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BGH - Entscheidung vom 19.09.2005

II ZR 51/04

Normen:
GG Art. 103 Abs. 1

BGH, Beschluß vom 19.09.2005 - Aktenzeichen II ZR 51/04

DRsp Nr. 2005/17875

Wahrung des rechtlichen Gehörs im Zivilprozess

1. Das rechtliche Gehör im Zivilprozess ist verletzt, wenn das Berufungsgericht eine erstinstanzlich gewonnene Zeugenaussage abweichend würdigt.2. Das rechtliche Gehör ist ferner verletzt, wenn rechtliche Erwägungen angestellt werden, die in dem Sachvortrag der Parteien keine Stütze finden.

Normenkette:

GG Art. 103 Abs. 1 ;

Gründe:

Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör (Art. 103 GG ) mehrfach in entscheidungserheblicher Weise verletzt.

Das Berufungsgericht hat seiner Entscheidung einen vom Parteivortrag abweichenden Sachverhalt zugrunde gelegt. Der Beklagte hat in der Berufungsinstanz die Feststellung des Landgerichts, dass die Klägerin ohne Konkurrenztätigkeit des Beklagten die vom Zeugen F. vergebenen Aufträge in gleicher Weise unmittelbar erhalten hätte, ausdrücklich hingenommen und damit für das weitere Verfahren die Behauptung der Klägerin unstreitig gestellt, dass das Verhalten des Beklagten ursächlich für den geltend gemachten Schaden war. Danach war im Hinblick auf die im Zivilprozess geltende Parteimaxime kein Raum mehr für das Vorgehen des Berufungsgerichts, die Aussage des Zeugen abweichend vom Landgericht zu würdigen. Darauf, dass das Berufungsgericht dabei - wie die Klägerin mit Recht rügt - obendrein eine Überraschungsentscheidung getroffen hat, weil es ohne den gebotenen Hinweis nach § 139 ZPO und ohne eigene Vernehmung des Zeugen dessen Aussage einen abweichenden Sinn beigelegt hat, kommt es nicht mehr an.

Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs ferner verletzt, indem es sich mit den Angriffen der Klägerin gegen die landgerichtliche Würdigung der Aussage des Zeugen O. in der Sache nicht auseinander gesetzt und den von der Klägerin hervorgehobenen Gesichtspunkt mangelnder Unterrichtung des Zeugen über den Tätigkeitsbereich der Klägerin unberücksichtigt gelassen hat.

Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs außerdem verletzt, weil die gegebene Begründung für die Klageabweisung in Höhe eines der Klägerin vom Landgericht für das Bauvorhaben W. zuerkannten Betrags von 16.700,00 DM in dem Sachvortrag der Parteien keine Stütze findet. Insoweit bestand nämlich ein unmittelbarer Vergütungsanspruch der Klägerin gegen die Auftraggeberin; die Zahlung erfolgte jedoch - offensichtlich aus Versehen - an das Konkurrenzunternehmen und wurde vom Beklagten nicht weitergeleitet (LGU 3 und 12, GA 68 und 77).

Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass die Erwägung des Berufungsgerichts, der mit der Klage geltend gemachte Schaden werde nicht vom Schutzzweck des Wettbewerbsverbots erfasst, durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet. Durch die Zwischenschaltung des Konkurrenzunternehmens bei der Auftragserteilung hat der Beklagte der Klägerin das bei unmittelbarer Erteilung der Bauaufträge an sie nicht eintretende Risiko auferlegt, dass das von ihm zwischengeschaltete Unternehmen die von den Auftraggebern ordnungsgemäß gezahlte Vergütung nicht weiterleitet, sondern anderweitig verwendet und wegen der eingetretenen Insolvenz die Forderung der Klägerin auch nicht mehr begleichen kann. Das Wettbewerbsverbot soll gerade auch vor solchen Vermögensnachteilen schützen, die durch eine Störung des Geschäftsbetriebs hervorgerufen werden (Ebenroth/Boujong/Joost, HGB § 113 Rdn. 8 m.w.Nachw.).

Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, sich mit den im Berufungsverfahren vorgebrachten Einwendungen beider Parteien gegen die Feststellungen des Landgerichts zur Schadenshöhe zu befassen und erforderliche weitere Feststellungen zu treffen.

Bei der Zurückverweisung hat der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht.

Vorinstanz: OLG Naumburg, vom 28.01.2004