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BGH - Entscheidung vom 08.06.2005

XII ZB 190/02

Normen:
BGB § 1587b Abs. 2
BeamtVG § 14

BGH, Beschluß vom 08.06.2005 - Aktenzeichen XII ZB 190/02

DRsp Nr. 2005/10168

Versorgungsausgleich bei Versorgungsanwartschaften im öffentlichen Dienst

1. Für die Berechnung des Versorgungsausgleichs bei beamtenrechtlichen Versorgungsanrechten ist im Hinblick auf den Halbteilungsgrundsatz seit dem 01. Januar 2003 uneingeschränkt der Höchstruhegehaltssatz von 71,75% gem. § 14 BeamtVG in der Fassung des Art. 1 Nr. 11 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 vom 20.12.2001 maßgeblich. Dabei kommt es weder darauf an, ob das Ehezeitende vor oder in der Übergangsphase nach § 69e BeamtVG liegt, noch ob der Versorgungsfall in oder erst nach der Übergangsphase eintreten wird.2. Ein Verstoss gegen den Halbteilungsgrundsatz liegt auch nicht darin, dass die Rentenanwartschaften, die dem anderen Ehegatten aufgrund des Quasisplittings begründet werden, wie alle Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung zum 01.07.2001 bis zum 01.07.2010 zusätzlich der Niveauabsenkung nach § 255e SGB VI unterliegen.

Normenkette:

BGB § 1587b Abs. 2 ; BeamtVG § 14 ;

Gründe:

I. Die Parteien haben am 22. April 1983 geheiratet. Der Scheidungsantrag der Ehefrau (Antragstellerin; geboren am 19. Januar 1962) ist dem Ehemann (Antragsgegner; geboren am 2. November 1959) am 8. Juni 2001 zugestellt worden. Das Amtsgericht - Familiengericht - hat durch Verbundurteil die Ehe geschieden (insoweit rechtskräftig) und den Versorgungsausgleich dahin geregelt, daß es im Wege des Quasi-Splittings nach § 1587 b Abs. 2 BGB zu Lasten der Versorgung des Antragsgegners bei dem Niedersächsischen Landesamt für Bezüge und Versorgung (LBV; weiterer Beteiligter zu 1) auf dem Versicherungskonto der Antragstellerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA; weitere Beteiligte zu 2) Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 6,41 EUR, bezogen auf den 31. Mai 2001, begründet hat. Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde des LBV hat das Oberlandesgericht die Entscheidung dahin abgeändert, daß der monatliche Ausgleichsbetrag 235,25 EUR beträgt.

Dabei ist das Oberlandesgericht nach den Auskünften der weiteren Beteiligten zu 1 und 2 von ehezeitlichen (1. April 1983 bis 31. Mai 2001; § 1587 Abs. 2 BGB ) Anwartschaften des Antragsgegners bei dem LBV unter Berücksichtigung der Absenkung des Höchstruhegehaltssatzes nach § 14 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG in der Fassung des Art. 1 Nr. 11 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 in Höhe von 488,64 EUR und bei der BfA in Höhe von 254,30 EUR sowie der Antragstellerin bei der BfA in Höhe von 272,45 EUR, jeweils monatlich und bezogen auf den 31. Mai 2001, ausgegangen.

Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des LBV, mit der es weiterhin geltend macht, das Oberlandesgericht habe die Neuregelungen des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 fehlerhaft auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs angewandt. Die Parteien und die BfA haben sich im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht geäußert.

II. Die nach §§ 629 a Abs. 2 Satz 1, 621 e Abs. 2 Satz 1 1. Halbs. Nr. 1, 2. Halbs. in Verbindung mit § 543 Abs. 2 ZPO zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.

1. Allerdings ist es entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden, daß der Versorgungsausgleich auf der Grundlage des § 14 BeamtVG in der Fassung des Art. 1 Nr. 11 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 vom 20. Dezember 2001 durchgeführt worden ist.

