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BSG - Entscheidung vom 12.10.2005

B 6 KA 47/04 B

Normen:
GKG § 42 Abs. 3 § 40 § 47 Abs. 3 § 52 Abs. 1 § 63 Abs. 2 S. 1 § 72 Nr. 1 Halbs. 2
SGG § 197a Abs. 1 S. 1 Halbs. 1

BSG, Beschluß vom 12.10.2005 - Aktenzeichen B 6 KA 47/04 B

DRsp Nr. 2006/675

Festsetzung des Streitwerts in vertragsärztlichen Zulassungsangelegenheiten

1. Der Streitwert ist in Zulassungsangelegenheiten, die nach dem 1.1.2002 in erster Instanz anhängig geworden sind und auf die gemäß § 197a SGG das neue GKG anzuwenden ist, in der Regel in Höhe des Umsatzes anzusetzen, den der Arzt bei erlangter Zulassung innerhalb der nächsten Zeit aus vertragsärztlicher Tätigkeit erzielen könnte, abzüglich des Praxiskostenanteils. Dabei ist in Anlehnung an § 42 Abs. 3 GKG pauschal ein Drei-Jahres-Zeitraum zu Grunde zu legen, falls es nicht konkrete Gesichtspunkte für die Zugrundelegung eines kürzeren Zeitraums gibt. 2. Für Nichtzulassungsbeschwerden gilt dieselbe Wertberechnung wie für Revisionsverfahren. 3. In dem Regelfall einer Klage auf Zulassung ist für die Umsätze auf die Beträge abzustellen, die im Gesamtbundesdurchschnitt für die Arztgruppe ausgewiesen sind, welcher der Arzt angehört. Sofern Daten des jeweiligen KÄV-Bezirks vorliegen, in welchem der betroffene Vertragsarzt tätig war bzw tätig werden möchte, können auch diese Umsätze zu Grunde gelegt werden. 4. Wenn die Entziehung noch nicht vollzogen worden ist, stehen im Fall einer Zulassungsentziehung konkrete Umsätze des Vertragsarztes zur Verfügung, die sich als Grundlage für die Streitwertfestsetzung eignen. Es kann in Betracht kommen, den durchschnittlichen Umsatz der Arztgruppe zu schätzen oder auf den Durchschnitt der Umsätze aller Arztgruppen abzustellen, wenn nicht auf individuelle Umsätze zurückgegriffen werden kann und eine Arztgruppe betroffen ist, für die keine Daten des Gruppendurchschnitts vorliegen. 5. Zur Ermittlung der Praxiskostenanteile ist pauschalierend auf die Kostenquote abzustellen, die im Gesamtbundesdurchschnitt für die Arztgruppe ausgewiesen ist, welcher der betroffene Arzt angehört. 6. Es ist auf die zeitnächsten verfügbaren Daten zurückzugreifen, soweit die Werte des Jahres, in dem die Revision bzw die Revisions-Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt worden ist, noch nicht ermittelt worden oder jedenfalls noch nicht bekannt sind. Es kann es in Betracht kommen, entweder auf die durchschnittliche Kostenquote aller Arztgruppen oder auf einen pauschal gegriffenen Kostensatz von zB 50% abzustellen, wenn eine Arztgruppe betroffen ist, für die keine Daten vorliegen. [Nicht amtlich veröffentlichte Entscheidung]

Normenkette:

GKG § 42 Abs. 3 § 40 § 47 Abs. 3 § 52 Abs. 1 § 63 Abs. 2 S. 1 § 72 Nr. 1 Halbs. 2 ; SGG § 197a Abs. 1 S. 1 Halbs. 1 ;

Gründe:

Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 Sozialgerichtsgesetz ( SGG ) iVm § 72 Nr 1 Halbsatz 2, § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 , § 47 , § 40 Gerichtskostengesetz ( GKG ). Der Senat hat im Beschluss vom 1. September 2005 ( B 6 KA 41/04 R - zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen) im Einzelnen ausgeführt, dass in Zulassungsangelegenheiten, die nach dem 1. Januar 2002 in erster Instanz anhängig geworden sind und auf die mithin gemäß § 197a SGG das neue GKG anzuwenden ist, der Streitwert in der Regel in Höhe des Umsatzes anzusetzen ist, den der Arzt bei erlangter Zulassung innerhalb der nächsten Zeit aus vertragsärztlicher Tätigkeit erzielen könnte, abzüglich des Praxiskostenanteils. Dabei ist in Anlehnung an § 42 Abs 3 GKG - falls es nicht konkrete Gesichtspunkte für die Zugrundelegung eines kürzeren Zeitraums gibt - pauschal ein Drei-Jahres-Zeitraum zu Grunde zu legen (Beschlüsse vom 1. September 2005 aaO und vom 26. September 2005 - B 6 KA 69/04 B -; abweichend früher: Fünf-Jahres-Zeitraum, vgl zB BSG SozR 1930 § 8 Nr 2 S 3 f; BSG MedR 1998, 186). Für Revisions-Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren gilt gemäß § 47 Abs 3 GKG dieselbe Wertberechnung wie für Revisionsverfahren.

