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BGH - Entscheidung vom 07.12.2005

XII ZB 210/03

Normen:
BGB § 1587 Abs. 2

BGH, Beschluß vom 07.12.2005 - Aktenzeichen XII ZB 210/03

DRsp Nr. 2006/1967

Behandlung von Anwartschaften aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes bei der VBL im Versorgungsausgleich

Die Versorgungsanrechte aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes bei der VBL sind nach der Neufassung der Satzung zum 1. Januar 2002 als im Anwartschaftsstadium statisch und im Leistungsstadium dynamisch zu bewerten. Dies gilt für Anwartschaften aus allen anderen Zusatzversorgungskassen, die strukturell derjenigen bei der VBL entspricht.

Normenkette:

BGB § 1587 Abs. 2 ;

Gründe:

I. Die Parteien haben am 12. April 1985 die Ehe geschlossen. Der Scheidungsantrag der Ehefrau (Antragstellerin, geboren am 1. Juni 1966) ist dem Ehemann (Antragsgegner; geboren am 3. Juli 1963) am 12. September 2002 zugestellt worden. Das Amtsgericht - Familiengericht - hat die Ehe geschieden (insoweit rechtskräftig) und den Versorgungsausgleich dahin geregelt, dass es vom Versicherungskonto der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV Bund, früher Bundesversicherungsanstalt für Angestellte; weitere Beteiligte zu 1) im Wege des Splittings nach § 1587 b Abs. 1 BGB auf das Versicherungskonto des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland (DRV Mitteldeutschland, früher Landesversicherungsanstalt Thüringen; weitere Beteiligte zu 2) angleichungsdynamische Rentenanwartschaften in Höhe von 6,38 EUR und weitere (nicht angleichungsdynamische) Anwartschaften in Höhe von 0,88 EUR, jeweils monatlich und bezogen auf den 31. August 2002, übertragen hat. Ferner hat es zu Lasten der Versorgung der Antragstellerin bei der Zusatzversorgungskasse Thüringen (ZVK-Th; weitere Beteiligte zu 3) im Wege des analogen Quasi-Splittings nach § 1 Abs. 3 VAHRG auf dem Versicherungskonto des Antragsgegners bei der Beteiligten zu 2 (angleichungsdynamische) Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 20,20 EUR, bezogen auf den 31. August 2002, begründet.

Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 3 hat das OLG die Entscheidung dahingehend abgeändert, dass der Ausgleichsbetrag im Wege des analogen Quasi-Splittings 10,47 EUR beträgt und dass die insoweit begründeten Anwartschaften nicht angleichungsdynamisch sind. Dabei ist das Oberlandesgericht nach den Auskünften der weiteren Beteiligten von ehezeitlichen (1. April 1985 bis 31. August 2002; § 1587 Abs. 2 BGB ) Anwartschaften der Antragstellerin in Höhe von (angleichungsdynamisch) 319,18 EUR und (nicht angleichungsdynamisch) 1,75 EUR jeweils bei der weiteren Beteiligten zu 1 sowie des Antragsgegners bei der Beteiligten zu 2 in Höhe von (angleichungsdynamisch) 306,43 EUR, jeweils monatlich und bezogen auf den 31. August 2002, ausgegangen. Die für die Antragstellerin bei der Beteiligten zu 3 bestehenden (nicht angleichungsdynamischen) Anwartschaften hat das Oberlandesgericht als in der Anwartschaftsphase volldynamisch und in der Leistungsphase statisch bewertet und nach entsprechender Dynamisierung anhand der Barwert-Verordnung für die Antragstellerin mit monatlich 20,95 EUR dem Versorgungsausgleich zugrunde gelegt.

Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde macht die Beteiligte zu 3 weiter geltend, die bei ihr bestehenden Anrechte seien auch im Anwartschaftsstadium als statisch zu behandeln. Die Parteien und die weiteren Beteiligten zu 1 und 2 haben sich im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht geäußert.

II. Die nach §§ 629 a Abs. 2 Satz 1, 621 e Abs. 2 Satz 1 1. Halbs. Nr. 1, 2. Halbs. in Verbindung mit § 543 Abs. 2 ZPO zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.

