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BSG - Entscheidung vom 03.08.2005

B 6 KA 22/05 R

Normen:
AnhRüG Art. 9 Nr. 3
GG Art. 103 Abs. 1
SGB 5 § 87 Abs. 2 § 87 Abs. 3
SGG § 178a Abs. 2 S. 1 Halbs 1 § 178a Abs. 2 S. 2

BSG, Beschluß vom 03.08.2005 - Aktenzeichen B 6 KA 22/05 R

DRsp Nr. 2006/19302

Anwendbarkeit des Anhörungsrügengesetzes, Beginn der Rügefrist

1. Das Anhörungsrügengesetz wurde ohne Übergangsvorschriften erlassen. Es ist auch auf solche Fälle anzuwenden, in denen das angegriffene Revisionsurteil zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens bereits rechtskräftig ist und die nach § 178a Abs 2 S 1 und 2 SGG zu wahrenden Fristen zur Erhebung der Anhörungsrüge am 1.1.2005 aber noch nicht abgelaufen waren. 2. Die Rügefrist des § 178a Abs 2 S 1 SGG beginnt erst mit Kenntnisnahme der schriftlich abgefassten Entscheidung, wenn sich eine Gehörsverletzung darauf bezieht, dass der Senat das Vorbringen des Vertragsarztes nicht ausreichend in seine Erwägungen einbezogen und seiner Entscheidung nicht zu Grunde gelegt hat. [Nicht amtlich veröffentlichte Entscheidung]

Normenkette:

AnhRüG Art. 9 Nr. 3 ; GG Art. 103 Abs. 1 ; SGB 5 § 87 Abs. 2 § 87 Abs. 3 ; SGG § 178a Abs. 2 S. 1 Halbs 1 § 178a Abs. 2 S. 2 ;

Gründe:

I

Der Kläger ist als Radiologe in Hessen zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Er begehrt mit seiner Klage höheres Honorar für seine vertragsärztliche Tätigkeit in den Quartalen III/1997 bis II/1998.

Der Senat hat über die Revision des Klägers gegen das die Klageabweisung bestätigende Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 26. März 2003 am 8. Dezember 2004 von 9.30 Uhr bis 18.50 Uhr mündlich verhandelt und - nach Erörterung weiterer ebenfalls von den Prozessbevollmächtigten des Klägers vertretener Parallelverfahren von 12 radiologischen Praxen in Hessen und einer radiologischen Praxis in Niedersachsen sowie von sechs Pathologen aus Hessen, Nordrhein und Bremen - am 9. Dezember 2004 nachmittags das die Revision zurückweisende Urteil verkündet. Das schriftliche Revisionsurteil (B 6 KA 44/03 R) ist den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 21. April 2005 zugestellt worden.

Der Kläger hat im Rahmen einer intensiven Vorbereitung der von ihm angekündigten Verfassungsbeschwerde mit einem am 4. Mai 2005 eingegangenen Schriftsatz Anhörungsrüge erhoben. Er macht geltend, der Senat habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt. Im Einzelnen habe der Senat seinen Vortrag, im Odenwaldkreis sei in den streitigen Quartalen infolge einer unzulänglichen vertragsärztlichen Vergütung die Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen radiologischen Vergütung konkret gefährdet gewesen, ignoriert (Urteilsgründe S 61, letzter Satz des zweiten Absatzes). Zudem seien die Ausführungen zur wirtschaftlichen Entwicklung seiner - des Klägers - radiologischen Praxis und seiner vertragsärztlichen Ertragslage in den Quartalen III/1997 bis II/1998 in dem Urteil außer Betracht gelassen worden, obwohl sie Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen seien. Hingegen sei die Darstellung, der Kläger habe nach seinen Angaben von 1992 bis 1998 für die Beschaffung eines Computertomographen (CT) monatlich Leasingraten in Höhe von 35.000 DM aufzubringen gehabt (Urteilsgründe S 62 unten), fehlerhaft; die Leasingraten hätten sich vielmehr zunächst nur auf monatlich 19.571 DM belaufen und seien dann bis zum Ende der Laufzeit angestiegen. Gleichfalls falsch sei die Feststellung, der Kläger habe davon Abstand genommen, eine wirtschaftlich schwierige Entwicklung seiner radiologischen Praxis zu belegen (Urteilsgründe S 63 am Ende des ersten Absatzes); hierzu habe er umfangreich vorgetragen.

