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BGH - Entscheidung vom 11.07.2005

II ZR 285/03

Normen:
GmbHG § 31 Abs. 3 § 32a Abs. 3 S. 2

Fundstellen:
BB 2005, 2094
BGHReport 2005, 1544
BKR 2006, 65
DB 2005, 2071
DStR 2005, 1705
GmbHR 2005, 1351
MDR 2006, 36
NJW-RR 2005, 1485
NZG 2005, 845
NZI 2005, 694
WM 2005, 1751
WM 2005, 2064
ZIP 2005, 1638

BGH, Urteil vom 11.07.2005 - Aktenzeichen II ZR 285/03

DRsp Nr. 2005/14482

Zeitliche Geltung der Begrenzung der Eigenkapitalersatzregeln; Maßgeblicher Zeitpunkt für die Ausfallhaftung des Gesellschafters

»a) Der Ausschluß der Eigenkapitalersatzregeln für nicht geschäftsführende Gesellschafter mit einer Beteiligung von bis zu 10 % gemäß § 32 a Abs. 3 Satz 2 GmbHG gilt erst für nach Inkrafttreten dieser Vorschrift am 24. April 1998 (Art. 5 KapAEG v. 20. April 1988, BGBl. I, 707) verwirklichte Tatbestände des Eigenkapitalersatzes (Bestätigung von BGH, Urt. v. 27. November 2000 - II ZR 179/99, WM 2001, 202, 203 = ZIP 2001, 115 ).b) Bei einer Ausfallhaftung entsprechend § 31 Abs. 3 GmbHG kommt es auf den Zeitpunkt der eigenkapitalersetzenden Leistung - oder den der Umqualifizierung einer Leistung in funktionales Eigenkapital - und nicht auf den Zeitpunkt an, zu dem feststeht, daß der an sich zur Rückgewähr verpflichtete Gesellschafter dazu nicht in der Lage ist und daher die Ausfallhaftung der übrigen Gesellschafter eingreift.«

Normenkette:

GmbHG § 31 Abs. 3 § 32a Abs. 3 S. 2 ;

Tatbestand:

Die beklagten Brüder sind zusammen mit ihren Eltern Gesellschafter der E. M. GmbH. Geschäftsführer ist der Vater. Die Beklagten sind mit je 5.000,00 DM, die Eltern mit 30.000,00 bzw. 10.000,00 DM beteiligt. Am 23. Dezember 1997 wurde über das Vermögen der GmbH das Konkursverfahren eröffnet. Der Kläger wurde zum Konkursverwalter bestellt.

Mit rechtskräftigem Urteil vom 15. April 1999 wurden die Eltern der Beklagten zur Rückzahlung von 522.019,16 DM gemäß den Eigenkapitalersatzregeln verurteilt. Nach im wesentlichen erfolgloser Zwangsvollstreckung macht der Kläger gegenüber den Beklagten - neben Ansprüchen aus Kaduzierung, die im Revisionsverfahren keine Rolle mehr spielen - eine Ausfallhaftung in Höhe von je 25.000,00 DM = 12.782,29 EUR geltend. Die Klage ist insoweit in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Dagegen wendet sich der Kläger mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. Das Berufungsgericht hat gemeint, eine Ausfallhaftung gemäß § 31 Abs. 3 GmbHG sei nach § 32 a Abs. 3 Satz 2 GmbHG ausgeschlossen. Danach wären die Beklagten nicht zur Rückzahlung verpflichtet, wenn an sie eigenkapitalersetzende Leistungen erstattet worden wären. Dann komme aber auch eine Ausfallhaftung für Ansprüche auf Rückzahlung eigenkapitalersetzender Leistungen an Mitgesellschafter nicht in Betracht.

II. Diese Begründung trägt die Klageabweisung nicht.

Erbringt die GmbH an einen ihrer Gesellschafter eine Leistung, die gegen die Eigenkapitalersatzregeln verstößt, haftet nicht nur dieser Gesellschafter, sondern es haften in entsprechender Anwendung des § 31 Abs. 3 GmbHG auch die übrigen Gesellschafter auf Rückzahlung, wenn der Gesellschafter, an den die Leistung geflossen ist, zur Rückgewähr nicht in der Lage ist (Sen.Urt. v. 5. Februar 1990 - II ZR 114/89, NJW 1990, 1730 ). Von den Eigenkapitalersatzregeln werden die nicht geschäftsführenden Gesellschafter mit einer Beteiligung von bis zu 10 % gemäß § 32 a Abs. 3 Satz 2 GmbHG nicht erfaßt. Das gilt für die unmittelbare Haftung und - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - für die Ausfallhaftung nach § 31 Abs. 3 GmbHG .