Das Oberlandesgericht hat die für die Antragstellerin bei der Beteiligten zu 3 bestehenden (nicht angleichungsdynamischen) Anwartschaften als im Anwartschaftsstadium volldynamisch und im Leistungsstadium statisch beurteilt. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Der Senat hat zwischenzeitlich entschieden, dass die Versorgungsanrechte aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes bei der VBL nach der Neufassung der Satzung zum 1. Januar 2002 als im Anwartschaftsstadium statisch und im Leistungsstadium dynamisch zu bewerten sind (vgl. Senatsbeschluss vom 7. Juli 2004 - XII ZB 277/03 - FamRZ 2004, 1474 , 1475 f.). Gleiches gilt für Versorgungsanrechte bei der Zusatzversorgungskasse der Bayerischen Gemeinden (Senatsbeschluss vom 8. September 2004 - XII ZB 144/04 - FamRZ 2004, 1706 f.), Anrechte bei der Bahnversicherungsanstalt, Abteilung B (Senatsbeschluss vom 6. Oktober 2004 - XII ZB 133/04 - FamRZ 2004, 1959, 1960) und für Versorgungsanrechte bei der Zusatzversorgungskasse des Kommunalen Versorgungsverbands Baden-Württemberg (Senatsbeschluss vom 23. März 2005 - XII ZB 255/03 - FamRZ 2005, 878 , 879).

Zudem hat der Senat - nach Erlass der angefochtenen Entscheidung - entschieden, dass auch die Zusatzversorgung bei der Beteiligten zu 3 strukturell derjenigen bei der VBL entspricht, so dass Versorgungsanrechte bei der ZVK-Th aus denselben Gründen wie bei der VBL (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 7. Juli 2004 aaO.) ebenfalls als im Anwartschaftsstadium statisch und im Leistungsstadium dynamisch zu bewerten sind (Senatsbeschluss vom 20. Juli 2005 - XII ZB 209/03 - FamRZ 2005, 1532 , 1533).

Danach ergibt sich gemäß §§ 1587 a Abs. 2 Nr. 2 und 3 a, Abs. 3 , 4, 1587 b Abs. 1 BGB , 1 Abs. 3 VAHRG , 2 Abs. 1 Nr. 1 b VAÜG folgende Berechnung:

Bei der Umwertung der Anwartschaften bei der ZVK-Th in eine dynamische Versorgung kommt Tabelle 1 zu § 2 Abs. 2 Barwert-Verordnung zur Anwendung. Der sich daraus ergebende Faktor von 2,3 (Alter der Antragstellerin bei Ende der Ehezeit: 36 Jahre) ist nach § 2 Abs. 2 Satz 4 der Barwert-Verordnung um 65 % auf 3,795 zu erhöhen, weil die Zusatzversorgung der Ehefrau im Leistungsstadium dynamisch ist. Aus der Jahresrente bei der ZVK-Th von 484,92 EUR (40,41 EUR x 12) errechnet sich danach ein Barwert von (484,92 EUR x 3,795 =) 1.840,27 EUR. Nach Multiplikation mit dem Umrechnungsfaktor der Rechengrößenbekanntmachung für 2002 (Tabelle 5) von 0,0001835894 ergeben sich (auf vier Stellen gerundet) 0,3379 Entgeltpunkte. Nach weiterer Multiplikation mit dem allgemeinen Rentenwert zum Ende der Ehezeit (Tabelle 1; 2. Halbjahr 2002) von 25,86 EUR folgt daraus eine volldynamische Rente von 8,74 EUR.

Der in der Ehezeit erworbenen Versorgung des Ehemannes bei der DRV Mitteldeutschland in Höhe von 306,43 EUR stehen ebenso angleichungsdynamische Anwartschaften der Ehefrau bei der DRV Bund in Höhe von 319,18 EUR gegenüber. In Höhe der Hälfte der Differenz, mithin in Höhe von 6,38 EUR hat das Amtsgericht - von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffen - angleichungsdynamische Rentenanwartschaften vom Versicherungskonto der Ehefrau auf dasjenige des Ehemannes übertragen. Weil die Ehefrau ebenfalls über die höheren nicht angleichungsdynamischen Anwartschaften verfügt, sind diese zusätzlich auszugleichen. Diese allein von der Ehefrau erworbenen Anwartschaften belaufen sich auf 1,75 EUR bei der DRV Bund und auf weitere 8,74 EUR bei der ZVK-Th, insgesamt also auf 10,49 EUR. Die Hälfte davon, also 5,25 EUR, sind zusätzlich zugunsten des Antragstellers auszugleichen. Davon hat das Amtsgericht bereits im Wege des Splittings 0,88 EUR vom Versicherungskonto der Antragstellerin bei der DRV Bund auf das Versicherungskonto des Antragsgegners bei der DRV Mitteldeutschland übertragen. Der Rest in Höhe von 4,37 EUR entfällt auf das (nicht angleichungsdynamische) analoge Quasi-Splitting zu Lasten der ZVK-Th.

Vorinstanz: OLG Thüringen, vom 01.09.2003 - Vorinstanzaktenzeichen 1 UF 247/03
Vorinstanz: AG Sömmerda, vom 14.04.2003 - Vorinstanzaktenzeichen 2 F 352/02