Des Weiteren habe der Senat seinen - des Klägers - Vortrag und die von ihm zu den Akten gereichten Äußerungen von Verantwortlichen der Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) Hessen zur Ertragslage der hessischen Radiologen nicht als handgreifliche Indizien zum Nachweis einer generell unangemessenen Vergütung herangezogen. Vielmehr habe das Gericht seine Überzeugung, dass im Bereich der Beklagten auch in den streitigen Quartalen mit einer radiologischen Tätigkeit ein Gewinn erzielt werden konnte, der über dem vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf einen Quartalsgewinn vor Steuern von 45.000 DM je Radiologe lag (Urteilsgründe S 63, 2. Absatz), ausschließlich auf die Erkenntnisse aus einigen wenigen parallel verhandelten Streitsachen gegründet und damit das Gebot des rechtlichen Gehörs verletzt. Darüber hinaus habe der Senat seine im Schriftsatz vom 3. September 2004 dargestellten statistikwissenschaftlichen Einwendungen gegen die Ermittlungsmethodik der Kassenärztlichen Bundesvereinigung bzw des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland (ZI) bei der Erhebung der Umsätze und Überschüsse der einzelnen Facharztgruppen weder erwähnt noch gewürdigt, obwohl es den von den genannten Institutionen berichteten durchschnittlichen Überschuss aus radiologischer Tätigkeit in Höhe von 213.300 DM pro Jahr seiner Entscheidung zu Grunde gelegt habe (Urteilsgründe S 52, 2. Absatz). Mit dem Abstellen auf den Bundesdurchschnitt habe das Gericht zugleich die Darlegungen ignoriert, dass es nur auf die Einkommenssituation der Vertragsärzte in dem Bezirk der jeweiligen KÄV des Klägers ankomme und dass es seit 1995 auch bundesweit bei den Radiologen zu einer Kostenunterdeckung gekommen sei.

Schließlich rügt der Kläger, der Senat habe die von ihm in das Verfahren eingeführte Stellungnahme der Geschäftsführerin des Berufsverbandes der Pathologen, Frau Kempny, nicht hinreichend gewürdigt und infolgedessen eine eingehende Befassung mit dem Verstoß gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit unterlassen (Urteilsgründe S 62 f). Zudem habe der Senat in überraschender Weise unter Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung (BSGE 89, 259 = SozR 3-2500 § 87 Nr 34) eine Ermittlungspflicht des Bewertungsausschusses zu den mit der Erbringung von Röntgenleistungen, Computertomogrammen und Kernspintomogrammen einhergehenden Kosten vor Festlegung der Bewertungen für diese Leistungen im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen grundsätzlich verneint (Urteilsgründe S 37, 3. Absatz) und damit sein - des Klägers - rechtliches Gehör verletzt. Entsprechendes gelte hinsichtlich der vom Senat verneinten Ermittlungspflicht der Vertreterversammlung vor dem Erlass eines Honorarverteilungsmaßstabs (HVM - Urteilsgründe S 22 >unter Ziffer 3 Buchst f<).

Die übrigen Beteiligten haben Gelegenheit erhalten, zu der Rüge Stellung zu nehmen. Die Beklagte beantragt, die Anhörungsrüge zurückzuweisen. Sie ist der Auffassung, in dem 65 Seiten umfassenden Revisionsurteil seien die mit der Anhörungsrüge erneut vorgetragenen Revisionsangriffe in vollem Umfang und ausführlich gewürdigt worden. Es sei nicht erforderlich, in den Urteilsgründen zu sämtlichen Einzelaspekten des Beteiligtenvortrags ausdrücklich Stellung zu nehmen. Der Beigeladene hat sich nicht geäußert.

