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BFH - Entscheidung vom 14.02.2005

VII B 311/03

BFH, Beschluss vom 14.02.2005 - Aktenzeichen VII B 311/03

DRsp Nr. 2005/5785

Gründe:

Mit Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 8. Mai 2002 nahm das Finanzamt Z, in dessen Zuständigkeit im Laufe des Beschwerdeverfahrens der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) eingetreten ist, wegen rückständiger Zwangsgelder in Höhe von 673,62 EUR Ansprüche der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) auf Zahlung von Arbeitseinkommen bei der X-GmbH in Beschlag. Die Verfügung wurde der Drittschuldnerin am 13. Mai 2002 zugestellt. Nach einem Bearbeitungsvermerk in den Verwaltungsakten erfolgte die Bekanntgabe dieser Maßnahme gegenüber der Klägerin mit Zweitstück der Pfändungsverfügung und Aufstellung der Rückstände am 17. Mai 2002. Der hiergegen eingelegte Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 14. Juni 2002, zugestellt durch Niederlegung am 19. Juni 2002, zurückgewiesen. Der von der Drittschuldnerin zwischenzeitlich überwiesene Betrag in Höhe von 673,62 EUR wurde beim Rechtsvorgänger des FA entsprechend verbucht.

Die von der Klägerin erhobene Klage, mit der sie die Feststellung der Nichtigkeit, hilfsweise der Rechtswidrigkeit der Vollstreckungsmaßnahme begehrte, wurde vom Finanzgericht (FG) abgewiesen. In den Gründen des durch die Einzelrichterin erlassenen Urteils wurde zunächst ausgeführt, weshalb die vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin gestellten Befangenheitsanträge gegen die Einzelrichterin und die drei weiteren Berufsrichter des FG-Senats in der mündlichen Verhandlung durch separaten Beschluss als rechtsmissbräuchlich und damit unzulässig verworfen worden sind und weshalb das FG ferner keine Veranlassung sah, dem von der Klägerin gestellten Antrag auf Aufhebung oder Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung stattzugeben. Hierzu führte das FG aus, es gebe im finanzgerichtlichen Verfahren keine Gerichtsferien und für eine Verlegung des anberaumten Termins seien erhebliche Gründe weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht worden. In der Sache hielt das FG die Klage für zulässig, aber nicht für begründet. Die Pfändungs- und Einziehungsverfügung sei weder nichtig noch rechtswidrig. Selbst wenn eine Mitteilung an den Vollstreckungsschuldner, wie die Klägerin behaupte, unterblieben sei, sei die Verfügung gleichwohl durch die Zustellung an die Drittschuldnerin wirksam geworden. Sie sei auch inhaltlich ausreichend bestimmt. Das Fehlen einer Vollstreckungsankündigung und einer Mahnung sei im Streitfall entbehrlich gewesen; die diesbezügliche Ermessensentscheidung, in Fällen der vorliegenden Art generell von Vollstreckungsankündigung und Mahnung abzusehen, sei nicht zu beanstanden.

Gegen dieses Urteil des FG wendet sich die Klägerin mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde, die sie auf verschiedene Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) stützt, die dem FG unterlaufen sein sollen. Im Wesentlichen rügt sie einen Verstoß gegen den gesetzlichen Richter (§ 119 Nr. 1 FGO ), mehrfache Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 119 Nr. 3 FGO ) und weiterer Verfahrensgrundrechte, u.a. Befangenheitsgründe, Verstoß gegen § 160 Abs. 4 der Zivilprozessordnung ( ZPO ) i.V.m. §§ 51 , 155 FGO , ungerechtfertigte Ablehnung einer beantragten Terminverschiebung, Nichthören von Zeugen bzw. fehlerhafte Beweiserhebung sowie Verstoß gegen den Grundsatz eines fairen Verfahrens.

Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Dabei kann dahinstehen, ob die Beschwerde, wie das FA meint und wofür einiges spricht, bereits insgesamt unzulässig ist, weil die Klägerin die Mindestanforderungen an Klarheit, Verständlichkeit und Überschaubarkeit der Darlegung der behaupteten Verfahrensfehler (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO ) nicht eingehalten hat, denn die Beschwerde ist jedenfalls insoweit, als man sie noch für zulässig erachten könnte, unbegründet.

1. Der von der Klägerin behauptete absolute Revisionsgrund der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des erkennenden Gerichts (§ 119 Nr. 1 FGO ) liegt nicht vor.

