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BGH - Entscheidung vom 20.04.2005

IV ZR 208/04

Normen:
ZPO (bis 31.12.2001) § 528 Abs. 2

BGH, Beschluß vom 20.04.2005 - Aktenzeichen IV ZR 208/04

DRsp Nr. 2005/10152

Rechtsfolgen einer Gehörsverletzung im Berufungsverfahren

1. Art. 103 Abs. 1 GG ist jedenfalls dann verletzt, wenn die Anwendung einer einfach rechtlichen Präklusionsvorschrift im Einzelfall offenkundig unrichtig ist.2. § 528 Abs. 2 ZPO a.F. ist nicht anwendbar, wenn das als verspätet behandelte Vorbringen erstinstanzlich nicht vorgetragen worden ist. In einem solchen Fall kann auch das Bestreiten nicht verspätet sein.

Normenkette:

ZPO (bis 31.12.2001) § 528 Abs. 2 ;

Gründe:

Die Beklagte rügt zu Recht eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG durch rechtsfehlerhafte Anwendung der Präklusionsvorschrift des § 528 Abs. 2 ZPO a.F.

Im Hinblick auf den Ausnahmecharakter von Präklusionsvorschriften im Zivilprozess und die über eine bloße Willkürkontrolle hinausgehende verfassungsgerichtliche Kontrolle der Fachgerichte durch das Bundesverfassungsgericht bei der Auslegung und Anwendung solcher Vorschriften (vgl. dazu BVerfGE 67, 39 , 41; 69, 126, 136; 69, 145, 149) ist Art. 103 Abs. 1 GG jedenfalls dann verletzt, wenn die Anwendung einer einfachrechtlichen Präklusionsvorschrift im Einzelfall offenkundig unrichtig ist (BVerfGE 66, 260 , 264; 69, 145, 149; BVerfG NJW-RR 1999, 1079 ; BVerfG, 1. Kammer des Ersten Senats, Beschluß vom 9. Mai 2003 - 1 BvR 2190/00).

So liegt der Fall hier. Der vom Berufungsgericht für die Nichtberücksichtigung des Bestreitens der Beklagten herangezogene § 528 Abs. 2 ZPO a.F. regelt die Zulassung neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug entgegen § 282 Abs. 1 ZPO a.F. nicht rechtzeitig vorgebracht oder entgegen § 282 Abs. 2 nicht rechtzeitig mitgeteilt worden sind. Diese Bestimmung war im vorliegenden Fall schon deshalb nicht anwendbar, weil es an entsprechendem Vortrag der Klägerin im ersten Rechtszug zur behaupteten Schlußzahlungsabrede fehlte, den die Beklagte hätte bestreiten können. Deshalb kann dahinstehen, ob der Vortrag der Klägerin zu einer solchen Schlußzahlungsabrede nicht ohnehin schon aus dem Gesamtzusammenhang des Beklagtenvorbringens (§ 138 Abs. 3 ZPO ) als bestritten anzusehen war, so daß es eines ausdrücklichen Bestreitens im Schriftsatz vom 13. Juli 2004, das das Berufungsgericht als verspätet erachtet hat, gar nicht mehr bedurfte.

Auf dem Gehörsverstoß kann das Berufungsurteil beruhen. Der Senat vermag die Annahme einer Verzögerung auch nicht auf einen anderen als den vom Berufungsgericht angegebenen Grund zu stützen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf das im Rechtszug übergeordnete Gericht weder eine von der Vorinstanz unterlassene Zurückweisung nachholen noch die Zurückweisung auf eine andere als die von der Vorinstanz angewandte Vorschrift stützen (BGH, Urteil vom 13. Dezember 1989 - VIII ZR 204/82 - NJW 1990,1302 unter II 2 a).

Vorinstanz: OLG Köln, vom 25.08.2004