II

Die Anhörungsrüge hat keinen Erfolg. Soweit die einzelnen Rügen in zulässiger Weise erhoben wurden, erweisen sie sich als unbegründet.

Der vom Kläger geltend gemachte außerordentliche Rechtsbehelf einer Anhörungsrüge nach § 178a Sozialgerichtsgesetz ( SGG - idF von Art 9 Nr 3 des Anhörungsrügengesetzes vom 9. Dezember 2004, BGBl I 3220, in Kraft getreten am 1. Januar 2005) ist auch im vorliegenden Verfahren statthaft. Das angegriffene Revisionsurteil war allerdings zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieser Vorschrift bereits rechtskräftig (§ 141 SGG ), da es nach seiner Verkündung am 9. Dezember 2004 nicht mehr mit ordentlichen Rechtsmitteln angefochten werden konnte. Der Zweck des ohne Übergangsvorschriften erlassenen Anhörungsrügengesetzes gebietet es jedoch, diesen in Umsetzung verfassungsrechtlicher Vorgaben zur Vermeidung von Verfassungsbeschwerden allein wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs neu geschaffenen Rechtsbehelf (vgl BVerfGE 107, 395 , 410 ff = SozR 4-1100 Art 103 Nr 1 RdNr 34 ff) auf solche Fälle gleichfalls anzuwenden, sofern die nach § 178a Abs 2 Satz 1 und 2 SGG zu wahrenden Fristen zur Erhebung der Anhörungsrüge am 1. Januar 2005 noch nicht abgelaufen waren (vgl BGH NJW 2005, 1432; s auch BVerwG NJW 2005, 1449 ). Dies ist hier der Fall. Der Kläger macht nicht geltend, in dem am 9. Dezember 2004 mit Verkündung des Urteils abgeschlossenen Revisionsverfahren nicht ausreichend zu Wort gekommen bzw daran gehindert worden zu sein, dem Gericht alle aus seiner Sicht entscheidungserheblichen Gesichtspunkte vorzutragen. Seine Gehörsrüge bezieht sich vielmehr darauf, dass der Senat dieses Vorbringen nicht ausreichend in seine Erwägungen einbezogen und seiner Entscheidung nicht zu Grunde gelegt habe. Eine Gehörsverletzung in diesem Sinne kann ein Verfahrensbeteiligter regelmäßig erst bei Vorliegen der schriftlichen Urteilsgründe erkennen; daher beginnt in solchen Fallgestaltungen die Rügefrist des § 178a Abs 2 Satz 1 SGG erst mit Kenntnisnahme der schriftlich abgefassten Entscheidung zu laufen. Da das schriftliche Revisionsurteil vorliegend dem Kläger am 21. April 2005 zugestellt wurde, war die Rügefrist zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des § 178a SGG noch nicht abgelaufen, hatte vielmehr hinsichtlich einer "Erwägensrüge" überhaupt noch nicht zu laufen begonnen. Die Anhörungsrüge ist damit an sich statthaft.

