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BGH - Entscheidung vom 13.04.2005

XII ZB 112/02

Normen:
BeamtVG § 14
BGB § 1587

BGH, Beschluss vom 13.04.2005 - Aktenzeichen XII ZB 112/02

DRsp Nr. 2005/8307

Bewertung von Beamten-Ruhegehaltsanwartschaften im Versorgungsausgleich

1. Für die Berechnung des Versorgungsausgleichs bei beamtenrechtlichen Versorgungsanrechten kommt im Hinblick auf den Halbteilungsgrundsatz seit dem 1. Januar 2003 uneingeschränkt der Höchstruhegehaltssatz von 71,75% gem. § 14 BeamtVG in der Fassung des Art. 1 Nr. 11 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 maßgeblich. Dabei kommt es weder darauf n, ob das Ehezeitende vor oder in der Übergangsphase nach § 69e BeamtVG liegt, noch ob der Versorgungsfall im oder erst nach der Übergangsphase eintreten wird.2. Die unterschiedlichen Niveauabsenkungsregelungen in der gesetzlichen Rentenversicherung einerseits und der Beamtenversorgung andererseits können nicht dadurch korrigiert werden, dass einem Ehegatten unter Verstoß gegen den Halbteilungsgrundsatz mehr als die Hälfte seiner ihm tatsächlich zustehenden ehezeitbezogenen Versorgungsanwartschaften genommen wird.3. Versorgungsanrechte aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes bei der VBL sind nach der Neufassung der Satzung zum 1. Januar 2002 als im Anwartschaftsstadium statisch und im Leistungsstadium dynamisch zu bewerten.

Normenkette:

BeamtVG § 14 ; BGB § 1587 ;

Gründe:

I. Die Parteien haben am 2. März 1967 geheiratet. Der Scheidungsantrag des Ehemannes (Antragsteller; geboren am 6. Februar 1945) ist der Ehefrau (Antragsgegnerin; geboren am 8. August 1946) am 12. Januar 2001 zugestellt worden. Das Amtsgericht - Familiengericht - hat durch Verbundurteil die Ehe geschieden (insoweit rechtskräftig) und den Versorgungsausgleich dahin geregelt, daß es im Wege des Quasisplittings nach § 1587 b Abs. 2 BGB zu Lasten der Versorgung des Antragstellers bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL; weitere Beteiligte zu 4) auf dem Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der Landesversicherungsanstalt Hannover (LVA; weitere Beteiligte zu 3) Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 29,39 Ç, bezogen auf den 31. Dezember 2000, begründet hat. Darüber hinaus hat es ebenfalls im Wege des Quasisplittings nach § 1587 b Abs. 2 BGB zu Lasten der Versorgung des Antragstellers bei der Bundesagentur für Arbeit (BA; weitere Beteiligte zu 1) auf dem Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der LVA Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 796,17 Ç, bezogen auf den 31. Dezember 2000, begründet.

Auf die hiergegen gerichteten Beschwerden der BA und der VBL hat das Oberlandesgericht die Entscheidung dahingehend abgeändert, daß es - jeweils bezogen auf den 31. Dezember 2000 - im Wege des Splittings nach § 1587 b Abs. 1 BGB vom Versicherungskonto des Antragstellers bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA; weitere Beteiligte zu 2) auf das Konto der Antragsgegnerin bei der LVA Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 136,08 Ç übertragen hat. Weiter hat es im Wege des Quasisplittings nach § 1587 b Abs. 2 BGB zu Lasten der Versorgungsanwartschaften des Antragstellers bei der BA auf dem Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der LVA Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 619,20 Ç begründet. Schließlich hat es im Wege des analogen Quasisplittings nach § 1 Abs. 3 VAHRG zu Lasten der Versorgung des Antragstellers bei der VBL auf dem Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der LVA Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 24,49 Ç begründet.

Dabei ist das Oberlandesgericht nach den Auskünften der weiteren Beteiligten zu 1 bis 4 von ehezeitlichen (1. März 1967 bis 31. Dezember 2000; § 1587 Abs. 2 BGB ) Anwartschaften des Antragstellers bei der BA unter Berücksichtigung der Absenkung des Höchstruhegehaltssatzes nach § 14 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG in der Fassung des Art. 1 Nr. 11 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 in Höhe von monatlich 1.238,40 Ç und bei der BfA in Höhe von monatlich 511,81 Ç, bezogen auf den 31. Dezember 2000, sowie der Antragsgegnerin bei der LVA in Höhe von monatlich 239,65 Ç, ebenfalls bezogen auf den 31. Dezember 2000, ausgegangen. Die für den Antragsteller bei der VBL bestehenden Anwartschaften hat das Oberlandesgericht als nicht volldynamisch bewertet und nach Dynamisierung anhand der Barwert-Verordnung für den Antragsteller monatlich 48,97 Ç dem Versorgungsausgleich zugrunde gelegt.

Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der BA, mit der sie u.a. weiterhin geltend macht, das Oberlandesgericht habe die Neuregelungen des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 fehlerhaft auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs angewandt. Die Parteien, die BfA, die LVA und die VBL haben sich im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht geäußert.

II. Die nach §§ 629 a Abs. 2 Satz 1, 621 e Abs. 2 Satz 1 1. Halbs. Nr. 1, 2. Halbs. in Verbindung mit § 543 Abs. 2 ZPO zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.

