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BGH - Entscheidung vom 02.03.2005

XII ZR 28/02

Normen:
MGV § 9 Abs. 1 Nr. 1
ZPO (bis 31.12.2001) § 543 Abs. 1

BGH, Urteil vom 02.03.2005 - Aktenzeichen XII ZR 28/02

DRsp Nr. 2005/5727

Anforderungen an den Tatbestand des Berufungsurteils

Das Fehlen eines Tatbestandes führt grundsätzlich zur Aufhebung des Urteils, weil einer solchen Entscheidung nicht entnommen werden kann, welchen Streitstoff das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat. Das gilt auch dann, wenn aus Sicht des Berufungsgerichts ein Urteilstatbestand gem. § 543 Abs. 1 ZPO a.F. entbehrlich schien, weil das Berufungsgericht sein Urteil für nicht revisibel gehalten hat.

Normenkette:

MGV § 9 Abs. 1 Nr. 1 ; ZPO (bis 31.12.2001) § 543 Abs. 1 ;

Tatbestand:

Nach dem auf die mündliche Verhandlung vom 11. Dezember 2001 ergangenen Urteil des Oberlandesgerichts hatte der Kläger 1998 eine ihm zustehende Milch-Referenzmenge ohne Fläche für die Zeit vom 1. Oktober 1998 bis 31. März 2000 an den Beklagten verpachtet. Die zuständige Landwirtschaftskammer ging jedoch in der nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 MGV erforderlichen Bescheinigung vom Kauf der Referenzmenge aus. Der Beklagte nutzt die Referenzmenge im Rahmen seiner Milchproduktion auch über den 31. März 2000 hinaus mit der Behauptung, er habe sie vom Kläger gekauft.

Das Berufungsgericht hat den Beklagten, nachdem das Landgericht die u.a. auf Nutzungsentgelt und Mitwirkung bei der Rückübertragung gerichtete Klage abgewiesen hatte, verurteilt, für die Zeit von April 2000 bis einschließlich Juni 2001 für die Überlassung der Milchreferenzmenge insgesamt 8.480,41 EUR an den Kläger zu bezahlen. Außerdem hat es festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ab 1. Juli 2001 bis zur Rückübertragung der Milchreferenzmenge monatlich 565,36 EUR zu bezahlen. Weiter hat es den Beklagten verurteilt, mit dem Kläger bei der zuständigen Behörde einen Antrag auf Rückübertragung der Milchreferenzmenge vom Beklagten auf den Kläger zu stellen. Schließlich hat es festgestellt, daß der Beklagte seit 1. April 2000 mit seiner Verpflichtung zur Rückübertragung der Referenzmenge in Verzug ist.

Die Beschwer des Beklagten hat das Berufungsgericht auf 18.076,84 EUR festgesetzt. Von der Darstellung des Tatbestandes hat es abgesehen. Der Senat hat mit Beschluß vom 2. Oktober 2002 auf Antrag des Beklagten dessen Beschwer auf mehr als 30.677,51 EUR (= 60.000 DM) festgesetzt.

Mit der vom Senat angenommenen Revision erstrebt der Beklagte die Aufhebung des Berufungsurteils und die Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.

Berufung und Revision unterliegen noch dem alten Prozeßrecht, da die mündliche Verhandlung, auf die das angefochtene Urteil erging, vor dem 1. Januar 2002 geschlossen worden ist (§ 26 Nr. 5 und 7 EGZPO ).

Die Revision beanstandet zu Recht, daß das Berufungsgericht von der Darstellung des Tatbestandes abgesehen hat.

Das Fehlen eines Tatbestandes führt grundsätzlich zur Aufhebung des Urteils, weil einer solchen Entscheidung nicht entnommen werden kann, welchen Streitstoff das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat. Das gilt auch dann, wenn aus Sicht des Berufungsgerichts ein Urteilstatbestand gemäß § 543 Abs. 1 ZPO a.F. entbehrlich schien, weil das Berufungsgericht sein Urteil für nicht revisibel gehalten hat (BGH, Urteile vom 12. Mai 1993 - XII ZR 174/92 - BGHR ZPO § 543 Abs. 2 Tatbestand, fehlender 10 (Gründe) und vom 21. Februar 1983 - VIII ZR 102/82 - WM 1983, 377). Eine Aufhebung des Berufungsurteils ist allerdings dann nicht veranlaßt, wenn die Anwendung des Rechts auf den festgestellten Sachverhalt deswegen nachprüfbar ist, weil sich der Sach- und Streitstand in einem für die Beurteilung der aufgeworfenen Rechtsfragen ausreichenden Umfang aus den Entscheidungsgründen ergibt. Ein solcher Ausnahmefall ist hier nicht gegeben. Die Auslegung des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrags durch das Berufungsgericht läßt sich ohne Kenntnis des genauen Wortlauts und der durch Beweisaufnahme ermittelten Umstände des Vertragsschlusses nicht in revisionsrechtlich notwendiger Weise überprüfen. Darüber hinaus läßt sich aus den Entscheidungsgründen nicht feststellen, ob der Kläger im April 2000 die persönlichen Voraussetzungen erfüllte, die für eine Rückübertragung der Referenzmenge auf ihn erforderlich gewesen wären (vgl. hierzu EuGH , Urteil vom 20. Juni 2002 - C-401/99 - Slg. 2002, I - 5775 - Thomsen; Senatsurteil vom 27. Oktober 2004 - XII ZR 165/01 - zur Veröffentlichung bestimmt).

Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F. werden Gerichtskosten für das Revisionsverfahren nicht erhoben.

Vorinstanz: OLG Zweibrücken,