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BGH - Entscheidung vom 26.07.2005

X ARZ 210/05

BGH, Beschluß vom 26.07.2005 - Aktenzeichen X ARZ 210/05

DRsp Nr. 2005/13133

Gründe:

I. Die Klägerin begehrt Prozeßkostenhilfe für eine unbedingte Klage, die bisher mangels Zustellung nicht rechtshängig geworden ist. Das Landgericht Limburg an der Lahn hat das bei ihm anhängig gemachte Prozeßkostenhilfeverfahren an das seiner Ansicht nach zuständige Arbeitsgericht Wetzlar verwiesen. Dieses ist der Ansicht, die Verweisung lediglich des Prozeßkostenhilfeverfahrens an ein Gericht eines anderen Rechtsweges sei nicht zulässig; nach unbedingter Klageerhebung könne lediglich das Prozeßverfahren verwiesen werden. Es hat daher die Übernahme abgelehnt. Das Landgericht hat daraufhin die Sache dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung der Zuständigkeitsfrage vorgelegt.

II. Der Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts ist zulässig.

1. Der Antrag ist statthaft. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts ist § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO in Fällen eines negativen Kompetenzkonflikts zwischen Gerichten verschiedener Gerichtszweige entsprechend anwendbar (BGHZ 17, 168, 170; BAGE 23, 167, 169). Diese Vorschrift ist dazu geschaffen, jedem Rechtsuchenden das für die Entscheidung seines Rechtsanliegens zuständige Gericht zuzuweisen und dadurch jeden langwierigen Zuständigkeitsstreit der Gerichte untereinander zu vermeiden.

Zwar regeln die §§ 17 a, 17 b GVG das Verfahren der Rechtswegverweisung grundsätzlich abschließend (vgl. BGHZ 144, 21, 24). Hieraus folgt indes nur, daß die Parteien sich nicht auf das Verfahren nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO verweisen lassen müssen, solange eine Entscheidung gemäß § 17 a GVG noch mit Rechtsmitteln angefochten werden kann (BGH, aaO.). Wenn solche Rechtsmittel nicht mehr zur Verfügung stehen, ist ein Verfahren nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO hingegen möglich. Denn auch die Regelung in § 17 a GVG kann nicht vollständig verhindern, daß es im Einzelfall innerhalb eines Verfahrens zu Zweifeln über die Bindungswirkung von rechtskräftigen Verweisungsbeschlüssen kommt und deshalb keines der in Frage kommenden Gerichte bereit ist, die Sache zu bearbeiten. In diesen seltenen Fällen bietet eine entsprechende Anwendung des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO die geeignete Handhabe, den Streit über die Rechtswegzuständigkeit schnell zu beenden (vgl. Sen.Beschl. v. 26.07.2001 - X ARZ 132/01, NJW 2001, 3633 ).

2. Der Bundesgerichtshof ist für die hier zu treffende Entscheidung zuständig.

a) Zuständig für die Bestimmung ist derjenige oberste Gerichtshof des Bundes, der zuerst darum angegangen wird (BGHZ 44, 14, 15; BAGE 23, 167, 170; BAG, Beschl. v. 25.11.1983 - 5 AS 20/83, NJW 1984, 751, 752); entsprechend für § 53 Abs. 1 Nr. 5 VwGO und § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGG das Bundesverwaltungsgericht und das Bundessozialgericht (BVerwG, Beschl. v. 05.03.1993 - 11 ER 400/93, NJW 1993, 3087 ; BSG, Beschl. v. 11.10.1988 - 1 S 14/88, MDR 1989, 189).

b) Daran hat die Änderung der Vorschrift des § 36 ZPO durch Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts vom 22. Dezember 1997 (BGBl. I S. 3224) nichts geändert, da in Kompetenzkonflikten verschiedener Gerichtszweige ein gemeinschaftliches höheres Gericht, wie es § 36 Abs. 2 ZPO voraussetzt, nicht existiert und auch dessen entsprechende Anwendung, etwa in Form einer Entscheidung des jeweiligen Obergerichts des zunächst beschrittenen Rechtsweges, im Hinblick auf die beschränkte Zahl derartiger Kompetenzkonflikte weder erforderlich noch zweckmäßig ist (vgl. Sen.Beschl. v. 26.07.2001 - X ARZ 69/01, NJW 2001, 3631 , 3632 m.w.N.).

3. Die Voraussetzungen für eine Bestimmung des zuständigen Gerichts entsprechend § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor. Sowohl das Landgericht als auch das Arbeitsgericht haben jeweils rechtskräftig entschieden, daß der zu ihnen beschrittene Rechtsweg unzulässig sei.

III. Als zuständiges Gericht ist das Arbeitsgericht Wetzlar zu bestimmen. Dieses ist durch die nach Gewährung rechtlichen Gehörs ergangene und nicht offensichtlich gesetzwidrige Rechtswegentscheidung des Amtsgerichts für das Prozeßkostenhilfeverfahren gebunden, § 17 a Abs. 2 Satz 3 GVG . Nach ihrem Wortlaut und Sinnzusammenhang sind die Regelungen der §§ 17 a, 17 b GVG schon zur Vermeidung langwieriger Zuständigkeitsstreitigkeiten auch im Verfahren über die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe anzuwenden (vgl. Sen. aaO., 3633).

IV. Die Verweisung an das Arbeitsgericht Wetzlar erstreckt sich nicht auf das Prozeßverfahren, das mangels Rechtshängigkeit der Klage noch nicht verwiesen werden kann.