Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0

Zu späte Kündigung einer Betriebswohnung

Der Kündigung einer Betriebswohnung wegen Ausscheidens aus dem Dienst steht elf Jahre später das schützenswerte Vertrauen des Mieters in den Fortbestand des Mietverhältnisses entgegen. Das hat das Amtsgericht München entschieden. Demnach durfte der Mieter darauf vertrauen, dass der Mietvertrag als unbefristetes Mietverhältnis fortgeführt wird. Das Kündigungsrecht war verwirkt.

Darum geht es

Der Beklagte mietete mit Mietvertrag vom 12.01.2006 die öffentlich geförderte Wohnung mit einer Wohnfläche von 24,7 qm von der Landeshauptstadt München, die ihrerseits die Wohnung von einer Wohnungsbaugesellschaft angemietet hatte.

Die Wohnung wurde an den Beklagten, welcher bei Abschluss des Mietvertrages als Assistenzarzt im Klinikum Bogenhausen arbeitete, als Dienstwohnung vermietet.

Das Arbeitsverhältnis zwischen dem Beklagten und der Landeshauptstadt München endete Mitte 2007. Mit Schreiben der Klagepartei gegenüber dem Beklagten vom 29.01.2018 kündigte die Klagepartei das Mietverhältnis wegen Betriebsbedarfs zum 31.10.2018.

Die klagende Vermieterin ist der Auffassung, dass der gewerbliche Zwischenmietvertrag zwischen der Landeshauptstadt München und der Rechtsvorgängerin der Klägerin seit dem 30.06.2006 beendet  und die Klagepartei in das Mietverhältnis mit dem Beklagten als Vermieterin eingetreten sei, zumal der Beklagte ihr mittlerweile die Miete überweise, ihrem Mieterhöhungsverlangen zugestimmt habe und mit ihr Betriebskosten abrechne.

Der Beklagte ist der Auffassung, dass er schon keinen Mietvertrag mit der Klägerin habe und die Kündigung jedenfalls gegen Treu und Glauben verstoße, da das Arbeitsverhältnis des Beklagten mit der Landeshauptstadt München unstreitig schon seit dem Jahr 2007 beendet und bis Januar 2018 keinerlei Kündigung ausgesprochen worden sei.

Er sei mit Erstwohnsitz noch bei seiner geschiedenen Ehefrau und den Kindern gemeldet, wohne aber allein in der streitgegenständlichen Wohnung, die er als juristischer Laie erst um einiges später als Zweitwohnsitz gemeldet habe.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Der zuständige Richter am Amtsgericht München gab dem Beklagten Recht und wies die Klage wegen Betriebsbedarfs gegen den Mieter auf Räumung der von ihm gemieteten Ein-Zimmer-Wohnung in München und deren Herausgabe an die klagende Vermieterin ab.

Vorliegend ist unstreitig, dass die Klagepartei zu keiner Zeit Arbeitgeberin des Mieters war, so dass schon deshalb von vornherein ein Betriebsbedarf ausscheidet.

Demgemäß ist anerkannt, dass bei einer Veräußerung einer Werkwohnung die Verfügungsmacht des Dienstberechtigten über die Wohnung endet, so dass das Mietverhältnis mit dem Erwerber fortgesetzt wird, der sich auf einen Betriebsbedarf nicht mehr berufen kann.

Die Kündigung ist darüber hinaus auch gemäß § 242 BGB wegen Verwirkung unwirksam, da das Arbeitsverhältnis des Beklagten mit dem Klinikum Bogenhausen seit dem Jahr 2007 beendet ist und die Klagepartei erst im Jahr 2018 eine Kündigung wegen bestehenden Betriebsbedarfs wegen des Wegfalls der Arbeitsstelle des Beklagten vorgenommen hat.

Danach ist ein Recht verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht und der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat und nach den gesamten Umständen des Einzelfalles, insbesondere dem Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht gelten machen werde.

Der Beklagte hat ein schützenswertes Vertrauen darauf, dass der Mietvertrag als unbefristetes Mietverhältnis fortgeführt wird, da die Klagepartei jedenfalls erst ca. 11 Jahre nach Beendigung des zugrunde liegenden Arbeitsverhältnisses mit dem Beklagten eine ordentliche Kündigung in Bezug auf die Werkmietwohneigenschaft ausgesprochen hat.

Das offensichtlich auf Seiten der Klagepartei und der Vorvermieterin Landeshauptstadt München bzw. Klinikum Bogenhausen bestehende eklatante Kommunikationsdefizit, welches dazu geführt hat, dass die Klagepartei erst im Jahr 2018 Kenntnis von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Beklagten erhalten hat, kann naturgemäß nicht zu Lasten des Beklagten wirken.

Der Beklagte durfte vielmehr berechtigt davon ausgehen, dass die Klagepartei die tatsächliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerade nicht als Kündigungsgrund heranziehen wollte, da innerhalb der ca. 11 Jahre auch mehrfach mietvertragliche Nachträge und Verhandlungen über einen neuen Mietvertragsschluss zwischen den Parteien geführt wurden.

Das Urteil ist nach Zurücknahme der Berufung rechtskräftig.

Amtsgericht München, Urt. v. 08.02.2019 – 472 C 22568/18