Das Berufungsgericht hat aber übersehen, daß diese Ausnahme, wie der Senat mit Urteil vom 27. November 2000 ( II ZR 179/99, WM 2001, 202, 203) entschieden hat, nur für die nach Inkrafttreten des § 32 a Abs. 3 Satz 2 GmbHG am 24. April 1998 (Art. 5 KapAEG v. 20. April 1998, BGBl. I, S. 707) verwirklichten Tatbestände des Eigenkapitalersatzes gilt. Der hier zu beurteilende Sachverhalt war dagegen schon vor dem 23. Dezember 1997 - dem Zeitpunkt der Eröffnung des Konkursverfahrens - verwirklicht und fällt damit noch nicht in den Anwendungsbereich der Vorschrift.

Ohne Bedeutung ist dabei, daß die Beklagten nicht selbst eigenkapitalersetzende Leistungen zurückerhalten haben, sondern nur wegen der Leistungsunfähigkeit ihrer Eltern auf den Ausfall haften, und diese Leistungsunfähigkeit erst nach dem Inkrafttreten des § 32 a Abs. 3 Satz 2 GmbHG festgestellt worden ist. Auch die Ausfallhaftung entsteht dem Grunde nach schon mit der verbotenen Auszahlung an den Mitgesellschafter. Ob daraus zu folgern ist, daß ein Gesellschafter, der seinen Geschäftsanteil nach der Auszahlung, aber vor Fälligkeit des Anspruchs aus § 31 Abs. 3 GmbHG veräußert hat, neben dem Erwerber haftet (so BGH, Urt. v. 20. Februar 1991 - 2 StR 421/90, GmbHR 1991, 195; Pentz in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG 4. Aufl. § 31 Rdn. 35; Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG 17. Aufl. § 31 Rdn. 15; Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG 4. Aufl. § 31 Rdn. 18; a.A. Hachenburg/Goerdeler/Müller, GmbHG 8. Aufl. § 31 Rdn. 43; Scholz/Westermann, GmbHG 9. Aufl. § 31 Rdn. 25), braucht hier nicht entschieden zu werden. Jedenfalls spricht nichts dafür, einen Gesellschafter nur deshalb nach § 32 a Abs. 3 Satz 2 GmbHG von der Haftung freizustellen, weil der Mitgesellschafter erst nach dem Inkrafttreten der Vorschrift ausgefallen ist. Insbesondere bedarf es entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung insoweit keines Vertrauensschutzes. Da vor Inkrafttreten des § 32 a Abs. 3 Satz 2 GmbHG nach h.M. auch Kleinbeteiligte unter die Eigenkapitalersatzregeln fielen (Hachenburg/Ulmer aaO. §§ 32 a, b Rdn. 37), mußten sie, sobald ein Mitgesellschafter gegen diese Regeln verstieß, mit einer eigenen (Ausfall-) Haftung rechnen. Mit Inkrafttreten des § 32 a Abs. 3 Satz 2 GmbHG hatten sie keinen Anlaß zu der Annahme, daß sich daran etwas in bezug auf die schon erfolgten Regelverstöße ändern würde.

Der Höhe nach ist die Haftung aus § 31 Abs. 3 GmbHG auf den Betrag der Stammkapitalziffer beschränkt, wie der Senat in seinem Urteil vom 22. September 2003 ( II ZR 229/02, WM 2003, 2238 unter II. 2. a = ZIP 2003, 2068 ; s. auch Sen.Urt. v. 5. Februar 1990 - II ZR 114/89, NJW 1990, 1730 , 1732 und BGHZ 150, 61 , 65 f.) ausgeführt hat. Mehr verlangt der Kläger nicht.

Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, weil sich die Beklagten gegen den Grund des Anspruchs gewehrt und dabei entsprechend der Entscheidung des Senats vom 8. November 2004 ( II ZR 362/02, WM 2005, 132 ) geltend gemacht haben, daß die Rechtskraft des Urteils in dem Rechtsstreit des Klägers gegen ihre Eltern nicht auch gegen sie wirke. Die Sache ist deshalb an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, das die erforderlichen Feststellungen zu treffen hat.

Vorinstanz: OLG Frankfurt/Main, vom 01.08.2003
Vorinstanz: LG Limburg,
Fundstellen
BB 2005, 2094
BGHReport 2005, 1544
BKR 2006, 65
DB 2005, 2071
DStR 2005, 1705
GmbHR 2005, 1351
MDR 2006, 36
NJW-RR 2005, 1485
NZG 2005, 845
NZI 2005, 694
WM 2005, 1751
WM 2005, 2064
ZIP 2005, 1638