Der Senat hat zwischenzeitlich entschieden, daß für die Berechnung des Versorgungsausgleichs bei beamtenrechtlichen Versorgungsanrechten im Hinblick auf den Halbteilungsgrundsatz seit dem 1. Januar 2003 uneingeschränkt der Höchstruhegehaltssatz von 71,75% gemäß § 14 BeamtVG in der Fassung des Art. 1 Nr. 11 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I, 3926) maßgeblich ist, da diese Fassung nach Art. 20 Abs. 2 Nr. 1 des Versorgungsänderungsgesetzes zum 1. Januar 2003 in Kraft getreten ist. Dabei kommt es weder darauf an, ob das Ehezeitende vor oder in der Übergangsphase nach § 69 e BeamtVG liegt, noch ob der Versorgungsfall in oder erst nach der Übergangsphase eintreten wird (vgl. Senatsbeschlüsse vom 26. November 2003 - XII ZB 75/02 und XII ZB 30/03 - FamRZ 2004, 256 ff. bzw. 259 ff.). Wie der Senat weiter ausgeführt hat, fällt - wenn der Versorgungsfall während der Übergangsphase nach § 69 e BeamtVG eintritt - der degressive Versorgungsbestandteil nach § 69 e BeamtVG (sog. Abflachungsbetrag) nicht unter den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich. Ob der Abflachungsbetrag ggf. später im schuldrechtlichen Versorgungsausgleich auszugleichen sein wird, bleibt einer weiteren Prüfung vorbehalten, sofern die Voraussetzungen für einen schuldrechtlichen Versorgungsausgleich gegeben sein sollten (vgl. Senatsbeschluß vom 26. November 2003 - XII ZB 30/03 - aaO. 261).

Der Antragsgegner wird vorliegend die Regelaltersgrenze von 65 Jahren (§ 25 Abs. 1 BRRG ) im Jahre 2024 erreichen. Anhaltspunkte dafür, daß der Versorgungsausgleich zu einem früheren Zeitpunkt zum Tragen kommen sollte, sind weder festgestellt noch ersichtlich. Der Versorgungsfall wird danach hier jedenfalls nach 2010 und damit nach dem bisher angenommenen Ende der Übergangsphase nach § 69 e BeamtVG eintreten.

Zwar unterliegen die Rentenanwartschaften, die für die Antragstellerin durch das Quasisplitting - aufgrund des herabgesetzten Höchstversorgungssatzes von 71,75 % - begründet werden, wie alle Anwartschaften der Antragstellerin in der gesetzlichen Rentenversicherung für die Zeit vom 1. Juli 2001 bis zum 1. Juli 2010 zusätzlich der Niveauabsenkung nach § 255 e SGB VI . Dies ist indessen durch die unterschiedlichen Niveauabsenkungsregelungen in der gesetzlichen Rentenversicherung einerseits und der Beamtenversorgung andererseits systemimmanent und kann nicht dadurch korrigiert werden, daß dem Antragsgegner unter Verstoß gegen den Halbteilungsgrundsatz mehr als die Hälfte der ihm tatsächlich zustehenden ehezeitbezogenen Versorgungsanwartschaften genommen wird. Sollten wegen der systembedingten Unterschiede im Ergebnis Korrekturen erforderlich werden - was im Hinblick auf die gegenwärtigen renten- und pensionsrechtlichen Unsicherheiten nicht abschließend beurteilt werden kann -, müssen diese ggf. der Abänderung nach § 10 a Abs. 1 Nr. 1 VAHRG vorbehalten bleiben.

2. Dabei wird sich rechnerisch eine Abänderung des monatlichen Ausgleichsbetrags ergeben, da nach dem niedersächsischen Besoldungsgesetz ab 2005 die monatliche Sonderzahlung vollständig entfällt (zur Anwendung des jeweils zur Zeit der Entscheidung geltenden Bemessungsfaktors vgl. zuletzt Senatsbeschluß vom 4. September 2002 - XII ZB 130/98 - FamRZ 2003, 437 ff. m.w.N.).

3. Indessen sieht der Senat davon ab, in der Sache selbst zu entscheiden, um dem Oberlandesgericht durch die Zurückverweisung Gelegenheit zu geben, die Zusatzversorgung der Antragstellerin bei der VBL, die nach der Auskunft der VBL vom 24. September 2001 zwischenzeitlich unverfallbar geworden sein dürfte, in den Versorgungsausgleich mit einzubeziehen.

Vorinstanz: OLG Celle, vom 26.09.2002