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BGH - Entscheidung vom 31.05.2005

5 StR 76/05

Normen:
StPO § 244 Abs. 2

BGH, Beschluß vom 31.05.2005 - Aktenzeichen 5 StR 76/05

DRsp Nr. 2005/9598

Aufklärungspflicht und bereits erlangte Überzeugung

Die Aufklärungspflicht gebietet nicht die Erhebung von Beweisen, die bei verständiger Würdigung der Sachlage begründete Zweifel an der Richtigkeit der auf Grund der bisherigen Beweisaufnahme erlangten Überzeugung nicht wecken können.

Normenkette:

StPO § 244 Abs. 2 ;

Gründe:

Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 18. April 2005 bemerkt der Senat:

1. Die von den Angeklagten K, Ka und M erhobenen Aufklärungsrügen sind jedenfalls unbegründet. Das Landgericht war nicht gehalten, nach der am dritten Verhandlungstag erfolgten Verlesung eines Behördengutachtens dessen Verfasserin aufgrund der am 24. Verhandlungstag gestellten Anträge der Verteidiger oder von Amts wegen zur weiteren Aufklärung und Bewertung von in zwei Entführungsfahrzeugen und an der Kleidung des Entführten festgestellten Faserspuren als Sachverständige zu vernehmen. Wenigstens nachdem der Angeklagte K ab dem 35. Verhandlungstag eingeräumt hatte, daß der Zeuge Ma in dem vom Angeklagten zunächst gemieteten PKW auf dem Rücksitz mitgefahren ist und keine Faser des Sitzbezugs dieses Fahrzeugs an der Kleidung des Zeugen festgestellt worden war, konnte die von den Revisionen vermißte Aufklärung einer hohen Wahrscheinlichkeit einer Faserübertragung von den aus Chemiefasern bestehenden Sitzbezügen beider Fahrzeuge auf die Kleidung des Entführten und die hohe Wahrscheinlichkeit einer weiten Verbreitung der in diesen Fahrzeugen und an der Kleidung des Zeugen festgestellten Fremdfasern keine Möglichkeit mehr darstellen, die bei verständiger Würdigung der Sachlage begründete Zweifel an der Richtigkeit der auf Grund der bisherigen Beweisaufnahme erlangten Überzeugung hätte wecken müssen (vgl. BGHR StPO § 244 Abs. 2 Umfang 1 und Aufdrängen 6).

Das Landgericht stützt seine Überzeugung von der Täterschaft der Angeklagten auf die Aussage des Entführten, soweit diese durch andere Beweismittel bestätigt worden ist. Solche Beweise hat die Strafkammer in großem Umfang bis zum 34. Verhandlungstag erhoben und ohne Rechtsfehler als die Aussage des Zeugen stützende Indizien gewertet:

Der Zeuge N hat bekundet, daß die Entführung des Ma von Augenzeugen beobachtet worden und allgemein bekannt gewesen sei (UA S. 72). An der Kleidung des Zeugen Ma fanden sich Klebstoffreste, die seine Aussage über eine Fesselung mit Klebeband bestätigten (UA S. 89). An den hinteren mittleren Sitzflächen und Lehnen beider vom Angeklagten K gemieteten Fahrzeuge wurden indigoblaue Fasern festgestellt, die mit den Fasern der Kleidung des Ma gruppenidentisch waren (UA S. 79). Des weiteren fanden sich auf den Rücksitzen beider Fahrzeuge eine Vielzahl von Fremdfasern, braune Baumwollfasern und rote Viskosefasern. Solche wurden auch an der Kleidung des Zeugen im Bereich sitztypischer Beanspruchung festgestellt. Die Schlußfolgerung des insoweit fehlerfrei herangezogenen Behördengutachtens, daß dieses Spurenbild für Kontakte des Zeugen Ma zu mindestens einem der Fahrzeuge spreche (UA S. 79), fand seine Bestätigung in der Einlassung des Angeklagten K, Ma sei in dem ersten gemieteten Fahrzeug mitgefahren (UA S. 46). Die Kilometeranzeigen der Mietfahrzeuge stimmten mit den vom Zeugen Ma bekundeten Fahrten überein (UA S. 83). Für einen Aufenthalt des Angeklagten K im Ausland während der Zeit der Entführung sprachen seine Gewohnheiten und Möglichkeiten des Telefonierens (UA S. 105). Die Aussage des Opfers über seine Rückkehr aus Belgien wurde unter anderem durch abgehörte Telefongespräche bestätigt (UA S. 76 ff.), wovon eines einen Hinweis auf den Angeklagten K als Täter enthielt (UA S. 77 f.). Schließlich hat dieser Angeklagte gegenüber den Zeugen Kat (UA S. 99) und Z (UA S. 73) die Entführung eingestanden, mit den Mitangeklagten den zur Tätergruppe des Entführten gehörenden Zeugen P unter Druck gesetzt und später Vergleichsverhandlungen mit dieser Gruppierung geführt.

2. Vor dem Hintergrund dieser besonders dichten, auf eine Vielzahl von Sach- und Personalbeweisen gestützten Beweisführung schließt es der Senat aus, daß die im Widerspruch zu dem verlesenen Fasergutachten stehende Schlußfolgerung des Landgerichts (UA S. 80 f.), die Fremdfasern seien von Ma oder einem seiner Bewacher vom ersten in das zweite Entführungsfahrzeug übertragen worden, die Beweiswürdigung zum Nachteil der Angeklagten beeinflußt hat.

Vorinstanz: LG Hamburg, vom 23.06.2004