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Kein deklaratorisches Schuldanerkenntnis bei vorbehaltloser Erstattung von Guthaben aus Betriebskostenabrechnung bei Gewerberaummiete

Auch bei einem Mietverhältnis über Gewerberaum rechtfertigt allein die vorbehaltlose Erstattung eines sich aus der Betriebskostenabrechnung ergebenden Guthabens durch den Vermieter nicht die Annahme eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses, das einer nachträglichen Korrektur der Betriebskostenabrechnung entgegensteht.

Darum geht es

Kläger und Beklagter sind Vermieter bzw. Mieter eines Ladengeschäfts mit Stellplatz. In dem Mietvertrag verpflichtete sich der Kläger, über die vom Beklagten zu zahlenden Betriebskosten unter Berücksichtigung der geleisteten Vorauszahlungen jährlich abzurechnen.

Die Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2009 wies ein Guthaben des Beklagten i.H.v. 53,75 € aus, die der Kläger auch an diesen überwies. Der Beklagte erhob Einwendungen gegen die Nebenkostenabrechnung, woraufhin der Kläger eine neue Abrechnung erstellte, bei der nunmehr eine zuvor vergessene Grundsteuerzahlung berücksichtigt wurde. Daher wies die neue Abrechnung nun eine Differenz zulasten des Beklagten i.H.v. 375,76 € aus.

Mit der Klage verlangte der Mieter die Zahlung der Differenz, die Rückzahlung des ausgezahlten (vermeintlichen) Guthabens sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben. Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Zahlungsansprüche weiter.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Die Revision hat Erfolg. Das Berufungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass durch den vorbehaltlosen Ausgleich des Guthabens durch den Kläger ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis zwischen den Parteien zustande gekommen sei, vermöge dessen eine Korrektur der Betriebskostenabrechnung zulasten des Mieters ausgeschlossen sei.

Im Hinblick auf die durch das Mietrechtsänderungsgesetz eingeführten ausschlussbewehrten Abrechnungs- und Einwendungsfristen in § 556 Abs. 3 Satz 2 und 3 sowie Satz 5 und 6 BGB sei im Schrifttum kein Bedürfnis mehr für die Annahme eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses durch den vorbehaltlosen Ausgleich des Betriebskostensaldos gesehen worden, weil durch die Neuregelung anders als nach bisherigem Recht eine rasche Abwicklung der Betriebskosten gewährleistet würde. Dieser Auffassung habe sich der BGH für den Bereich der Wohnraummiete angeschlossen (BGH, Urt. v. 12.01.2011 - VII ZR 296/09, DRsp-Nr. 2011/1788).

Der Senat schließt sich auch für den Bereich des Gewerberaummietrechts der Auffassung an, dass weder durch die vorbehaltlose Zahlung einer Betriebskostennachforderung durch den Mieter noch durch die vorbehaltslose Erstattung eines sich aus der Betriebskostenabrechnung ergebenden Guthabens durch den Vermieter für sich genommen ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis zustande kommt, das einer späteren Korrektur der Betriebskostenabrechnung entgegensteht.

Die Ausschlussfristen der § 556 Abs. 3 Satz 3 und Satz 6 BGB finden bei der Gewerberaummiete keine Anwendung. Die Grenze für die Korrektur der Betriebskostenabrechnung ergebe sich daher im gewerblichen Mietrecht nur durch den Eintritt der Verjährung oder ausnahmsweise aufgrund von Verwirkung.

Für ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis fehle es bereits an den Voraussetzungen für das Entstehen eines wirksamen Vertrages. Die Betriebskostenabrechnung sei eine reine Wissenserklärung ohne rechtsgeschäftlichen Bindungswillen. Die Auszahlung des Guthabens stelle eine reine Erfüllungshandlung ohne rechtsgeschäftlichen Erklärungswert dar, mit welcher der Vermieter insbesondere nicht erkläre, den sich ergebenden Saldo unstreitig stellen zu wollen.

Die Annahme eines stillschweigend abgeschlossenen Schuldanerkenntnisses würde außerdem dazu führen, dass der Mieter seinerseits durch die bloße Entgegennahme der Zahlung die Möglichkeit verlieren würde, noch Einwendungen gegen die Abrechnung zu erheben.

Der fehlende Verweis in § 578 Abs. 2 BGB auf § 556 Abs. 3 BGB zeige, dass der Gesetzgeber nur im Bereich der Wohnraummiete ein Bedürfnis dafür gesehen hat, durch die Schaffung von kurzen Fristen für die Erstellung der Betriebskostenabrechnung und für hiergegen gerichtete Einwendungen des Mieters alsbald eine Verbindlichkeit des errechneten Betriebskostensaldos herbeizuführen. Dies dürfe nicht unberücksichtigt bleiben.

Letztlich sei nicht per se ausgeschlossen, dass die Parteien im Einzelfall hinsichtlich des Saldos aus der Betriebskostenabrechnung ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis abgeben, hierzu bedürfe es dann aber weiterer Umstände, die auf einen entsprechenden Rechtsbindungswillen schließen ließen.

Weiter zum Volltext: BGH, Urt. v. 10.07.2013 - XII ZR 62/12, DRsp-Nr. 2013/18835

Lesen Sie hierzu auch: Heiz- und Betriebskostenabrechnung