1. Allerdings ist es entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden, daß der Versorgungsausgleich auf der Grundlage des § 14 BeamtVG in der Fassung des Art. 1 Nr. 11 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 vom 20. Dezember 2001 durchgeführt worden ist.

Der Senat hat zwischenzeitlich entschieden, daß für die Berechnung des Versorgungsausgleichs bei beamtenrechtlichen Versorgungsanrechten im Hinblick auf den Halbteilungsgrundsatz seit dem 1. Januar 2003 uneingeschränkt der Höchstruhegehaltssatz von 71,75 % gemäß § 14 BeamtVG in der Fassung des Art. 1 Nr. 11 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I, 3926) maßgeblich ist, da diese Fassung nach Art. 20 Abs. 2 Nr. 1 des Versorgungsänderungsgesetzes zum 1. Januar 2003 in Kraft getreten ist. Dabei kommt es weder darauf an, ob das Ehezeitende vor oder in der Übergangsphase nach § 69 e BeamtVG liegt, noch ob der Versorgungsfall in oder erst nach der Übergangsphase eintreten wird (vgl. Senatsbeschlüsse vom 26. November 2003 - XII ZB 75/02 und XII ZB 30/03 - FamRZ 2004, 256 ff. bzw. 259 ff.). Wie der Senat weiter ausgeführt hat, fällt - wenn der Versorgungsfall während der Übergangsphase nach § 69 e BeamtVG eintritt - der degressive Versorgungsbestandteil nach § 69 e BeamtVG (sog. Abflachungsbetrag) nicht unter den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich. Ob der Abflachungsbetrag ggf. später im schuldrechtlichen Versorgungsausgleich auszugleichen sein wird, bleibt einer weiteren Prüfung vorbehalten, sofern die Voraussetzungen für einen schuldrechtlichen Versorgungsausgleich gegeben sein sollten (vgl. Senatsbeschluß vom 26. November 2003 - XII ZB 30/03 - aaO. 261).

Daß der Antragsteller vorliegend nach dem Vorbringen der Rechtsbeschwerdeführerin im Februar 2005 und damit vor dem bisher angenommenen Ende der Übergangsphase nach § 69 e BeamtVG pensioniert wurde, gebietet keine andere Bewertung.

Zwar unterliegen die Rentenanwartschaften, die für die Antragsgegnerin durch das Quasisplitting - aufgrund des herabgesetzten Höchstversorgungssatzes von 71,75 % - begründet werden, wie alle Anwartschaften der Antragsgegnerin in der gesetzlichen Rentenversicherung für die Zeit vom 1. Juli 2001 bis zum 1. Juli 2010 zusätzlich der Niveauabsenkung nach § 255 e SGB VI . Dies ist indessen durch die unterschiedlichen Niveauabsenkungsregelungen in der gesetzlichen Rentenversicherung einerseits und der Beamtenversorgung andererseits systemimmanent und kann nicht dadurch korrigiert werden, daß dem Antragsteller unter Verstoß gegen den Halbteilungsgrundsatz mehr als die Hälfte seiner ihm tatsächlich zustehenden ehezeitbezogenen Versorgungsanwartschaften genommen wird. Sollten wegen der systembedingten Unterschiede im Ergebnis Korrekturen erforderlich werden - was im Hinblick auf die gegenwärtigen renten- und pensionsrechtlichen Unsicherheiten nicht abschließend beurteilt werden kann -, müssen diese gegebenenfalls der Abänderung nach § 10 a Abs. 1 Nr. 1 VAHRG vorbehalten bleiben.

2. Soweit die Beschwerdeführerin darüber hinaus hinsichtlich der Sonderzuwendung den Bemessungsfaktor zum Ehezeitende von 89,79 % herangezogen wissen will, kann dem nicht gefolgt werden. Der Senat hat bereits mehrfach entschieden, daß insoweit jeweils der zur Zeit der Entscheidung geltende Bemessungsfaktor anzuwenden ist (vgl. etwa Senatsbeschluß vom 4. September 2002 - XII ZB 130/98 - FamRZ 2003, 437 ff. m.w.N.). Damit ergibt sich hinsichtlich der Anwartschaften des Antragstellers rechnerisch eine Abänderung durch die nunmehr erforderliche Anwendung des Bemessungsfaktors von 5 % monatlich nach § 2 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3 des Bundessonderzahlungsgesetzes (BSZG) in der seit dem 1. Januar 2005 geltenden Fassung (Bekanntmachung der Neufassung des Bundessonderzahlungsgesetzes vom 28. Februar 2005 - BGBl. I, 464, 465).

3. Indessen hat das Oberlandesgericht die für den Antragsteller bei der VBL bestehenden Anwartschaften (wohl) als insgesamt statisch beurteilt. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Der Senat hat zwischenzeitlich entschieden, daß die Versorgungsanrechte aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes bei der VBL nach der Neufassung der Satzung zum 1. Januar 2002 als im Anwartschaftsstadium statisch und im Leistungsstadium dynamisch zu bewerten sind (vgl. Senatsbeschluß vom 7. Juli 2004 - XII ZB 277/03 - FamRZ 2004, 1474 ).

4. Danach kann die Entscheidung nicht bestehen bleiben. Der Senat hält es für angebracht, in der Sache nicht selbst zu entscheiden, um dem Oberlandesgericht durch die Zurückverweisung zugleich Gelegenheit zu geben, der zwischenzeitlichen Pensionierung des Antragstellers Rechnung zu tragen.

Vorinstanz: OLG Celle, vom 24.06.2002