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BGH - Entscheidung vom 08.11.2005

VI ZR 121/05

Normen:
ZPO § 397 § 402 § 411 Abs. 3

Fundstellen:
NJW-RR 2006, 1503
NZBau 2006, 650

BGH, Beschluß vom 08.11.2005 - Aktenzeichen VI ZR 121/05

DRsp Nr. 2005/21662

Mündliche Anhörung eines Sachverständigen

Zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs hat eine Partei nach §§ 397 , 402 ZPO einen Anspruch darauf, dass sie dem Sachverständigen die Fragen, die sie zur Aufklärung der Sache für erforderlich hält, zur mündlichen Beantwortung vorlegen kann. Ein Antrag auf Ladung des Sachverständigen setzt nicht voraus, dass die Partei die Fragen, die sie an den Sachverständigen zu richten beabsichtigt, im Voraus konkret formuliert. Es genügt, wenn sie allgemein angibt, in welcher Richtung sie durch ihre Fragen eine weitere Aufklärung herbeizuführen wünscht.

Normenkette:

ZPO § 397 § 402 § 411 Abs. 3 ;

Gründe:

I. 1. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat Erfolg und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. Die angefochtene Entscheidung verletzt den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG . Einer Zulassung der Revision bedarf es nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 5. April 2005 - VIII ZR 160/04 - NJW 2005, 1950 ).

2. Mit Erfolg macht die Nichtzulassungsbeschwerde geltend, dass das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft von einer mündlichen Befragung des gerichtlichen Sachverständigen abgesehen hat.

a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt es für die Frage, ob die Ladung eines Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung des von ihm erstatteten Gutachtens geboten ist, nicht darauf an, ob das Gericht noch Erläuterungsbedarf sieht oder ob ein solcher von einer Partei nachvollziehbar dargetan worden ist. Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats hat die Partei zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs nach §§ 397 , 402 ZPO einen Anspruch darauf, dass sie dem Sachverständigen die Fragen, die sie zur Aufklärung der Sache für erforderlich hält, zur mündlichen Beantwortung vorlegen kann (vgl. u.a. Senatsurteile vom 17. Dezember 1996 - VI ZR 50/96 - VersR 1997, 509; vom 7. Oktober 1997 - VI ZR 252/96 - VersR 1998, 342 , 343 und vom 22. Mai 2001 - VI ZR 268/00 - VersR 2002, 120 , 121 f.). Dieses Antragsrecht besteht unabhängig von § 411 Abs. 3 ZPO (st. Rspr., vgl. BGHZ 6, 398, 400 f.; 24, 9, 14; Senatsurteile vom 24. Oktober 1995 - VI ZR 13/95 - VersR 1996, 211 , 212; vom 17. Dezember 1996 - VI ZR 50/96 - aaO.; vom 7. Oktober 1997 - VI ZR 252/96 - aaO. und vom 29. Oktober 2002 - VI ZR 353/01 - VersR 2003, 926 , 927; Senatsbeschluss vom 10. Mai 2005 - VI ZR 245/04 - VersR 2005, 1555 ). Es kann von der Partei, die einen Antrag auf Ladung des Sachverständigen stellt, nicht verlangt werden, dass sie die Fragen, die sie an den Sachverständigen zu richten beabsichtigt, im Voraus konkret formuliert. Es genügt, wenn sie allgemein angibt, in welcher Richtung sie durch ihre Fragen eine weitere Aufklärung herbeizuführen wünscht (BGHZ 24, 9 , 14 f.).

b) Diesen Anforderungen genügte das Vorbringen des Klägers. Mit Recht verweist die Nichtzulassungsbeschwerde darauf, dass der Kläger im ersten Rechtszug mehrfach die Ladung des Sachverständigen Prof. Dr. R. zur Erläuterung seines Gutachtens beantragt hat. Deshalb hätte bereits das Landgericht den Sachverständigen laden müssen. War mithin das Verfahren in erster Instanz verfahrensfehlerhaft, so war das Berufungsgericht an die Feststellungen im erstinstanzlichen Urteil nicht gebunden. Es hätte seinerseits den Sachverständigen laden müssen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts bedarf der Antrag auf Ladung des Sachverständigen keiner besonderen Begründung. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn der Sachverständige nicht nur ein Erstgutachten, sondern - wie im Streitfall - ein Ergänzungsgutachten erstattet hat. Beschränkungen des Antragsrechts - wie etwa aus dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs oder der Prozessverschleppung (vgl. Senatsurteil vom 29. Oktober 2002 - VI ZR 353/01 - aaO.) - sind nicht ersichtlich. Das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalles nimmt auch das Berufungsgericht nicht an.

3. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Berufungsgericht bei der gebotenen Klärung zu einer anderen Beurteilung des Falles gekommen wäre, war das Urteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dieses wird bei der neuen Verhandlung und Entscheidung auch das weitere Vorbringen des Klägers im Revisionsrechtszug zu berücksichtigen haben.

Vorinstanz: OLG Düsseldorf, vom 23.05.2005 - Vorinstanzaktenzeichen I-8 U 104/04
Vorinstanz: LG Krefeld, vom 15.07.2004 - Vorinstanzaktenzeichen 3 O 255/01
Fundstellen
NJW-RR 2006, 1503
NZBau 2006, 650