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BGH - Entscheidung vom 10.03.2005

VII ZB 19/04

Normen:
ZPO § 520 Abs. 2 § 233 § 85 Abs. 2

BGH, Beschluß vom 10.03.2005 - Aktenzeichen VII ZB 19/04

DRsp Nr. 2005/5892

Versäumung der Berufungsbegründungsfrist wegen unterlassener Übertragung des Fristablaufs bei Wechsel des Terminkalenders

Wechselt eine bis dahin zuverlässig arbeitende Büroangestellte eigenmächtig die Art des Terminkalenders und weist der Rechtsanwalt sie daraufhin an, wieder den zuvor gebräuchlichen Terminkalender zu verwenden und sämtliche Fristen in diesen zu übertragen, so kann er darauf vertrauen, dass diese Einzelanweisung korrekt ausgeführt wird. Eine besondere Kontrolle ist nicht erforderlich, da die Tätigkeit keine besonderen Schwierigkeiten aufweist.

Normenkette:

ZPO § 520 Abs. 2 § 233 § 85 Abs. 2 ;

Gründe:

I. Der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten hat gegen das am 8. Dezember 2003 zugestellte Urteil des Landgerichts am 8. Januar 2004 Berufung eingelegt, die er am 12. Februar 2004 begründet hat. Gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist hat er fristgerecht Wiedereinsetzung beantragt.

Zur Begründung hat er vorgetragen und glaubhaft gemacht, sämtliche Fristen würden von der dafür zuständigen und seit 30 Jahren zuverlässig arbeitenden Mitarbeiterin N. in einen Fristenkalender eingetragen. Dafür sei seit Jahren ein Kalender verwendet worden, der eine Aufteilung/Übersicht nach Wochen enthalte. Seit Beginn des Jahres 2004 habe Frau N. jedoch die gerichtlichen Fristen nicht mehr in diesen Kalender, sondern in einen getrennt geführten "neuen" Kalender eingetragen. Nachdem ihm dies bekannt geworden sei, habe der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten ca. Ende Januar 2004 die Anweisung erteilt, entsprechend der seit Jahren praktizierten Organisation sämtliche Fristen in den eine Wochenübersicht enthaltenden Kalender einzutragen. Bei der daraufhin vorgenommenen Übertragung der in dem neuen Kalender notierten Fristen in den gewünschten Kalender habe Frau N. versehentlich den Ablauf der Berufungsbegründungsfrist nicht mitübertragen. Auch eine Vorfrist habe sie entgegen der seit Jahren üblichen Organisation nicht eingetragen. Der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten habe deshalb trotz regelmäßiger Einsicht in den Wochenkalender den Ablauf der Berufungsbegründungsfrist nicht bemerkt.

Das Oberlandesgericht hat mit Beschluß vom 20. April 2004 den Antrag der Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Fristversäumung sei nicht unverschuldet. Der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten habe es versäumt, die Umsetzung seiner Anweisung zu kontrollieren. Eine solche Kontrolle sei im Hinblick auf die eigenmächtige Änderung der Führung des Fristenkalenders durch Frau N. und die Gefahr von Versehen und Irrtümern bei der Übertragung von Fristen aus einem Kalender in einen anderen veranlaßt gewesen.

Dagegen wendet sich die Beklagte mit der Rechtsbeschwerde.

II. Die statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (etwa BGH, Beschluß vom 28. September 1989 - VII ZR 115/89 - BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 12) muß der Prozeßbevollmächtigte alles ihm Zumutbare tun und veranlassen, damit die Frist zur Einlegung oder Begründung eines Rechtsmittels gewahrt wird. Dem ist der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten nachgekommen.

Der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten hat seine Büroangestellte N. konkret angewiesen, die in dem von ihr angelegten "neuen" Kalender eingetragenen Fristen in den allgemeinen, schon bisher geführten Kalender zu übertragen. Der Rechtsanwalt kann grundsätzlich darauf vertrauen, daß seine konkreten Einzelanweisungen durch seine sonst zuverlässigen Büroangestellten ausgeführt werden. Die hier angewiesene Tätigkeit wies keine besonderen Schwierigkeiten auf, die es erforderlich gemacht hätten, besondere Kontrollen vorzunehmen, zumal die Büroangestellte N. seit 30 Jahren zuverlässig gearbeitet hat. Das einmalige eigenmächtige Handeln der Angestellten bei der Anlegung des neuen Kalenders gibt keinen Anlaß zu einer anderen Beurteilung. Den Prozeßbevollmächtigten der Beklagten trifft daher an der Versäumung der Frist kein Verschulden.

Vorinstanz: OLG Hamm, vom 20.04.2004