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BGH - Entscheidung vom 19.07.2017

XII ZB 390/16

Normen:
BGB § 1897 Abs. 4 und 5
BGB § 1897 Abs. 4
BGB § 1897 Abs. 5
BGB § 1897 Abs. 4
BGB § 1897 Abs. 5

Fundstellen:
FGPrax 2017, 262
FamRZ 2017, 1779
MDR 2017, 1188

BGH, Beschluss vom 19.07.2017 - Aktenzeichen XII ZB 390/16

DRsp Nr. 2017/11856

Übergehen eines Verwandten des Betroffenen zugunsten eines Berufsbetreuers; Zuwiderlaufen der Bestellung des vorgeschlagenen Betreuers dem Wohl des Betroffenen; Besondere Anforderungen an die tatrichterlicher Ermittlungspflicht

Ein naher Verwandter des Betroffenen, der zum Betroffenen persönliche Bindungen unterhält und den der Betroffene wiederholt als Betreuer benannt hat, kann nur dann zugunsten eines Berufsbetreuers übergangen werden, wenn gewichtige Gründe des Wohls des Betreuten seiner Bestellung entgegenstehen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 15. Dezember 2010 - XII ZB 165/10 FamRZ 2011, 285 ).

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 14. Juli 2016 aufgehoben, soweit für den Aufgabenkreis "alle vermögensrechtlichen Angelegenheiten sowie insoweit Postangelegenheiten mit Ausnahme der Post des Betreuungsgerichts" die Beteiligte zu 4 zur Betreuerin bestellt wurde.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.

Beschwerdewert: 5.000 €

Normenkette:

BGB § 1897 Abs. 4 ; BGB § 1897 Abs. 5 ;

Gründe

I.

Die Betroffene wendet sich gegen die Betreuerauswahl für den Aufgabenkreis der Vermögenssorge.

Für die Betroffene, die aufgrund einer Conterganschädigung gehörlos ist, wurde im Jahr 2007 eine Betreuung eingerichtet. Seinerzeit wurde die Mutter der Betroffenen, die Beteiligte zu 2, für den Aufgabenkreis Gesundheitssorge, Leistungsträgerangelegenheiten, Berufsangelegenheiten, vermögensrechtliche Angelegenheiten - mit Ausnahme der dem Beteiligten zu 1 übertragenen Angelegenheiten im Rahmen eines Zwangsversteigerungsverfahrens - und Postangelegenheiten mit Ausnahme der Post des Betreuungsgerichts zur Betreuerin bestellt. Im Jahr 2008 übertrug das Amtsgericht dem Beteiligten zu 1 auch alle vermögensrechtlichen Angelegenheiten und die damit zusammenhängenden Postangelegenheiten.

Im vorliegenden Verfahren auf Verlängerung der Betreuung hat das Amtsgericht die Betreuung aufrechterhalten. Auf die Beschwerde der Betroffenen hat das Landgericht anstelle des Beteiligten zu 1 die Beteiligte zu 4, ebenfalls eine Berufsbetreuerin, für den Aufgabenkreis der Vermögenssorge bestellt. Hiergegen wendet sich die Betroffene mit ihrer Rechtsbeschwerde.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet.

Die Beschränkung der Rechtsbeschwerde auf die Auswahl des Betreuers ist zulässig (vgl. Senatsbeschluss vom 26. April 2017 - XII ZB 100/17 - MDR 2017, 720 Rn. 12 mwN). Auch wenn die Beschränkung im Verfahren über die Verlängerung einer bestehenden Betreuung nach § 295 FamFG erfolgt, ist gegen die Beschwerdeentscheidung die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FamFG statthaft (Senatsbeschluss vom 15. September 2010 - XII ZB 166/10 - FamRZ 2010, 1897 Rn. 7 ff.).

Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet, weil die Betreuerauswahl nicht rechtsfehlerfrei erfolgt ist.

