Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BGH - Entscheidung vom 19.05.2005

2 BJs 10/05-8

Normen:
StGB § 129a Abs. 3

BGH, Beschluß vom 19.05.2005 - Aktenzeichen 2 BJs 10/05-8 - Aktenzeichen StB 3/05

DRsp Nr. 2005/8610

Keine Unterstützung bei bloßer Zusage einer Unterstützung

Der Senat stellt in Frage, ob bereits die bloße Zusage einer Unterstützung (hier: durch Geldzahlungen) eine Unterstützung im Sinn des § 129 a Abs. 3 StGB darstellt.

Normenkette:

StGB § 129a Abs. 3 ;

Gründe:

1. Der Generalbundesanwalt führt gegen den Beschuldigten ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung gemäß § 129 b i. V. m. § 129 a Abs. 1 Nrn. 1 und 2, Abs. 5 StGB . Er legt dem Beschuldigten zur Last, die ausländische terroristische Vereinigung Al Qaida von Deutschland aus spätestens seit Herbst 2004 unterstützt zu haben. Der Beschuldigte habe sich gemeinschaftlich mit dem gesondert verfolgten K. - eines mutmaßlichen Al Qaida-Mitglieds - und Y. S. , seines Bruders, daran beteiligt, von deutschen Lebensversicherungsgesellschaften betrügerisch die Auszahlung erheblicher Versicherungssummen zu bewirken, und dabei gewußt, daß ein Teil der Gelder, die durch diese Straftaten erlangt werden sollten, der ausländischen terroristischen Vereinigung zur Finanzierung des "Jihads" zufließen würde.

Mit dem angefochtenen Beschluß hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs den Erlaß eines Haftbefehls abgelehnt, weil es jedenfalls an ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkten dafür fehle, daß der Beschuldigte zumindest bedingt vorsätzlich die ausländische terroristische Vereinigung unterstützt habe.

2. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Generalbundesanwalts, der der Ermittlungsrichter nicht abgeholfen hat, führt zum Erlaß des Haftbefehls wegen des dringenden Verdachts des gemeinschaftlichen Betrugs in sieben Fällen.

a) Nach dem bisherigen Ermittlungsergebnis kann im Sinne eines dringenden Tatverdachts von folgendem Geschehen ausgegangen werden:

Der Beschuldigte sowie K. und Y. S. kamen spätestens im Spätsommer 2004 überein, Betrugstaten zum Nachteil deutscher Lebensversicherungsgesellschaften zur Erlangung hoher Geldsummen zu begehen. Bei der Antragstellung spiegelten sie jeweils vor, eine Lebensversicherung mit dem üblichen Risiko abschließen und regelmäßig die vereinbarten Prämien zahlen zu wollen. Tatsächlich aber hatten sie vor, allenfalls drei Monate lang Prämien zu bezahlen. Spätestens nach Ablauf dieser Zeit sollte Y. S. in Ägypten seinen Verkehrsunfalltod vortäuschen und mittels Bestechung von ägyptischen Behörden eine Todesbescheinigung erlangen. Unter Vorlage dieser Bescheinigung sollte der Beschuldigte, der in den Verträgen als Anspruchsberechtigter benannt war, die Versicherungsgesellschaften zur Auszahlung der Versicherungssummen veranlassen. Aufgrund der täuschenden Angaben bei der Antragstellung gelang es Y. S. , bei mindestens sieben Versicherern Versicherungsverträge auf sein Leben in Höhe von insgesamt 932.640 EUR abzuschließen. Bei zahlreichen weiteren Gesellschaften bemühten sich der Beschuldigte und Y. S. vergeblich um den Abschluß solcher Verträge. Die Versicherungssummen sollten zwischen dem Beschuldigten und K. geteilt werden. Als Folge der Verhaftung von K. und Y. S. wurde der Plan nicht weiter ausgeführt.

Der dringende Tatverdacht ergibt sich aus den polizeilichen Ermittlungen, insbesondere den Überwachungen von Telefonverkehr und Wohnraum. Wegen der Einzelheiten wird auf die Darlegung im angefochtenen Beschluß Bezug genommen.

b) Danach ist der Beschuldigte des gemeinschaftlichen Betrugs in sieben Fällen dringend verdächtig. Es liegt jeweils ein Eingehungsbetrug vor, der mit Abschluß des Lebensversicherungsvertrags vollendet war. Mit Eingehung des Vertrages waren die Versicherungsgesellschaften geschädigt, weil sie dem Risiko ausgesetzt waren, innerhalb kurzer Zeit hohe Versicherungsleistungen auszahlen zu müssen, ohne daß dem eine adäquate Gegenleistung gegenüberstand (vgl. BGH StV 1985, 368 ).

