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BGH - Entscheidung vom 06.07.2005

XII ZB 29/00

Normen:
VAHRG § 3b Abs. 1 Nr. 2

Fundstellen:
FamRZ 2005, 1825

BGH, Beschluß vom 06.07.2005 - Aktenzeichen XII ZB 29/00

DRsp Nr. 2005/12771

Entscheidung des Beschwerdegerichts über die Anordnung von Beitragszahlungen

Es steht im pflichtgemäßen Ermessen des Tatrichters, ob und in welchem Umfang er den ausgleichsverpflichteten Ehegatten zu Beitragszahlungen heranzieht. Das Gericht der weiteren Beschwerde kann nur prüfen, ob der Tatrichter sein Ermessen unsachgemäß oder in einer mit den gesetzlichen Maßstäben nicht übereinstimmenden Weise ausgeübt und die ihm eingeräumten Ermessensgrenzen überschritten hat oder wesentliche Gesichtspunkte nicht erwogen hat, die für die Beurteilung hätten herangezogen werden können

Normenkette:

VAHRG § 3b Abs. 1 Nr. 2 ;

Gründe:

I. Die am 8. September 1989 geschlossene Ehe der Parteien wurde auf den dem Ehemann (Antragsgegner) am 22. Januar 1996 zugestellten Antrag der Ehefrau (Antragstellerin) durch Verbundurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - vom 29. Juli 1997 geschieden (insoweit rechtskräftig seit 9. September 1997) und u.a. der Versorgungsausgleich geregelt.

Während der Ehezeit (1. September 1989 bis 31. Dezember 1995; § 1587 Abs. 2 BGB ) erwarben die Parteien Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (Verfahrensbeteiligte zu 1, BfA), deren Höhe das Amtsgericht zunächst mit 383,68 DM (Ehefrau, geb. 7. Juni 1965) und 402,60 DM (Ehemann, geb. 10. Mai 1964) angenommen hatte. Außerdem erwarb die Ehefrau während der Ehe Rentenanwartschaften beim Bankenversicherungsverein, deren Höhe das Amtsgericht zunächst mit 278,88 DM angenommen hat. Das Amtsgericht hat - im Wege des erweiterten Splittings - vom Versicherungskonto der Ehefrau bei der BfA auf das Versicherungskonto des Ehemannes bei der BfA Rentenanwartschaften in Höhe von 81,20 DM, monatlich und bezogen auf den 31. Dezember 1995, übertragen. Außerdem hat es die Ehefrau verpflichtet, durch Beitragszahlung in Höhe von 10.004,13 DM auf dem Versicherungskonto des Ehemannes bei der BfA Rentenanwartschaften in Höhe von 48,78 DM, monatlich und bezogen auf den 31. Dezember 1995, zu begründen.

Auf die Beschwerde der Ehefrau hat das Oberlandesgericht die Entscheidung des Amtsgerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen. Das Amtsgericht hat neue Auskünfte über die Versorgungsanrechte der Ehefrau eingeholt. Deren in der Ehezeit erworbene Rentenanwartschaften bei der BfA betragen danach 438,23 DM. Die Rentenanwartschaften der Ehefrau beim Bankenversicherungsverein umfassen Anrechte auf eine jährliche Stammrente, deren Höhe - unter Einschluß außerehelicher Zeiten - 3.308,05 DM jährlich beträgt, außerdem Anrechte auf eine Überschußrente, deren Höhe das Amtsgericht mit 324,32 DM jährlich festgestellt hat. Sodann hat das Amtsgericht - unter Hinweis auf das Verschlechterungsverbot - im Wege des erweiterten Splittings vom Versicherungskonto der Ehefrau bei der BfA Rentenanwartschaften in Höhe von 81,20 DM, monatlich und bezogen auf den 31. Dezember 1995, auf das Versicherungskonto des Ehemannes bei der BfA übertragen; den Ausgleich der weitergehenden Anwartschaften der Ehefrau beim Bankenversicherungsverein in Höhe von 48,78 DM hat es dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten.

Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde des Ehemannes hat das Oberlandesgericht vom Versicherungskonto der Ehefrau bei der BfA auf das Versicherungskonto des Ehemannes bei der BfA - im Wege des Splittings - Rentenanwartschaften in Höhe von 17,82 DM sowie - im Wege des erweiterten Splittings - weitere Rentenanwartschaften in Höhe von 81,20 DM, jeweils monatlich und bezogen auf den 31. Dezember 1995, übertragen. Hiergegen wendet sich der Ehemann mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen weiteren Beschwerde.

II. Das Rechtsmittel ist nicht begründet.

1. Das Oberlandesgericht geht davon aus, daß die Ehefrau in der Ehezeit Rentenanwartschaften in Höhe von insgesamt 698,52 DM erworben hat, von denen die Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung bei der BfA 438,23 DM betrügen. Die Anrechte der Ehefrau beim Bankenversicherungsverein hat das Oberlandesgericht als volldynamisch angesehen. Dabei hat es für die Anrechte auf die Stammrente gemäß § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 BGB einen Ehezeitanteil in Höhe von (3.308,05 DM : 12 = 275,67 DM x 66 Monate der in die Ehezeit fallenden Betriebszugehörigkeit : 78 Monate der gesamten Betriebszugehörigkeit =) 233,26 DM monatlich ermittelt. Den Ehezeitanteil der Anrechte der Ehefrau auf Überschußrente beim Bankenversicherungsverein hat es mit (324,32 DM : 12 =) 27,03 DM monatlich in Ansatz gebracht.

