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Wohnungseigentum: Nachbar klagt erfolgreich gegen Kamera

Die bloße Möglichkeit, von Überwachungskameras des Nachbarn erfasst zu werden, kann im Einzelfall unzumutbar sein. Das hat das Amtsgericht München in einem Rechtsstreit zwischen Mitgliedern einer Wohnungseigentümergemeinschaft entschieden. Demnach darf die Kamera im Regelfall ausschließlich auf Bereiche ausgerichtet sein, die dem Sondereigentum des jeweiligen Eigentümers zugehören.

Darum geht es

Kläger und Beklagter sind Eigentümer je einer Wohnung einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) in München. Am 10.7.2018 hatte der Beklagte am Balkon der ihm zugehörigen Wohnung in zehn Metern Höhe eine Überwachungskamera installiert, welche auf die Gemeinschaftsflächen des Gemeinschaftsgartens gerichtet war. Er hat die Kamera auf Verlangen der Miteigentümer wieder entfernt, eine entsprechende Unterlassungserklärung aber nicht unterschrieben.

Der Beklagte, der vorgerichtlich noch erklärt hatte, dass es sich um eine bloße Kameraattrappe gehandelt habe, gab in der Hauptverhandlung an, dass es sich um ein Kameragerät handele, wie es Jäger verwenden würden. Man kann es demnach mittels einer Schlinge an einem Baum befestigen und z.B. auf einen Fuchsbau richten und wenn sich dann in dem Fuchsbau was bewegt, dann macht die Kamera ein Bild.

Auf Frage des Gerichts nach dem Warum erklärte er, dies sei ein absoluter Quatsch gewesen. Die Entfernung zum Gemeinschaftsgarten und zu den Bäumen betrage ca. 15 Meter und das Gerät könne nur in etwa drei Meter Entfernung auslösen, wenn sich dort etwas bewege. In dem Anwesen sei bereits zweimal im Erdgeschoss eingebrochen worden und seinem Sohn seien aus dessen nahegelegener Tiefgarage heraus zwei Fahrräder geklaut worden.

Der Kläger fühlt sich durch diese Kameras beeinträchtigt. Er möchte nicht aufgenommen werden, wenn er sich auf Gemeinschaftseigentum aufhält. Der Antrag des Beklagten auf Genehmigung der Überwachungskamera sei im Oktober 2018 schon gar nicht erst auf die Tagesordnung der Eigentümerversammlung gesetzt worden.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Die zuständige Richterin am Amtsgericht München gab dem Kläger Recht.

Das Gericht hat den Beklagten dazu verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise, für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen die Gemeinschaftsflächen seiner Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) in München mit technischen Geräten (Video Kameras, Dash-Cams oder sonstige Geräte, die zur Aufnahme von Bild und Ton geeignet sind) zu überwachen.

Gemäß § 14 Nr. 1 WEG ist jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, von dem gemeinschaftlichen Eigentum nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, dass dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst.

Entsprechend der obergerichtlichen Rechtsprechung kann die Installation einer Videokamera zwar durchaus von dem Gebrauchsrecht des Eigentümers oder Sondereigentümers umfasst sein, dies gilt jedoch nur dann, wenn die Kamera ausschließlich auf Bereiche ausgerichtet ist und Bereiche erfasst, die dem Sondereigentum des jeweiligen Eigentümers zugehören.

In der Installation der Wildcam lag eine Beeinträchtigung vor, die das Maß des Zulässigen überschreitet. Unstreitig ist, dass die Wildcam in Richtung Gemeinschaftsgarten positioniert war. Es kommt auch nicht darauf an, ob die WildCam lediglich in einer Weite von drei Metern filmen kann oder darüber hinausgehend.

Die Rechtsprechung sieht es regelmäßig sogar als ausreichend an, dass durch das Vorhandensein einer derartigen Kamera bereits dadurch in die Rechte der Betroffenen eingegriffen werde, dass hierdurch ein unzulässiger Überwachungsdruck aufgebaut werde.

Dem ist zuzustimmen, dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass für die Miteigentümer, die Mieter und Besucher nicht ersichtlich ist, ob und wann die Kamera tatsächlich aufnimmt und aufzeichnet. Sofern die Betroffenen eine Überwachung durch derartige Kameras objektiv ernsthaft befürchten müssen, liegt bereits ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht vor.

Es fehle auch an der notwendigen Beschlussfassung der Eigentümergemeinschaft.

Das Gericht verkennt hierbei nicht, dass das Interesse der Beklagten grundsätzlich nachvollziehbar ist und aufgrund der entsprechenden Darlegungen auch durchaus ein erhöhtes Sicherheitsinteresse bestehen mag. Dies führt aber nicht dazu, dass die Beklagte berechtigt ist, ohne jedwede Kontrollmöglichkeit durch die Gemeinschaft, Teile des Gemeinschaftseigentums zu überwachen.

Zudem hat der Beklagte die Absicht weiterer Überwachungsmaßnahmen in einer E-Mail vom 01.09.2018 konkret angekündigt in der der Beklagte wörtlich schreibt: „… Und wer weiß, vielleicht lege ich mir doch noch eine SpyCam zu.

Das Urteil ist nach Rücknahme der Berufung nun rechtskräftig.

Amtsgericht München, Urt. v. 28.02.2019 – 484 C 18186/18 WEG