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Mietverträge: Wann ist ein dauerhafter Kündigungsausschluss möglich?

Für welchen Zeitraum ist in Mietverträgen der Ausschluss einer Kündigung zulässig? Der BGH hat entschieden, dass auch ein dauerhafter bzw. zeitlich unbestimmter Kündigungsausschluss unter Umständen möglich ist. Entscheidend kann die Frage sein, ob Allgemeine Geschäftsbedingungen vorliegen oder eine Individualvereinbarung getroffen wurde. Dies hängt vom Ablauf der Vertragsverhandlungen ab.

Sachverhalt

Ein Mieter schloss mit seinem Vermieter einen Mietvertrag über eine Zweizimmerwohnung ab. Hierzu wurde ein Formular von Haus und Grund verwendet, das der Mieter zu den Vertragsverhandlungen mitgebracht hatte. Dieses enthielt eine Klausel mit der folgenden Überschrift „Kündigungsverzicht (maximal vier Jahre)“.

Die Klausel hatte den folgenden Wortlaut: „Das obige Mietverhältnis wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen. Beide Mietparteien verzichten wechselseitig bis zu ____________ (maximal vier Jahre ab Vertragsschluss) auf ihr Recht zur ordentlichen Kündigung des Mietvertrags. Zum Ablauf des Verzichtszeitraums kann das Mietverhältnis erstmalig wieder von beiden Mietvertragsparteien mit den gesetzlichen Kündigungsfristen gekündigt werden. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung wird von dieser Regelung nicht berührt.“

Das Kästchen „Kündigungsverzicht“ wurde bei Abschluss des Mietvertrages handschriftlich angekreuzt; eine Verzichtsdauer wurde nicht genannt und die Passagen „maximal vier Jahre“ sowie „maximal vier Jahre ab Vertragsschluss“ wurden gestrichen.

Außerdem wurde eine Zusatzvereinbarung geschlossen, dass nicht die Vermieterin, sondern die Beklagten selbst für den Heizöleinkauf, die Heizungswartung, die Emissionsmessung und den Schornsteinfeger verantwortlich seien und die Hälfte der insoweit entstehenden Kosten zu tragen und diesen Anteil direkt gegenüber den Lieferanten beziehungsweise Handwerkern auszugleichen hätten.

Etwa zwei Jahre später verkaufte der Vermieter sein Grundstück an einen neuen Eigentümer. Dieser fühlte sich an den angeblichen Kündigungsausschluss nicht gebunden und kündigte dem Mieter wegen Eigenbedarfs. Hiermit war dieser jedoch nicht einverstanden. Daraufhin verklagte der Vermieter ihn auf Räumung.

Nachdem das AG Neuss die Klage des Vermieters auf Räumung abgewiesen hatte, legte der Vermieter hiergegen Berufung ein. Das LG Düsseldorf verurteilte den Mieter daraufhin auf Räumung. Die Richter begründeten das damit, dass es sich bei dem im Mietvertrag vereinbarten unbefristeten Kündigungsverzicht um eine AGB handelt, die der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB unterliege. Sie verstoße aufgrund ihrer Länge von vier Jahren gegen § 307 Abs. 1 BGB, weil der Vermieter durch sie unangemessen benachteiligt werde. Die gegen diese Entscheidung vom Mieter eingelegte Revision hatte Erfolg.

Wesentliche Aussagen der Entscheidung

Der BGH hob die Entscheidung der Vorinstanz auf. Er rügte vor allem, dass diese den Mieter in seinem Grundrecht auf rechtliches Gehör verletzt. Dies ergibt sich daraus, dass die Richter des LG Düsseldorf Teile des Sachvortrag des Mieters gar nicht berücksichtigt hatte. Und das, obwohl dieser bereits in erster Instanz vorgetragen worden war.

Der Mieter hatte u.a. behauptet, dass intensive Vertragsverhandlungen stattgefunden hätten. Des Weiteren soll der Vermieter auf der Verwendung dieses Formulars bestanden haben. Die vorgetragenen Tatsachen sprechen dafür, dass der Kündigungsausschluss möglicherweise individuell ausgehandelt worden ist. Dies hätte zur Folge, dass es sich bei der Klausel um keine AGB handelt. In diesem Fall unterfällt sie gar nicht der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB. Vielmehr werde nur geprüft, ob sie nach § 138 BGB sittenwidrig ist.

Auch ein dauerhaft ausgehandelter individueller Kündigungsausschluss ist normalerweise nicht sittenwidrig i.S.v. § 138 Abs. 1 BGB. Im Übrigen gab der BGH zu bedenken, dass sich der Vermieter als Verwender des Formulars nicht auf die Inhaltskontrolle berufen kann. Zwecks näherer Klärung des Sachverhaltes wurde die Sache an eine andere Kammer des LG Düsseldorf zurückverwiesen.

Folgerungen aus der Entscheidung

Aus dieser Entscheidung ergibt sich zunächst einmal, dass genau geprüft werden muss, ob es sich bei einem Kündigungsausschluss wirklich um eine AGB-Klausel handelt oder ob sie individuell ausgehandelt wurde. Dies gilt gerade auch dann, wenn ein langjähriger oder dauerhafter Kündigungsausschluss vereinbart worden ist.

Denn die Zulässigkeitsvoraussetzungen an einen individuellen Ausschluss sind wesentlich weniger streng als bei einem formularmäßigen Ausschluss. Häufig sind davon auch Mieter betroffen, bei denen der Vermieter auf einen Kündigungsausschluss besteht. Mit individuellen Vereinbarungen – etwa in Form einer Zusatzvereinbarung – sollten gerade Mieter vorsichtig sein.

Des Weiteren ist wichtig, dass der BGH hier zu der Frage Stellung bezieht, inwieweit ein individuell vereinbarter dauerhafter Kündigungsausschluss in einem Mietvertrag zulässig ist. Dies war bislang noch nicht umfassend geklärt. Fest stand lediglich, dass keine Bedenken bei einem langjährigen Kündigungsausschluss bestanden haben (etwa BGH, Urt. v. 10.07.2013 – VIII ZR 388/12).

Praxishinweis

Diese Entscheidung des BGH ist zu begrüßen. Sie schafft Klarheit hinsichtlich der Frage, inwieweit ein dauerhafter individueller Kündigungsausschluss zulässig ist. Gleichwohl bedeutet das nicht, dass man sich lebenslang auf einen solchen Kündigungsausschluss berufen kann. Nach 30 Jahren darf auf jeden Fall eine fristlose Kündigung mit gesetzlicher Frist ausgesprochen werden. Dies ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung der Vorschrift von § 544 BGB. Hierauf verweist der BGH in seiner Entscheidung ausdrücklich.

BGH, Beschl. v. 08.05.2018 – VIII ZR 200/17