Für die Umsätze ist in dem Regelfall einer Klage auf Zulassung - da insoweit keine individuellen Umsätze des Vertragsarztes vorliegen, die herangezogen werden könnten - auf die Beträge abzustellen, die im Gesamtbundesdurchschnitt (bzw für Regionen in den neuen Bundesländern im Durchschnitt dieser Länder) für die Arztgruppe ausgewiesen sind, welcher der Arzt angehört (s dazu Kassenärztliche Bundesvereinigung - KÄBV - >Hrsg<, Grunddaten zur vertragsärztlichen Versorgung in Deutschland, zu recherchieren über www.kbv.de; vgl Wenner/Bernard, NZS 2001, 57, 58 f; s zB BSG, Beschluss vom 28. Januar 2000 - B 6 KA 22/99 R - juris; ebenso BSG, Beschluss vom 21. Mai 2003 - B 6 KA 53/02 R - zu einer Klage der Kassenärztlichen Vereinigung >KÄV< gegen die Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung). Sofern Daten des jeweiligen KÄV-Bezirks vorliegen, in welchem der betroffene Vertragsarzt tätig war bzw tätig werden möchte, können auch diese Umsätze zu Grunde gelegt werden (so zB BSG, Beschluss vom 1. September 2005 aaO; ebenso zB Beschluss vom 17. Juni 2003 - B 6 KA 33/02 B - juris - zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung). Im Fall einer Zulassungsentziehung stehen jedenfalls dann, wenn die Entziehung noch nicht vollzogen worden ist, konkrete Umsätze des Vertragsarztes zur Verfügung, die sich als Grundlage für die Streitwertfestsetzung eignen (vgl Wenner/Bernard aaO S 59 f und dieselben, NZS 2003, 568, 571, jeweils mit Rspr-Angaben; s zB BSG, Beschluss vom 7. April 2000 - B 6 KA 61/99 B - juris - zur Entziehung einer vertragszahnärztlichen Zulassung). Soweit nicht auf individuelle Umsätze zurückgegriffen werden kann und eine Arztgruppe betroffen ist, für die keine Daten des Gruppendurchschnitts vorliegen, kann es in Betracht kommen, den durchschnittlichen Umsatz der Arztgruppe zu schätzen oder auf den Durchschnitt der Umsätze aller Arztgruppen abzustellen.

Vom Zeitpunkt her sind nunmehr - gemäß dem seit 1. Juli 2004 geltenden § 40 GKG - die Verhältnisse desjenigen Jahres zu Grunde zu legen, in dem der jeweilige Rechtszug eingeleitet worden ist (so auch BSG, Beschluss vom 26. September 2005 - B 6 KA 69/04 B -). Soweit die Werte dieses Jahres noch nicht ermittelt worden oder jedenfalls noch nicht bekannt sind, ist auf die zeitnächsten verfügbaren Daten zurückzugreifen (s BSG aaO mit Bezugnahme auf die Daten der KÄBV).

Für die Praxiskostenanteile stellt der Senat pauschalierend auf die Kostenquote ab, die im Gesamtbundesdurchschnitt (bzw für Regionen in den neuen Bundesländern im Durchschnitt dieser Länder) für die Arztgruppe ausgewiesen ist, welcher der betroffene Arzt angehört (s dazu KÄBV >Hrsg<, Grunddaten zur vertragsärztlichen Versorgung in Deutschland aaO; Wenner/Bernard, NZS 2001, 57, 59 Fn 11). Soweit die Werte des Jahres, in dem die Revision bzw die Revisions-Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt worden ist, noch nicht ermittelt worden oder jedenfalls noch nicht bekannt sind, ist auf die zeitnächsten verfügbaren Daten zurückzugreifen (so zB BSG, Beschluss vom 26. September aaO). Ist eine Arztgruppe betroffen, für die keine Daten vorliegen, so kann es in Betracht kommen, entweder auf die durchschnittliche Kostenquote aller Arztgruppen oder auf einen pauschal gegriffenen Kostensatz von zB 50 % abzustellen (zu letzterem s den Hinweis auf die frühere Rspr in BSG, MedR 1998, 186, 187; zur durchschnittlichen Kostenquote s BSG, Beschluss vom 11. Dezember 1998 - 6 RKa 52/97 - juris).

Nach diesen Grundsätzen ist für die vom Kläger angestrebte vertragsärztliche Tätigkeit als Facharzt für Innere Medizin ein durchschnittlicher Umsatz von jährlich ca 239.600 EUR und ein Praxiskostenanteil von 59,5 % anzusetzen (zu diesen Beträgen siehe KÄBV >Hrsg<, Grunddaten zur vertragsärztlichen Versorgung in Deutschland, 2003, Tabellen III.4 und III.6). Daraus ergibt sich ein Einnahmen-Ausgaben-Überschuss von gerundet 97.038 EUR für ein Jahr und für drei Jahre ein Betrag von 291.114 EUR. Im Hinblick auf die gebotene pauschalierende Bestimmung von Streitwerten ist eine Reduzierung weder unter dem Gesichtspunkt veranlasst, dass eine neue Praxis in ihrer Anlaufphase möglicherweise noch nicht solche Umsätze erreichen wird, noch im Hinblick darauf, dass der Kläger nur eine - auf ein engeres Tätigkeitsspektrum begrenzte - Sonderbedarfszulassung begehrt.

Eine Reduzierung kann auch nicht damit begründet werden, die Revisions-Nichtzulassungsbeschwerde habe nur eine Neubescheidungsverpflichtung betroffen. Bei dieser ist nach dem Kontext des Berufungsurteils ein Gesichtspunkt, der doch noch zur Versagung der Sonderbedarfszulassung hätte berechtigen können, kaum vorstellbar gewesen.

Vorinstanz: Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen - L 10 KA 41/03 - 03.03.2004,
Vorinstanz: SG Aachen - S 7 KA 6/02 - 24.07.200,