Die Rüge ist auch innerhalb der gesetzlichen Frist erhoben worden. Der Kläger hat sie am 4. Mai 2005 und damit jedenfalls innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der vermeintlichen Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend gemacht (§ 178a Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGG ). Des Weiteren ist die Rüge in der hier vorliegenden besonderen Konstellation nicht schon deshalb unzulässig, weil der Kläger entgegen der Anordnung in § 178a Abs 2 Satz 1 Halbsatz 2 SGG den Zeitpunkt seiner Kenntniserlangung nicht gesondert glaubhaft gemacht hat (vgl hierzu Frehse, SGb 2005, 265, 270). Da der Kläger lediglich die fehlende Erwägung und Berücksichtigung der von ihm vorgetragenen Umstände in den gerichtlichen Entscheidungsgründen rügt, kann seine Kenntnis von der Gehörsverletzung frühestens mit dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des vollständigen Entscheidungstextes an ihn bzw an seine Prozessbevollmächtigten (zur Zurechnung der Kenntnis des Bevollmächtigten vgl Ulmer in Hennig, SGG , Stand Februar 2004, § 73 RdNr 11; Zöller/Vollkommer, Zivilprozessordnung >ZPO<, 25. Aufl 2005, § 85 RdNr 3) angenommen werden. Hierfür liegt dem Senat das Empfangsbekenntnis nach §§ 135 , 63 Abs 2 SGG iVm § 174 ZPO über die Zustellung des Revisionsurteils als unmittelbares Beweismittel bereits in den Gerichtsakten vor. In einem solchen Falle wäre es eine vom Sinn und Zweck der Vorschrift des § 178a Abs 2 Satz 1 Halbsatz 2 SGG nicht mehr gerechtfertigte und im Lichte des Art 19 Abs 4 Grundgesetz ( GG ) überzogene Förmelei, vom Kläger zusätzlich auch noch die Glaubhaftmachung des Zeitpunkts des Bekanntwerdens des Urteils zu verlangen, obwohl er diesen Umstand dem Gericht zuvor durch Rückleitung des Empfangsbekenntnisses bereits nachgewiesenen hat (zur Beweiskraft des anwaltlichen Empfangsbekenntnisses als öffentlicher Urkunde s BSG SozR 3-1500 § 164 Nr 13 S 25 f, mwN; zum Verbot, verfahrensrechtliche Regelungen so anzuwenden, dass den Parteien der Zugang zu den in den Verfahrensordnungen eröffneten Instanzen in unzumutbarer und aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert wird, s BVerfG >Kammer<, NJW 2005, 657 , 658).

Die Anhörungsrüge ist allerdings unzulässig, soweit der Kläger mit ihr eine fehlerhafte Sachverhaltsfeststellung in dem Revisionsurteil rügt. Insoweit stellt das Prozessrecht mit dem Institut der Tatbestandsberichtigung (§ 139 SGG ) einen eigenständigen Rechtsbehelf zur Verfügung, der die Anhörungsrüge nach § 178a Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG ausschließt. Dies betrifft das Vorbringen, es treffe nicht zu, dass er - der Kläger - für den von ihm angeschafften CT monatliche Leasingraten in Höhe von 35.000 DM aufzubringen gehabt habe (Urteilsgründe S 10 und S 62) und dass er davon Abstand genommen habe, eine wirtschaftlich schwierige Entwicklung seiner Praxis durch Vorlage der maßgeblichen Teile seiner Steuerbescheide für die Jahre 1997 bis 1999 zu belegen (Urteilsgründe S 11, 3. Absatz, sowie S 63, 1. Absatz). Einen Antrag auf Berichtigung des Urteils, der für eine Entscheidung nur derjenigen Richter, die an dem Urteil mitgewirkt haben, über die Berechtigung des Berichtigungsverlangens notwendig ist (Meyer-Ladewig, SGG , 8. Aufl 2005, § 139 RdNr 3 mwN), haben weder der Kläger noch seine Prozessbevollmächtigten gestellt. Ungeachtet dessen wird in dem Revisionsurteil nicht in Abrede gestellt, dass der Kläger zu seiner wirtschaftlichen Situation umfangreich vorgetragen hat (vgl Urteilsgründe Seiten 3, 6, 10, 62), sondern nur festgestellt, dass er davon Abstand genommen hat, die vom Senat als Beleg hierfür erbetenen Steuerbescheide vorzulegen (s auch Schriftsatz vom 27. August 2004, Bl 395 der Akte).