Da den Anrechten der Ehefrau auf Seiten des Ehemannes (nur) Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung bei der BfA in Höhe von 402,60 DM gegenüberstünden, ergebe sich eine Differenz von (698,52 - 402,60 =) 295,92 DM, die hälftig - mithin in Höhe von 147,96 DM - dem Ehemann zustehe. Dabei sei ein Teilbetrag von (438,23 - 402,60 : 2 =) 17,82 DM im Wege des Splittings auszugleichen. Der überschießende Ausgleichsbetrag von (147,96 - 17,82 =) 130,14 DM entfalle auf die Anwartschaften beim Bankenversicherungsverein, die grundsätzlich schuldrechtlich auszugleichen seien. Allerdings könnten insoweit - bis zu dem in § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG vorgesehenen Höchstbetrag - die der Ehefrau zustehenden Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung bei der BfA im Wege des erweiterten Splittings zum Ausgleich herangezogen und auf den Ehemann in Höhe von 81,20 DM übertragen werden. Dem schuldrechtlichen Ausgleich verbliebe dann nur ein Restbetrag von 48,94 DM. Hinsichtlich dieses Restbetrags komme ein - an sich möglicher - öffentlich-rechtlicher Versorgungsausgleich nach § 3 b Abs. 1 Nr. 2 VAHRG nicht in Betracht, da der Ehefrau nach ihren wirtschaftlichen Verhältnissen die Erbringung von Beitragszahlungen zur Begründung von Rentenanwartschaften für den Ehemann nicht zumutbar sei.

2. Diese Ausführungen lassen Rechtsfehler zum Nachteil des Ehemannes nicht erkennen.

a) Die weitere Beschwerde des Ehemannes rügt, die angefochtene Entscheidung verstoße gegen das Verschlechterungsverbot. Damit hat sie keinen Erfolg.

Durch das Verbundurteil des Amtsgerichts sind im Wege des Splittings Rentenanwartschaften der Ehefrau in Höhe von 81,20 DM auf den Ehemann übertragen worden; gleichzeitig ist die Ehefrau verpflichtet worden, für den Ehemann Rentenanwartschaften in Höhe von 48,78 DM zu begründen. Diese Entscheidung ist von der Ehefrau mit der Beschwerde angegriffen worden; auf diese Beschwerde hin konnte der den Versorgungsausgleich betreffende Teil des Verbundurteils deshalb zugunsten der Ehefrau und zum Nachteil des Ehemannes abgeändert werden. Eine solche Abänderung hat das - nach Aufhebung und Zurückverweisung - mit der Sache erneut befaßte Amtsgericht vorgenommen, indem es zwar die Übertragung von Rentenanwartschaften der Ehefrau auf den Ehemann in Höhe von 81,20 DM beibehalten hat, jedoch von einer Verpflichtung der Ehefrau, für den Ehemann weitere Rentenanwartschaften durch Beitragszahlung zu begründen, abgesehen hat. Mit seiner dagegen gerichteten Beschwerde hat der Ehemann zwar begehrt, die Verpflichtung der Ehefrau zur Begründung von Rentenanwartschaften wiederherzustellen; dieses Begehren konnte das Oberlandesgericht jedoch ablehnen, ohne gegen das Verschlechterungsverbot zu verstoßen.

Soweit das Oberlandesgericht - über die bereits vom Amtsgericht im Wege des erweiterten Splittings übertragenen Rentenanwartschaften in Höhe von 81,20 DM hinaus - im Wege des Splittings - Rentenanwartschaften der Ehefrau in Höhe von weiteren 17,82 DM auf den Ehemann übertragen hat, ist der Ehemann nicht beschwert. Die vom Oberlandesgericht erörterte - und verneinte - Frage, ob insoweit ein Verstoß gegen das Verbot der reformatio in peius zu Lasten der Ehefrau vorliegt, kann deshalb hier dahinstehen.

b) In der Sache verfolgt die weitere Beschwerde des Ehemannes das Anliegen, die Ehefrau zu verpflichten, für den Ehemann zum Ausgleich des auf die Betriebsrente entfallenden und nicht bereits im Wege des erweiterten Splittings ausgeglichenen Teilbetrags durch Beitragszahlung Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung zu begründen. Auch mit diesem Anliegen dringt die weitere Beschwerde nicht durch.

Nach § 3 b Abs. 1 Nr. 2 VAHRG steht es im pflichtgemäßen Ermessen des Tatrichters, ob und in welchem Umfang er den ausgleichsverpflichteten Ehegatten zu Beitragszahlungen heranzieht. Das Gericht der weiteren Beschwerde kann nur prüfen, ob der Tatrichter sein Ermessen unsachgemäß oder in einer mit den gesetzlichen Maßstäben nicht übereinstimmenden Weise ausgeübt und die ihm eingeräumten Ermessensgrenzen überschritten hat oder wesentliche Gesichtspunkte nicht erwogen hat, die für die Beurteilung hätten herangezogen werden können (Senatsbeschluß vom 9. Oktober 1996 - XII ZB 188/94 - FamRZ 1997, 166 , 168). Das Oberlandesgericht hat die wirtschaftliche Situation der Ehefrau umfassend gewürdigt. Es hat die fehlende weitere Belastbarkeit der Eigentumswohnung der Antragstellerin ebenso erwogen wie die Unsicherheiten ihres Arbeitsplatzes und die durch ihre Schwangerschaft bedingte Einschränkung ihrer bisherigen Erwerbstätigkeit. Diese Erwägungen lassen für das Verfahren der weiteren Beschwerde bedeutsame Rechtsfehler nicht erkennen. Auch die weitere Beschwerde zeigt solche Rechtsfehler nicht auf.

Vorinstanz: OLG München, vom 15.02.2000
Fundstellen
FamRZ 2005, 1825