1. Das Landgericht hat den Beteiligten zu 1 als Betreuer entpflichtet, weil das Verhältnis zwischen ihm und den Beteiligten zu 2 und 3 (im Folgenden: Eltern) durch das vorliegende Verfahren belastet sei. Hinsichtlich des Aufgabenkreises der Vermögensbetreuung sei von einer fehlenden Eignung der Eltern auszugehen. Für einen Ausschluss als Betreuer sei in der Regel zwar der Nachweis einer konkreten Interessenkollision erforderlich, nicht hingegen der konkrete Verdacht einer Schädigung des Betroffenen. Mit dem Amtsgericht sei aber in vermögensrechtlicher Hinsicht von einer Interessenkollision hinsichtlich der Interessen der Betroffenen und der Interessen der Eltern auszugehen. Die Betroffene erhalte ein erhebliches Monatseinkommen von mehr als 3.000 €. Auf ein Konto, für das die Eltern der Betroffenen verfügungsberechtigt seien, würden 1.200 € für die anfallenden Lebenshaltungskosten überwiesen. Gleichwohl seien auch von dem anderen Konto der Betroffenen regelmäßig hohe Barbeträge abgehoben worden, die nicht aus sich selbst heraus nachvollziehbar seien.

Mit anwaltlichem Schriftsatz habe die Betroffene dargelegt, dass die vermögensrechtlichen Angelegenheiten in der Vergangenheit von den Eltern erledigt worden seien. Daher sei davon auszugehen, dass sie über die abgehobenen Barbeträge verfügt hätten. Die Eltern hätten dem Beteiligten zu 1 jedoch über die konkrete Verwendung der Mittel keine Auskunft gegeben. Es sei nicht auszuschließen, dass die Eltern in der Vergangenheit finanzielle Unterstützung durch die Tochter bekommen hätten. Sie verfügten lediglich über geringe Renteneinkünfte von 900 € sowie von 170 €. Auch aus dem Schreiben der Betroffenen sei abzuleiten, dass finanzielle "Transfers" an die Eltern geleistet würden. Darin heiße es: "Jetzt kann ich viel Schönes nachholen und für mich viel Gutes tun und auch für meine Eltern". Dies gelte insbesondere hinsichtlich der nicht erklärten erheblichen Barabhebungen. Die Eltern wären bei einer Bestellung als Betreuer zur detaillierten Rechnungslegung gegenüber dem Amtsgericht verpflichtet. Vor dem Hintergrund, dass sie schon gegenüber dem Betreuer keine konkreten Auskünfte über die Verwendung der Barabhebungen erteilt hätten, bestehe die konkrete Befürchtung, dass auch die Rechnungslegung gegenüber dem Gericht nicht mit der erforderlichen Sorgfalt ausgeübt werden würde.

Die Betroffene könne ihre Eltern zwar auch in Zukunft unterstützen, soweit ihr dies finanziell möglich sei und sich die Unterstützung in angemessenem Rahmen halte. Diese Unterstützung könne jedoch nicht unkontrolliert durch Entnahmen der Eltern selbst erfolgen, sondern müsse geprüft und dokumentiert werden. Nachdem die Betroffene die Tragweite von derartigen Transaktionen nicht verstehen und hierüber nicht mit freiem Willen entscheiden könne, lasse die bisherige Handhabung der Eltern deren Betreuerbestellung als nicht tunlich erscheinen. Dies beinhalte keinesfalls die Feststellung, dass die Eltern bislang zum Nachteil der Betroffenen gewirtschaftet hätten. Aufgrund der fehlenden Kooperationsbereitschaft gegenüber dem bisherigen Betreuer und der vorgenannten Interessenkollision bestehe jedoch eine hinreichende Befürchtung diesbezüglich. Soweit der Bruder der Betroffenen als Betreuer vorgeschlagen werde, sei dieser nicht vor Ort und nicht derart in die Familie eingebunden, als dass er die Betreuung übernehmen könnte.

