gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG liegt nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig.

1. Soweit der Beschwerdeführer den Schuldspruch wegen Körperverletzung beanstandet, genügt das Vorbringen nicht den Begründungsanforderungen der §§ 23 Abs. 1 Satz 2, 92 BVerfGG . Danach hat der Beschwerdeführer den die angebliche Verletzung enthaltenden Vorgang substantiiert darzulegen (vgl. BVerfGE 9, 109 [114 f.]; 81, 208 [214]). Der Beschwerdeführer hat es hier versäumt, die Entscheidung des Landgerichts vorzulegen oder deren wesentlichen Inhalt mitzuteilen. Der angegriffene Beschluss gibt die Feststellungen des Landgerichts nur auszugsweise wieder. Die in der Begründung des angegriffenen Beschlusses enthaltene Zusammenfassung des festgestellten Geschehens legt nahe, dass das Oberlandesgericht seine Entscheidung auch auf der Grundlage der - nicht mitgeteilten - Feststellungen zu Vorgeschehen und Folgeereignissen der Tat getroffen hat. Ebenso wenig ist auszuschließen, dass in den Ausführungen zur Beweiswürdigung und rechtlichen Würdigung weitere Umstände enthalten sind, welche den im Urteil festgestellten Sachverhalt ergänzen. Zudem ist nach dem Vorbringen in der Verfassungsbeschwerde nicht erkennbar, aufgrund welcher Erwägungen das Landgericht eine erhebliche Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens verneint hatte. Dass das Oberlandesgericht selbst die den Schuldspruch tragenden Feststellungen aufgrund einer eigenen Würdigung des Beweisergebnisses der Vorinstanz getroffen hätte (vgl. Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Mai 1991 - 2 BvR 1380/90 -, NStZ 1991, S. 499 [500] mit Anmerkung Foth, NStZ 1992, S. 444 ), ist hier angesichts der mitgeteilten Verletzungsfolgen und -handlungen auch nicht offensichtlich. Ob sich das Oberlandesgericht eine allein dem Tatrichter obliegende Entscheidung angemaßt hat oder nur die - von den Fachgerichten in Ausnahmefällen teilweise für zulässig gehaltene (vgl. BGHSt 36, 277 [282 f.]; BGH, NJW 2002, S. 3415 [3417]; dagegen BGHSt 48, 77 [99]; OLG Koblenz, NStZ-RR 1998, S. 364 [365]) - Behebung eines Subsumtionsfehlers vorliegt, kann das Bundesverfassungsgericht ohne vollständige Kenntnis der Feststellungen in der Ausgangsentscheidung nicht hinreichend beurteilen. Damit kann es nicht prüfen, ob der angegriffenen Entscheidung Willkür zugrunde liegt und deshalb eine Verletzung der Grundrechte aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG und Art. 3 Abs. 1 GG gegeben ist.

2. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen die Annahme einer versuchten Nötigung anstatt einer Bedrohung richtet, hat der Beschwerdeführer den Grundsatz der Subsidiarität nicht beachtet. Danach sind über die Erschöpfung des Rechtswegs im engeren Sinne hinaus alle zumutbaren prozessualen Möglichkeiten zu ergreifen, um eine Grundrechtsverletzung abzuwenden (vgl. BVerfGE 68, 384 [389]). Macht der Beschwerdeführer eine Gehörsverletzung geltend, zählt hierzu auch der Rechtsbehelf des § 356 a StPO (vgl. BVerfGE 33, 192 [194 f.]; 42, 172 [174] zu § 33 a StPO a.F.), dessen sich der Beschwerdeführer hier nicht bedient hat.

Außerdem genügt die Verfassungsbeschwerde insoweit nicht den Begründungsanforderungen der §§ 23 Abs. 1 Satz 2, 92 BVerfGG . Denn der Beschwerdeführer hat es versäumt, die Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft vorzulegen. Diese ist hier zum Verständnis der angegriffenen Entscheidung und zur Prüfung der behaupteten Grundrechtsverletzung unerlässlich, weil die Generalstaatsanwaltschaft auf das Vorliegen einer versuchten Nötigung anstatt einer Bedrohung hingewiesen, der Beschwerdeführer nach Zustellung des Antrags Gelegenheit zur Gegenerklärung gehabt und sich das Oberlandesgericht den Ausführungen der Staatsanwaltschaft ausdrücklich angeschlossen hatte.

Schließlich hat der Beschwerdeführer nicht dargelegt, was er bei ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs nach Erteilung des begehrten Hinweises vorgetragen hätte (vgl. BVerfGE 28, 17 [20]; 82, 236 [256 ff.]). Wegen des Fehlens entsprechender Ausführungen kann das Bundesverfassungsgericht nicht prüfen, ob die angegriffene Entscheidung auf dem behaupteten Verfassungsverstoß beruht.

Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG ).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Vorinstanz: OLG Celle, vom 11.07.2005 - Vorinstanzaktenzeichen 21 Ss 56/05