c) Es besteht der Haftgrund der Fluchtgefahr. Der Beschuldigte hat für den Fall seiner Verurteilung, die wegen der Höhe der erstrebten Versicherungsleistungen naheliegend nach § 263 Abs. 3 Nr. 2 StGB erfolgen würde und sich zudem noch auf zahlreiche weitere Fälle des versuchten Betrugs erstrecken könnte, mit einer erheblichen, Fluchtanreiz bildenden Freiheitsstrafe zu rechnen. Den Fluchtanreiz mindernde soziale Bindungen sind nicht vorhanden. Weniger einschneidende Maßnahmen als der Vollzug der Untersuchungshaft nach § 116 StPO sind nicht geeignet, den Zweck der Untersuchungshaft zu erreichen. Im Hinblick auf das Gewicht der Beschuldigung und des Tatverdachts ist die Anordnung der Untersuchungshaft verhältnismäßig.

3. Soweit der Generalbundesanwalt mit seiner Beschwerde den Erlaß eines Haftbefehls wegen des Verdachts der Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung erstrebt, bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg.

a) Allerdings ist - wovon auch der angefochtene Beschluß ausgeht - K. dringend verdächtig, Mitglied einer ausländischen terroristischen Vereinigung, der Al Qaida, zu sein.

b) Auch unter Berücksichtigung der im Beschwerdeverfahren zusätzlich vorgelegten Beweismittel ergibt sich aus den vom Ermittlungsrichter dargelegten Gründen indes kein dringender Tatverdacht, daß der Beschuldigte darüber informiert war oder es zumindest für möglich hielt, ein Teil des aufgrund der Betrugstaten erwarteten Geldes solle der Al Qaida zufließen, er mithin den Vorsatz hatte, eine ausländische terroristische Vereinigung zu unterstützen.

Die bei der Überwachung des Telefonverkehrs sowie der Wohnraumüberwachung gewonnenen Beweisanzeichen (überwiegend Äußerungen der gesondert Verfolgten, in geringerem Umfang solche des Beschuldigten) begründen in ihrer Gesamtheit zwar einen gewissen Verdacht für den zumindest bedingten Unterstützungsvorsatz des Beschuldigten. Sie sind indes zu einem nicht unerheblichen Teil auslegungsbedürftig und für sich genommen - ohne weitere Anknüpfungspunkte - nicht geeignet, den Schluß auf den in Frage stehenden Vorsatz des Beschuldigten zu tragen. Zu der Annahme, der Beschuldigte werde auf dieser Beweisgrundlage mit großer Wahrscheinlichkeit wegen § 129 b i. V. m. § 129 a Abs. 1 Nrn. 1 und 2, Abs. 5 StGB verurteilt werden, reichen sie daher ohne weiteres nicht aus.

c) Es kommt deshalb nicht darauf an, ob im Falle einer Kenntnis des Beschuldigten von der Mittelverwendung für Al Qaida seine bislang geleisteten Tatbeiträge als vollendetes Unterstützen zu bewerten wären. Hiergegen könnten Bedenken bestehen, weil es noch nicht zu einer Auszahlung von Geld gekommen ist und sich seine (etwaige) Tätigkeit für die Vereinigung auf die Zusage beschränkte, von der erwarteten Beute einen Teil an die Vereinigung weiterzugeben.

Allerdings hat der Senat in einer früheren Entscheidung (BGHR StGB § 129 a Abs. 3 Unterstützen 4) für eine vergleichbare Konstellation die Auffassung vertreten, bereits die Zusage einer Beschaffung von Waffen könne sich positiv auf das Bestehen und die Aktionsmöglichkeiten einer terroristischen Vereinigung auswirken und damit zu deren Unterstützung führen, auch wenn das Vorhaben später fehlgeschlagen ist. Diese Entscheidung könnte indes nach vorläufiger erneuter Beurteilung der Rechtsfrage - auch mit Blick darauf, daß der Versuch einer Tat nach § 129 a Abs. 5 StGB nicht strafbar ist - den Bereich der Vollendung des Delikts zu weit nach vorne verlagert haben (vgl. Rudolphi in SK- StGB § 129 Rdn. 17).

4. Der Senat sieht Anlaß zu dem klarstellenden Hinweis, daß die Zuständigkeit des Generalbundesanwalts, das Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten wegen des Verdachts der Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung fortzuführen, durch das Fehlen eines dringenden Tatverdachts nicht berührt wird.