2. Das hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

a) Nach § 1897 Abs. 4 Satz 2 BGB hat das Betreuungsgericht einem Vorschlag des Betroffenen, eine Person zum Betreuer zu bestellen, zu entsprechen, sofern die Bestellung des vorgeschlagenen Betreuers dem Wohl des Betroffenen nicht zuwiderläuft. Ein solcher Vorschlag erfordert weder Geschäftsfähigkeit noch natürliche Einsichtsfähigkeit. Es ist auch nicht erforderlich, dass der Vorschlag des Betroffenen ernsthaft, eigenständig gebildet und dauerhaft sein muss. Vielmehr genügt, dass der Betroffene seinen Willen oder Wunsch kundtut, eine bestimmte Person solle sein Betreuer werden. Etwaigen Missbräuchen und Gefahren wird hinreichend durch die begrenzte, letztlich auf das Wohl des Betroffenen abstellende Bindungswirkung eines solchen Vorschlags begegnet (Senatsbeschluss vom 15. Dezember 2010 - XII ZB 165/10 - FamRZ 2011, 285 Rn. 14 mwN).

Nach § 1897 Abs. 5 Satz 1 BGB ist, wenn der Betroffene niemanden als Betreuer vorgeschlagen hat, bei der Auswahl des Betreuers auf die verwandtschaftlichen Beziehungen des Betroffenen, insbesondere auf dessen persönliche Bindungen Rücksicht zu nehmen. Diese Regelung gilt auch dann, wenn der Betroffene einen nahen Verwandten als Betreuer benannt hat. Denn der nahe Verwandte wird nach Maßgabe dieser Vorschrift "erst recht" zum Betreuer zu bestellen sein, wenn der Betroffene ihn ausdrücklich als Betreuer seiner Wahl benannt hat, mag der Betroffene auch bei der Benennung nicht oder nur eingeschränkt geschäftsfähig gewesen sein. In Würdigung der in § 1897 Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 BGB getroffenen Wertentscheidungen wird ein naher Verwandter des Betroffenen, der zum Betroffenen persönliche Bindungen unterhält und den der Betroffene wiederholt als Betreuer benannt hat, deshalb bei der Betreuerauswahl besonders zu berücksichtigen sein und nur dann zugunsten eines Berufsbetreuers übergangen werden können, wenn gewichtige Gründe des Wohls des Betreuten seiner Bestellung entgegenstehen (vgl. Senatsbeschluss vom 15. Dezember 2010 - XII ZB 165/10 - FamRZ 2011, 285 Rn. 15 f. mwN).

Diese rechtliche Gewichtung stellt auch an die tatrichterliche Ermittlungspflicht besondere Anforderungen. Der Tatrichter wird Gründe, die möglicherweise in der Person des vom Betroffenen als Betreuer benannten nahen Verwandten liegen, verlässlich nur feststellen können, wenn er ihm Gelegenheit gegeben hat, zu diesen Gründen Stellung zu nehmen. Es verstößt gegen den Amtsermittlungsgrundsatz, wenn der Tatrichter in seiner Entscheidung ausdrücklich die Eignung des benannten Verwandten zum Betreueramt sowie seine Redlichkeit gegenüber dem Betroffenen in Zweifel zieht und sich hierbei auf Mitteilungen Dritter beruft, ohne zuvor den als Betreuer vorgeschlagenen Verwandten - bei derart gravierenden Vorwürfen sogar regelmäßig persönlich - zu den von Dritten mitgeteilten Tatsachen anzuhören. Eine solche Verfahrensweise wäre schon allgemein als Grundlage einer Betreuerauswahl, bei der ein Berufsbetreuer einem möglichen ehrenamtlichen Betreuer - aufgrund dessen angeblich fehlender Eignung und mangelnder Redlichkeit - vorgezogen wird, nicht unbedenklich (vgl. § 1897 Abs. 6 Satz 1 BGB ). Keinesfalls aber genügt sie den besonderen Anforderungen an die tatrichterliche Ermittlungspflicht, die bestehen, wenn ein naher Verwandter des Betroffenen, obschon mit diesem persönlich verbunden und von diesem wiederholt als Betreuer benannt, als Betreuer übergangen werden soll (vgl. Senatsbeschluss vom 15. Dezember 2010 - XII ZB 165/10 - FamRZ 2011, 285 Rn. 17 mwN).

