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BSG - Entscheidung vom 26.08.2005

B 9a V 23/05 B

Normen:
SGG § 124 Abs. 2

BSG, Beschluß vom 26.08.2005 - Aktenzeichen B 9a V 23/05 B

DRsp Nr. 2006/2204

Einverständnisses zur Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung im sozialgerichtlichen Verfahren

Eine wesentliche Änderung der Sach-, Beweis- und Rechtslage hat zur Folge, dass die Einverständniserklärung mit der Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG verbraucht ist. Eine nachträgliche Beiziehung von Akten bedingt jedenfalls dann keine entsprechende Änderung, wenn diese Akten den Beteiligten bereits als Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens bekannt sind. [Nicht amtlich veröffentlichte Entscheidung]

Normenkette:

SGG § 124 Abs. 2 ;

Gründe:

Die Klägerin hat gegen die Nichtzulassung der Revision in dem vorstehend bezeichneten, ihr am 30. März 2005 zugestellten Urteil des Hessischen Landessozialgerichts (LSG) persönlich Beschwerde eingelegt und zugleich Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt.

Dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe kann nicht entsprochen werden. Der Senat hat die beigezogenen Verfahrensakten geprüft und ist danach sowie unter Berücksichtigung des Vortrags der Klägerin im vorliegenden Verfahren zu dem Ergebnis gekommen, dass eine weitere Rechtsverfolgung durch die Klägerin keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 73 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz >SGG< iVm § 114 Zivilprozessordnung ).

Die Revision darf gemäß § 160 Abs 2 SGG nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG), des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Von diesen Zulassungsgründen liegt hier keiner vor.

Weder wird durch das vorliegende Verfahren eine klärungsbedürftige Rechtsfrage von allgemeiner Bedeutung aufgeworfen, noch finden sich Hinweise auf eine mögliche Abweichung des LSG von einer Entscheidung eines der in § 160 Abs 2 Nr 2 SGG genannten Gerichte des Bundes. Schließlich ergeben sich auch keine Anhaltspunkte für einen möglichen Verfahrensmangel.

Die Beweiswürdigung bzw die Rechtsanwendung des LSG im konkreten Einzelfall betreffende Rügen können von vornherein nicht zur Revisionszulassung führen (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7). Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel auf eine Verletzung von § 103 SGG (richterliche Pflicht zur Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Zwar hat sich die Klägerin in ihrer Berufungsschrift bereit erklärt, "den ganzen Sachverhalt und Beweise vorzulegen", im weiteren Verfahren hat sie jedoch weder ihren Sachvortrag ergänzt noch Beweismittel eingereicht oder Beweisanträge gestellt.

Soweit die Klägerin rügt, ihr Recht auf Anhörung vor Gericht sei überhaupt nicht berücksichtigt worden, kann ihr nicht gefolgt werden. Bevor das LSG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs 2 SGG entschieden hat, ist die Klägerin durch Berichterstatterschreiben vom 8. November 2004 (Blatt 29 SG -Akte) um ihr Einverständnis gebeten worden, das sie mit Schreiben vom 17. November 2004 (Blatt 30 SG -Akte) uneingeschränkt erklärt hat. Diese Erklärung ist auch nicht durch eine wesentliche Veränderung der Prozesslage verbraucht worden. Zwar sind die Witwen- und Beschädigtenakten des Beklagten dem Berufungssenat erst nach der Erklärung zugegangen. Die nachträgliche Beiziehung von Akten bedingt aber jedenfalls dann keine (wesentliche) Änderung der Sach-, Beweis- und Rechtslage (vgl BSG, Urteil vom 11. November 2003 - B 2 U 32/02 R -, NZS 2004, 660 ; BSG SozR 3-1500 § 124 Nr 4; BVerwG NJW 1969, 252), wenn diese Akten - wie hier - den Beteiligten bereits als Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens bekannt sind.

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Ein derartiges Rechtsmittel kann wirksam nur durch zugelassene Prozessbevollmächtigte eingelegt werden (§ 166 Abs 1 SGG ). Die von der Klägerin persönlich angebrachte Beschwerde entspricht also nicht der gesetzlichen Form und ist daher ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 iVm § 169 SGG ).

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG .

Vorinstanz: Hessisches Landessozialgericht - L 4 V 35/04 - 16.03.2005,
Vorinstanz: SG Gießen, vom 17.08.2004 - Vorinstanzaktenzeichen S 22 V 2428/03