a) Mit der Rüge, das FG sei nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen, weil es durch die abgelehnte Richterin entschieden habe, kann die Klägerin keinen Erfolg haben. Beschlüsse über die Ablehnung von Gerichtspersonen können nach § 128 Abs. 2 FGO nicht mit der Beschwerde angefochten werden. Da dem Endurteil vorangegangene Entscheidungen, die nach der FGO unanfechtbar sind, nicht der Beurteilung der Revision unterliegen (§ 124 Abs. 2 FGO ), kann eine Nichtzulassungsbeschwerde grundsätzlich nicht auf die Ablehnung eines Befangenheitsgesuchs gestützt werden. Geltend gemacht werden können nur solche Verfahrensmängel, die als Folge der Ablehnung des Befangenheitsgesuchs dem angefochtenen Urteil anhaften. Ein Zulassungsgrund liegt daher nur vor, wenn die Ablehnung gegen das Willkürverbot verstößt oder ein Verfahrensgrundrecht verletzt wird, wie der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes -- GG --) oder den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ). Das Verfahrensgrundrecht auf den gesetzlichen Richter greift jedoch nur bei willkürlichen Verstößen gegen Verfahrensvorschriften ein. Deshalb hat eine Besetzungsrüge nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn sich dem Beschwerdevorbringen entnehmen lässt, dass die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs nicht nur fehlerhaft, sondern greifbar gesetzwidrig und damit willkürlich ist (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 13. Januar 2003 III B 51/02, BFH/NV 2003, 640 ; vom 28. Mai 2003 III B 87/02, BFH/NV 2003, 1218 ; Senatsbeschluss vom 27. Oktober 2003 VII S 20/03 (PKH), BFH/NV 2004, 375 ).

b) Diesen Anforderungen wird das Beschwerdevorbringen nicht gerecht. Es entspricht der höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass ein rechtsmissbräuchlich gestelltes Ablehnungsgesuch unter Mitwirkung der abgelehnten Richter und ohne vorherige Einholung dienstlicher Äußerungen dieser Richter als unzulässig verworfen werden darf (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 20. Juni 2003 XI R 25/03, BFH/NV 2003, 1342 , m.w.N.). Das angefochtene Urteil benennt mehrere Gründe, weshalb die Ablehnungsgesuche der Klägerin als rechtsmissbräuchlich zu beurteilen waren. Sowohl die vorsorglich erklärte Ablehnung aller Berufsrichter des FG-Senats, dem die abgelehnte Einzelrichterin angehört, als auch die Ablehnung dieser Einzelrichterin für "alle von ihr zu bearbeitenden Verfahren in Sachen Eheleute ..." und schließlich auch die mit den Ablehnungsgesuchen beabsichtigte Verfolgung verfahrensfremder Zwecke, welche die im angefochtenen Urteil zitierten Textpassagen des Befangenheitsgesuchs ausreichend belegen, stellen Fallgruppen rechtsmissbräuchlicher Richterablehnung dar (vgl. Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung , 5. Aufl. 2002, § 51 Rz. 40, mit zahlreichen Nachweisen aus der finanzgerichtlichen Rechtsprechung). Da die Beschwerde die entsprechenden Ausführungen im angefochtenen Urteil lediglich bestreitet bzw. mit nicht näher belegten Behauptungen angreift, ist eine greifbare Gesetzwidrigkeit oder Willkürlichkeit in der Behandlung der Ablehnungsgesuche durch die Einzelrichterin nicht dargetan. Im Übrigen ist es nicht nachvollziehbar, weshalb ein richterlicher Hinweis darauf, dass die Klage nicht vorschriftsmäßig erhoben worden sei, Zweifel an der richterlichen Unabhängigkeit und Unvoreingenommenheit hervorrufen könnte.

2. Den zahlreichen von der Klägerin behaupteten weiteren Verfahrensfehlern, die dem FG angeblich unterlaufen sein sollen, braucht der Senat nicht im Einzelnen nachzugehen. Denn die erfolgreiche Rüge eines Verfahrensfehlers setzt die Darlegung voraus, dass für jeden behaupteten Verfahrensmangel aufgezeigt wird, dass die angefochtene Entscheidung auf diesem Mangel beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 , § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO ), dass also der dem Gericht unterlaufene Verfahrensfehler kausal für die materielle Entscheidung des Gerichts gewesen sein könnte. Dies gilt im Übrigen grundsätzlich auch für die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs infolge der unzutreffenden Behandlung eines Antrags auf Verlegung des anberaumten Termins zur mündlichen Verhandlung (§ 119 Nr. 3, § 155 FGO i.V.m. § 227 ZPO ). Nur wenn das Gericht verfahrensfehlerhaft in Abwesenheit des Beteiligten aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden hat, ist die Darlegung der Kausalität des Verfahrensfehlers nicht zu verlangen (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 3. September 2001 GrS 3/98, BFHE 196, 39 , BStBl II 2001, 802). So liegt es im Streitfall aber nicht, denn der Prozessbevollmächtigte der Klägerin war in der mündlichen Verhandlung anwesend und hätte das Recht auf Gehör wahrnehmen können. Wenn er sich dafür entschieden hat, nach Verwerfung der Ablehnungsgesuche und der Ablehnung des Antrags auf Terminverlegung nicht mehr weiter an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen und keine Anträge mehr zu stellen, so fällt es der Klägerin anheim, wenn in einem solchen Fall mit der Beschwerde keine Ausführungen zur Kausalität der behaupteten Gehörsverletzung gemacht werden.

Da sich in dem gesamten Beschwerdevorbringen nichts zur Kausalität der geltend gemachten Verfahrensfehler findet, ist die Beschwerde insoweit als unzulässig zu behandeln. Von einer näheren Begründung wird daher gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 2. Halbsatz FGO abgesehen.

Vorinstanz: FG Hessen, vom 29.07.2003 - Vorinstanzaktenzeichen 7 K 2500/02