b) Diesen Anforderungen wird die Entscheidung des Landgerichts nicht gerecht. Bereits die getroffenen Feststellungen genügen nicht, um die Bestellung eines Berufsbetreuers für die Vermögenssorge zu rechtfertigen. Zudem hätte das Landgericht weitere Ermittlungen anstellen müssen, wie die Rechtsbeschwerde zu Recht rügt.

aa) In der Beschwerdeschrift hat der Verfahrensbevollmächtigte der Betroffenen ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Betroffene von ihren Eltern in allen Belangen, also auch in finanziellen Angelegenheiten, vertreten werden will. Zutreffend weist die Rechtsbeschwerde darauf hin, dass dieser Wunsch nicht durch das Ergebnis der Anhörung der Betroffenen vor dem Landgericht entkräftet worden ist. Zwar hat die gehörlose Betroffene die hierzu vom Landgericht vorgelegte schriftliche Frage offengelassen. Angesichts der von der Sachverständigen bei der Betroffenen festgestellten Ängstlichkeit und Unsicherheit hätte das Landgericht dem in der Anhörung weiter nachgehen müssen, um daraus den Schluss ziehen zu können, dass die Betroffene von dem im Beschwerdeverfahren geäußerten Wunsch nunmehr Abstand nehmen wolle.

bb) Voraussetzung für einen Ausschluss der Eltern vom Betreueramt war danach, dass gewichtige Gründe des Wohls der Betroffenen einer Bestellung ihrer Eltern entgegenstehen. Denn die Bestellung der Eltern entspräche nicht nur dem Vorschlag der Betroffenen. Bei den von ihr vorgeschlagenen Betreuern handelt es sich zudem um ihre nächsten Verwandten, zu denen sie nach den gutachterlichen Feststellungen eine besonders enge Beziehung hat.

Den vom Landgericht getroffenen Feststellungen lässt sich nicht entnehmen, dass gewichtige Gründe des Wohls der Betroffenen der Bestellung ihrer Eltern entgegenstehen. Zwar spricht es zunächst gegen die Eignung der Eltern für die Tätigkeit als Vermögensbetreuer, dass sie dem hierfür zuständigen ehemaligen Betreuer über die verschiedenen Barabhebungen keine Rechenschaft abgelegt haben. Allerdings wendet die Rechtsbeschwerde hiergegen zu Recht ein, dass es zwischen dem ehemaligen Betreuer und den Eltern kein Vertrauensverhältnis gegeben habe, was letztlich auch dazu geführt hat, dass das Landgericht ihn entpflichtet hat. In diesem Kontext kann aus der Weigerung der Eltern, dem Beteiligten zu 1 Auskunft zu erteilen, nicht zwingend darauf geschlossen werden, dass die Eltern im Falle ihrer Bestellung zum Vermögensbetreuer ihre nach § 1908 i i.V.m. § 1840 BGB gegenüber dem Gericht bestehenden Berichts- und Rechnungslegungspflichten verletzen würden. Sollte dies im Falle ihrer Bestellung gleichwohl geschehen, könnte das Gericht etwa mit Zwangsmitteln bzw. erforderlichenfalls mit ihrer Entpflichtung reagieren.

