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BSG - Entscheidung vom 16.02.2005

B 11a/11 AL 275/04 B

Normen:
SGB III § 135 Nr. 4 Halbs. 2

BSG, Beschluß vom 16.02.2005 - Aktenzeichen B 11a/11 AL 275/04 B

DRsp Nr. 2005/5277

Bemessung des Arbeitslosengeldes

Nach der Neuregelung des § 135 Nr. 4 Halbs. 2 SGB III idF vom 21.7.1999 soll in Fällen, in denen es für den Betroffenen ungünstiger wäre, der Bemessung des Arbeitslosengeldes das Entgelt zu Grunde zu legen, das der Sozialleistung zu Grunde lag, zur Vermeidung leistungsrechtlicher Nachteile für die Betroffenen das höhere - der Beitragsberechnung zu Grunde liegende - Entgelt auch für die Leistungsbemessung maßgeblich sein. [Nicht amtlich veröffentlichte Entscheidung]

Normenkette:

SGB III § 135 Nr. 4 Halbs. 2 ;

Gründe:

I

Der Kläger wendet sich gegen ein Urteil des Landessozialgerichts (LSG) vom 16. Juli 2004, das auf die Berufung der Beklagten die erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben und die Klage abgewiesen hat. Die Rechtsauffassung des LSG, wonach der Bescheid der Beklagten vom 20. September 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. November 2002 rechtmäßig sei, sei unzutreffend. Entgegen der Rechtsauffassung des LSG habe es sich bei dem ursprünglichen Bewilligungsbescheid vom 16. April 2002 nicht iS des § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch ( SGB X ) um einen rechtswidrigen Bescheid gehandelt und sei die für die Berechnung seines Arbeitslosengeldes (Alg) maßgebliche Vorschrift des § 135 Nr 4 Drittes Buch Sozialgesetzbuch ( SGB III ) so zu verstehen, wie das erstinstanzliche Gericht die Vorschrift interpretiert habe. Aber selbst wenn der Bewilligungsbescheid vom 16. April 2002, was ausdrücklich bestritten werde, rechtswidrig gewesen sein sollte, sei die Rechtsauffassung des LSG falsch, wonach er sich auch nicht auf einen Vertrauensschutz gemäß § 45 Abs 2 Satz 2 SGB X berufen könne. Das LSG habe insoweit auf einen möglichen Ermessensfehlgebrauch der Beklagten näher eingehen müssen.

Insgesamt werfe der Rechtsstreit daher eine Reihe (insgesamt sieben) grundsätzlich bedeutsame Rechtsfragen auf, die klärungsbedürftig und klärungsfähig seien.

II

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, denn die als Zulassungsgrund geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz ( SGG ) gebotenen Weise dargelegt.

Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache lässt sich nur darlegen, indem die Beschwerdebegründung ausführt, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 60 und 65; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16 mwN - stRspr; BVerwG NJW 1999, 304 ; vgl auch: BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 7). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne weiteres zu beantworten ist und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtslage im Allgemeininteresse vornehmen soll (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

In der Beschwerdebegründung sind zwar eine Reihe von Fragen aufgeführt. Es fehlt jedoch an der erforderlichen Darlegung, inwieweit zumindest eine dieser Fragen bei Zulassung der Revision notwendigerweise vom Revisionsgericht zu entscheiden ist (Klärungsfähigkeit). Dies ist kaum möglich, ohne dass in der Beschwerdebegründung zunächst der Streitgegenstand klar dargestellt und der der Entscheidung des LSG zu Grunde liegende Sachverhalt aus sich heraus verständlich nachgezeichnet wird. Daran fehlt es hier von vornherein. Stattdessen beschränkt sich die Beschwerdebegründung im Wesentlichen darauf, einzelne Ausführungen des LSG zu beanstanden, ohne dass sich deren Zusammenhang erschließt. Schon aus diesem Grund wird nicht deutlich, inwieweit sich der Vortrag auf den Gegenstand des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens bezieht, das allein die Nebenentscheidung über die Nichtzulassung der Revision, nicht aber die Richtigkeit der Entscheidung des LSG in der Hauptsache zum Inhalt hat.

