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BGH - Entscheidung vom 16.03.2005

5 StR 514/04

Normen:
StGB § 263 Abs. 1

BGH, Beschluß vom 16.03.2005 - Aktenzeichen 5 StR 514/04

DRsp Nr. 2005/5749

Schaden der Inkassostelle trotz verspäteter Scheckvorlage durch die Bank

Haben Bankangestellten gegen eine sich aus V Nr. 1 (1) des Scheckabkommens ergebende Pflicht verstoßen, vorgelegte und nicht eingelöste Schecks spätestens am nächsten Bankarbeitstag den Inkassostellen zurückzuleiten, kann diesen gleichwohl ein Schaden entstanden sein, weil ihnen Schadensersatzansprüche erst nach einer unverzüglichen Rüge und einem Regressversuch der Inkassostelle bei dem jeweiligen Scheckeinreicher entstehen.

Normenkette:

StGB § 263 Abs. 1 ;

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter Steuerhinterziehung in zwei Fällen, Unterschlagung in drei Fällen und wegen Betruges in 39 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt und die Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Der angebrachte Antrag auf Wiedereinsetzung bleibt erfolglos. Auf die Revision des Angeklagten erfolgte eine geringfügige Teileinstellung des Verfahrens. Darüber hinaus ist das Rechtsmittel erfolglos im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO .

1. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist zur Nachholung von Verfahrensrügen ist grundsätzlich unzulässig (BGHSt 1, 44). Nur bei besonderen Verfahrenslagen, in denen dies zur Wahrung des Anspruchs des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 2 GG ) unerläßlich erscheint, kommen Ausnahmen von diesem Grundsatz in Betracht (vgl. BGHR StPO § 44 Verfahrensrüge 8 m.w.N.). Ein solcher Fall liegt nicht vor. Der Verteidiger hat die Revision mit Verfahrensrügen (SH 229 bis 994 und 996 bis 1083) fristgemäß begründet. Soweit vorliegend die Erwartung des Angeklagten, sein Verteidiger werde weitere Verfahrensrügen erheben, unerfüllt geblieben ist, beeinträchtigt dies den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in keiner Weise.

2. Zu den erhobenen Verfahrensrügen bemerkt der Senat ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 7. Dezember 2004:

a) Der Vortrag, § 265 StPO und § 261 StPO seien verletzt, soweit Erkenntnisse aus dem gegen den Angeklagten beim Amtsgericht Tiergarten in Berlin geführten Verfahren verwertet worden sind, ist unvollständig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO ). Die Revision teilt nicht mit, daß eine Beweisaufnahme durch Urkundenverlesung nach § 256 StPO stattgefunden hat und wie sich der Angeklagte auf den Vorhalt der Einstellung des Verfahrens nach § 153a Abs. 2 StPO geäußert hat (Protokoll SA Bl. 2250). Erst in der Erwiderung auf die Antragsschrift des Generalbundesanwalts (S. 7) erfolgen hierzu - mithin verspätete und auch im Gegensatz zu den dienstlichen Erklärungen der Berufsrichter stehende - Ausführungen. Soweit von dieser Verfahrensrüge Erkenntnisse aus dem gegen den Angeklagten bei dem Amtsgericht München geführten Verfahren umfaßt sind, die bei der Strafzumessung erwähnt werden (UA S. 219), schließt der Senat im Blick auf die übrigen gewichtigen Strafzumessungstatsachen aus, daß hierdurch die Strafen zum Nachteil des Angeklagten beeinflußt sind.

b) Hinsichtlich der Verfahrensrüge, dem Angeklagten sei zu Unrecht die Stellung eigener Beweisanträge untersagt worden, läßt es der Senat dahinstehen, ob die dem darstellenden und wertenden Revisionsvortrag (SH 313 bis 390) im einzelnen nicht zugeordneten Anträge und Gerichtsbeschlüsse (SH 392 bis 994) in revisionsrechtlich verwertbarer Form mitgeteilt worden sind (vgl. BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Formerfordernis 1). Der Revision ist zwar zuzugeben, daß die im wesentlichen zur Verfahrensbeschleunigung erfolgte Untersagung der Stellung eigener Beweisanträge den in BGHSt 38, 111 genannten Voraussetzungen nicht entspricht. Daneben wäre unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit aber auch vorrangig eine Anwendung der das Beschleunigungsgebot konkretisierenden Vorschrift des § 257a StPO (vgl. Diemer in KK 5. Aufl. § 257 Rdn. 2) zu prüfen gewesen. Indes kann der Senat ausschließen, daß die vom Angeklagten nicht gestellten 16 Anträge (SH 908 bis 946) die Beweiswürdigung hätten beeinflussen können. Sie offenbaren sämtlich keine neuen Ansätze der Verteidigung und stellen das nach umfassender Sachaufklärung gewonnene besonders sichere Beweisergebnis der Wirtschaftskammer nicht in Frage (vgl. BGH NJW 1997, 2762 , 2764 sub 4a).

3. Auf die Sachrüge stellt der Senat das Verfahren in zwei Betrugsfällen ein. Die Feststellungen belegen in den Fällen II.3a und b der Urteilsgründe nur eine Täuschungshandlung. Im Fall II.15 erfolgte keine Täuschung durch aktives Tun (vgl. BGHSt 46, 196 , 198 f.). Der Senat schließt aus, daß der Wegfall der Einzelfreiheitsstrafen von einem Jahr und drei Monaten und von einem Jahr zu einer günstigeren Bemessung der Gesamtfreiheitsstrafe geführt hätte.

Die von der Revision in den Fällen II.8c und II.9b der Urteilsgründe erhobenen Bedenken gegen die Kausalität der Täuschungen des Angeklagten für den Eintritt des jeweiligen Betrugsschadens greifen nicht durch. Sie gründen ersichtlich darauf, daß die Bankangestellten gegen eine sich aus V Nr. 1 (1) des Scheckabkommens ergebende Pflicht verstoßen haben sollen, vorgelegte und nicht eingelöste Schecks spätestens am nächsten Bankarbeitstag den Inkassostellen zurückzuleiten, weshalb diesen in Höhe der Schecksummen Schadensersatzansprüche erwachsen seien. Die durch Täuschungen des Angeklagten nach Ablauf der Tagesfrist bewirkten Scheckeinlösungen hätten dann keinen Schaden hervorgerufen, weil die Banken von ihren in gleicher Höhe bestehenden Verbindlichkeiten befreit worden wären. Solches ist aber nicht der Fall. Schadensersatzansprüche entstehen erst nach einer unverzüglichen Rüge und einem Regreßversuch der Inkassostelle bei dem jeweiligen Scheckeinreicher (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wechsel- und Scheckgesetz 22. Aufl. ScheckG Art. 28 Anh Rdn. 32 m.w.N.).

Vorinstanz: LG München I, vom 05.05.2004