Zwar hätten die Eltern die gewünschte Rechenschaft schon im Beschwerdeverfahren ablegen können. Allein aus dem Umstand, dass sie dies nicht getan haben, kann indes ohne weitere Ermittlungen noch nicht der Schluss gezogen werden, dass sie als Vermögensbetreuer ungeeignet wären. Insoweit hätte das Landgericht sie unter Beachtung der vorliegenden Umstände des Einzelfalls hierzu persönlich anhören müssen. Zwar hat eine Anhörung vor dem Landgericht stattgefunden, bei der auch die Eltern anwesend waren. Aus dem Protokoll ergibt sich indes, dass Gegenstand des Termins nur die Anhörung der Betroffenen und der Sachverständigen war. Der vom Amtsgericht erstellte Anhörungsvermerk ist insoweit ebenfalls unergiebig. Protokolliert ist dort nur, dass der Beteiligte zu 3 die Betroffene bei einem Brandschaden an ihrem Haus finanziell unterstützt hat. Zudem enthält es den - abstrakt gehaltenen - Hinweis auf Bedenken des Gerichts wegen einer bestehenden Interessenkollision auf Seiten der Eltern. Der amtsgerichtliche Beschluss enthält keine Ausführungen zu der Frage, warum die Eltern nicht zum Vermögensbetreuer bestellt worden sind. Die Rechtsbeschwerde rügt zudem zu Recht, dass das Landgericht den Vortrag der Eltern im Rahmen der Auswahl des Betreuers nicht gewürdigt hat, wonach sie die Betroffene mit Zahlungen von rund 20.000 € unterstützt haben, nachdem ihr Haus einen Brandschaden erlitten hatte.

cc) Schließlich begegnet die Entscheidung auch rechtlichen Bedenken, soweit das Landgericht den - von der Betroffenen hilfsweise vorgeschlagenen - Bruder der Betroffenen als möglichen Betreuer ausgeschlossen hat.

(1) Die Beurteilung, ob eine bestimmte Person als Betreuer eines Betroffenen geeignet ist, erfordert die Prognose, ob sie voraussichtlich die aus der Betreuung folgenden Anforderungen (vgl. § 1901 BGB ) erfüllen kann. Diese Prognose muss sich jeweils auf die aus der konkreten Betreuung erwachsenden Aufgaben beziehen und zu der Einschätzung führen, dass die als Betreuer in Aussicht genommene Person das Amt zum Wohl des Betroffenen (§ 1901 Abs. 2 Satz 1 BGB ) führen wird. Dafür können unter anderem ihre intellektuellen und sozialen Fähigkeiten, ihre psychische und körperliche Verfassung, die persönlichen Lebensumstände - etwa räumliche Nähe zum Betroffenen, berufliche Auslastung oder finanzielle Verhältnisse -, bereits bestehende familiäre oder sonstige Beziehungen zum Betroffenen, aber auch besondere Kenntnisse oder Einstellungen zu für die Betreuungsführung relevanten Fragen von Bedeutung sein (Senatsbeschluss vom 30. September 2015 - XII ZB 53/15 - FamRZ 2015, 2165 Rn. 16). Weil der Betreuer lediglich rechtliche Entscheidungen für den Betroffenen zu treffen hat, ist eine Betreuung "aus der Ferne" indes nicht von vornherein ausgeschlossen. Ob dies möglich ist, hängt vielmehr vom jeweiligen Einzelfall ab.

(2) Es fehlt bereits an belastbaren Feststellungen des Landgerichts, die eine negative Prognose hinsichtlich des Bruders rechtfertigen könnten. Die Ausführungen hierzu beschränken sich auf den Satz, dass der Bruder nicht vor Ort und nicht derart in die Familie eingebunden sei, als dass er die Betreuung übernehmen könnte. Kriterien, warum in diesem konkreten Einzelfall eine Eignung nicht gegeben sei, fehlen. Damit hätte sich das Landgericht indes auseinandersetzen müssen, zumal die Betroffene im Beschwerdeverfahren eingewandt hat, dass sie in der ganzen Zeit ohnehin nur drei- bis fünfmal persönlichen Kontakt zu ihrem Betreuer gehabt habe.

3. Gemäß § 74 Abs. 5 und 6 Satz 2 FamFG ist der angefochtene Beschluss aufzuheben und die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen, damit dieses die erforderlichen Feststellungen treffen kann.

Vorinstanz: AG Jülich, vom 09.01.2015 - Vorinstanzaktenzeichen 6 XVII 203/06
Vorinstanz: LG Aachen, vom 14.07.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 3 T 117/15
Fundstellen
FGPrax 2017, 262
FamRZ 2017, 1779
MDR 2017, 1188