Im Übrigen sind die Rügen, der Senat habe Vorbringen des Klägers nicht in Erwägung gezogen und damit seinen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG , § 62 SGG ) verletzt, nicht begründet. Die ausreichende Gewährung rechtlichen Gehörs erfordert es, dass das entscheidende Gericht die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidung in Erwägung zieht (BVerfGE 96, 205 , 216; BVerfG >Kammer< SozR 4-2500 § 87 Nr 6 RdNr 11). Dagegen verpflichtet Art 103 Abs 1 GG das Gericht nicht, dem Tatsachenvortrag oder der Rechtsansicht eines Verfahrensbeteiligten zu folgen (BVerfGE 64, 1 , 12; BVerfG >Kammer< NVwZ 2005, 204 , 205). Im Rahmen der Verpflichtung zur Erwägung des Vortags von Beteiligten ist das Gericht aber nicht gehalten, sich mit jedem Vorbringen auch in den Entscheidungsgründen zu befassen; es muss nur auf das für das Verfahren wesentliche und nach seiner Rechtsauffassung entscheidungserhebliche Vorbringen eingehen (BVerfGE 69, 141 , 144; 79, 51, 61; 96, 205, 216; BVerfG >Kammer< SozR 4-2500 § 87 Nr 6 RdNr 22). Je umfangreicher das Vorbringen ausfällt, desto stärker besteht die Notwendigkeit, im Rahmen der Entscheidungsbegründung nur die wesentlichen Fragen abzuhandeln und auf die ausdrückliche Auseinandersetzung mit weniger wichtigen oder gar abwegigen Fragen zu verzichten (vgl Schulze-Fielitz in Dreier, Grundgesetz -Kommentar, Band 3, 2000, Art 103 Abs 1 RdNr 61 mwN).

In diesem Sinne hat sich der Senat vor Erlass seines Urteils vom 9. Dezember 2004 mit sämtlichem Vorbringen des Klägers befasst und es in seine Erwägungen mit einbezogen, selbst wenn dies bei weniger wichtigen Fragen in den - ohne Rubrum und Tatbestand 53 Seiten umfassenden - Entscheidungsgründen gegebenenfalls nur kurz zum Ausdruck gekommen ist. Im Einzelnen findet sich der Vortrag, der Kläger versorge den gesamten Odenwaldkreis alleine mit radiologischen Leistungen, auf Seite 6 und nochmals auf Seite 64 der Urteilsgründe wieder. Ebenso ist das Vorbringen des Klägers zur wirtschaftlichen Entwicklung seiner radiologischen Praxis einschließlich der von ihm vorgelegten Gewinnermittlungsübersichten gewürdigt worden (Urteilsgründe S 62, letzter Absatz). Der Senat hat in diesem Zusammenhang anerkannt, dass unter bestimmten Umständen eine KÄV unter Sicherstellungsgesichtspunkten gehalten sein kann, eine im Grundsatz wirtschaftlich arbeitende Praxis mit Sonderzahlungen zu stützen (Urteilsgründe S 64). Dem auch in tatsächlicher Hinsicht weiter nachzugehen, war jedoch nicht geboten, nachdem die Ansprüche auf Sonder- und Härtefallzahlungen nicht vom Streitgegenstand des zu entscheidenden Verfahrens umfasst, vielmehr darüber im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats noch gesonderte Verfahren anhängig waren (Urteilsgründe S 12 f).

Der Senat hat auch die Angaben des Klägers zur Ertragslage der hessischen Radiologen, die in der mündlichen Verhandlung ausführlich erörtert worden sind, bei der Würdigung sämtlicher Umstände im Rahmen seiner Überzeugungsbildung vor Erlass des Revisionsurteils mit einbezogen. Die seine Entscheidung tragenden objektiven Daten sind auf S 62 und S 63 (jeweils im 2. Absatz) der Urteilsgründe wiedergegeben. Die Einbeziehung der Daten aus den Parallelverfahren ist dabei mit Zustimmung des Prozessbevollmächtigten des Klägers erfolgt (S 2 der Niederschrift über die mündliche Verhandlung, Bl 604 der Akte). Letztlich greift der Kläger mit seiner Rüge nur die Richtigkeit des Ergebnisses der Gesamtwürdigung durch den Senat an. Einen Anspruch auf eine Entscheidung mit bestimmtem Inhalt vermittelt der Grundsatz des rechtlichen Gehörs jedoch nicht. Desgleichen hat sich der Senat, wie aus den Urteilsgründen ersichtlich ist (vgl S 61, 3. Absatz), auch mit den methodischen Einwendungen des Klägers gegen die Kostenstrukturanalyse des ZI befasst, sie aber als nicht überzeugend bewertet. Dasselbe gilt hinsichtlich der vom Kläger herangezogenen Stellungnahme von Frau Kempny (vgl Urteilsgründe S 61 f).