Selbst wenn man der Beschwerdebegründung als zentrale Frage die Rechtsfrage entnimmt, wie die in § 135 Nr 4 Halbsatz 2 SGB III enthaltene Formulierung "mindestens" auszulegen ist, genügt deshalb das Vorbringen gleichwohl mangels hinreichender Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit nicht den Anforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG . Abgesehen davon, dass die Beschwerdebegründung schon die (erforderliche) Darstellung und Auseinandersetzung mit dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung vermissen lässt, beschränkt sie sich auf die Behauptung, die aufgeworfene Rechtsfrage sei (ebenso wie die anderen Fragen) im vorliegenden Rechtsstreit klärungsfähig und auch klärungsbedürftig; sie sei, soweit ersichtlich, bisher höchstrichterlich nicht entschieden. Die vom LSG herangezogene Rechtsprechung des BSG im Urteil vom 29. September 1997 ( 8 RKn 5/97 - BSGE 81, 119 = SozR 3-2600 § 166 Nr 1) betreffe eine andere Fallkonstellation, nämlich das Verhältnis zwischen Arbeitslosenversicherung und Rentenversicherung, während es vorliegend um das Verhältnis Arbeitslosenversicherung und Krankenversicherung gehe.

Ohne dass die vorliegende Entscheidung hierauf beruht, sei darauf hingewiesen, dass insbesondere letztere Behauptung die erforderliche Auseinandersetzung mit der zitierten Rechtsprechung des BSG und mit der genannten Vorschrift des § 135 Nr 4 Halbsatz 2 SGB III vermissen lässt. Denn diese Vorschrift hat mit Wirkung ab 1. August 1999 ihre jetzige Fassung durch das Zweite SGB III -Änderungsgesetz vom 21. Juli 1999 (BGBl I 1648) erhalten. Wie sich aus den Gesetzesmaterialien ergibt (BT-Drucks 14/873, S 14 zu Buchst b = § 135 Nr 4 SGB III ), berücksichtigt der Gesetzgeber mit der gesetzlichen Neufassung gerade die zitierte Entscheidung des BSG vom 29. September 1997 (aaO) zur Berechnung der Beiträge zur Arbeitsförderung aus Entgeltersatzleistungen. In Fällen, in denen es für den Betroffenen ungünstiger wäre, der Bemessung des Alg das Entgelt zu Grunde zu legen, das der Sozialleistung zu Grunde lag, soll danach "zur Vermeidung leistungsrechtlicher Nachteile für die Betroffenen das höhere - der Beitragsberechnung zu Grunde liegende - Entgelt auch für die Leistungsbemessung maßgeblich sein" (vgl im Übrigen auch Brand in Niesel, Komm zum SGB III , 2. Aufl, § 136 RdNr 2 und Pilz in Gagel, Komm zum SGB III , Stand Juli 2004, § 135 RdNr 13).

Schließlich ist auch die grundsätzliche Bedeutung der unter Nr 7 der Beschwerdebegründung aufgeworfenen Frage, ob sich der Kläger nicht doch - entgegen der Rechtsauffassung des LSG - auf einen Vertrauensschutz gemäß § 45 Abs 2 SGB X berufen könne, soweit er die erbrachten Leistungen verbraucht habe, nicht in der erforderlichen Weise dargelegt. Abgesehen davon, dass schon nicht schlüssig vorgetragen ist, inwiefern es sich hierbei um eine über den konkreten Einzelfall hinausgehende Frage von allgemeiner Bedeutung handeln könnte, fehlt es auch hier insbesondere an Darlegungen zur Klärungsbedürftigkeit dieser Frage. Denn der Verbrauch erbrachter Leistungen steht nach § 45 Abs 2 Satz 2 SGB X (naturgemäß) nur der Rücknahme eines Verwaltungsaktes für die Vergangenheit, nicht mit Wirkung für die Zukunft entgegen. Dass es sich bei dem angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 20. September 2002 um eine rückwirkende Aufhebung des ursprünglichen Bewilligungsbescheides gehandelt hat, ist indes der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen und im Übrigen auch nicht ersichtlich.

Die unzulässige Beschwerde ist zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 2, § 169 SGG ).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG .

Vorinstanz: Landessozialgericht für das Saarland - L 8 AL 3/04 - 16.07.2004,
Vorinstanz: Sozialgericht für das Saarland - S 13 AL 237/02 - 27.01.2004,