Hinsichtlich des weiteren Einwands des Klägers, seine Darlegungen zur Unmaßgeblichkeit von bundesweiten statistischen Einkommensangaben seien ignoriert worden, ist die Rüge bereits unzulässig. Insoweit ermangelt der Anhörungsrüge die notwendige Darstellung, inwiefern diese vermeintliche Gehörsverletzung entscheidungserheblich geworden ist (§ 178a Abs 1 Satz 1 Nr 2 iVm Abs 2 Satz 6 Halbsatz 2 SGG ). Der Kläger betont mehrfach selbst, dass es zur Beurteilung seines Anspruchs auf höhere Vergütung auf die bundesweiten Werte nicht entscheidend ankommen könne. Der Senat hat zwar die bundesweiten Abrechnungswerte zur Vervollständigung des Bildes erwähnt, letztlich aber entscheidend auf die Situation in einem fachlichen und örtlichen Teilbereich, nämlich dem Bereich der beklagten KÄV, abgestellt (Urteilsgründe S 62 und S 63, jeweils 2. Absatz).

Schließlich liegt eine Gehörsverletzung auch nicht darin, dass der Senat überraschend und ohne weitere Begründung von seiner bisherigen Rechtsprechung zum Umfang der Ermittlungspflichten des Bewertungsausschusses abgewichen wäre. Die vom Kläger angenommene Abweichung von den im Senatsurteil vom 15. Mai 2002 (BSGE 89, 259, 266 ff = SozR 3-2500 § 87 Nr 34 S 194 ff) aufgestellten Grundsätzen liegt in Wirklichkeit nicht vor. Bereits in jener Entscheidung hat der Senat dargelegt, dass die Gestaltungsfreiheit des Bewertungsausschusses bei der Normsetzung grundsätzlich von den Gerichten respektiert werden muss und die normativen Entscheidungen nur in Ausnahmefällen korrigiert werden dürfen. Als ein solcher Ausnahmefall, der zur Begrenzung des Gestaltungsspielraums und dem entsprechend zu einer verdichteten gerichtlichen Kontrolle führt, ist die Konzeption des zu Grunde liegenden Normprogramms bei der Festlegung der Praxisbudgets angesehen worden. Aus diesen Ausführungen ergibt sich nicht, dass die Gestaltungsfreiheit auch im Regelfall von Entscheidungen des Bewertungsausschusses, nämlich bei Festlegungen des in Punkten ausgedrückten wertmäßigen Verhältnisses der einzelnen vertragsärztlichen Leistungen zueinander (§ 87 Abs 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch), ebenfalls beschränkt wäre. Gerade solch ein Regelfall der Bewertung einzelner - radiologischer - Leistungen war aber Gegenstand des vom Kläger mit seiner Rüge angegriffenen Urteils. Auch die Rüge, der Senat reduziere die Ermittlungspflichten des Normgebers eines HVM auf eine nachträgliche Reaktions- und Beobachtungspflicht, kann nicht als Verletzung des rechtlichen Gehörs gewertet werden, nur weil die Auffassung des Senats der vom Kläger vorgetragenen Position nicht entspricht.

Die Anhörungsrüge des Klägers erweist sich damit insgesamt als unberechtigt und ist deshalb zurückzuweisen (§ 178a Abs 4 SGG ).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 und 4 SGG in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden und hier noch anzuwendenden Fassung.

Vorinstanz: Hessisches Landessozialgericht - L 7 KA 921/01 - 26.03.2003,
Vorinstanz: SG Frankfurt - S 5 KA 115/99 ua - 20.03.2001,