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BGH - Entscheidung vom 31.07.2017

II ZR 10/15

Normen:
GG Art. 9 Abs. 1
GG Art. 9 Abs. 3
BGB § 39 Abs. 2

BGH, Beschluss vom 31.07.2017 - Aktenzeichen II ZR 10/15

DRsp Nr. 2017/13369

Schutz der negativen Vereinigungsfreiheit für die Mitgliedschaft in einem Prüfungsverband hinsichtlich Kündigungsfrist

Die durch Art. 9 Abs. 1 GG geschützte negative Vereinigungsfreiheit für die Mitgliedschaft in einem Prüfungsverband gebietet keine Abweichung von der nach § 39 Abs. 2 BGB in Vereinen zulässigen Kündigungshöchstfrist von zwei Jahren.

Tenor

Die Anhörungsrüge gegen das Senatsurteil vom 10. Januar 2017 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Normenkette:

GG Art. 9 Abs. 1 ; GG Art. 9 Abs. 3 ; BGB § 39 Abs. 2 ;

[Gründe]

I. Mit Urteil vom 10. Januar 2017 hat der Senat die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 10. Dezember 2014 mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist. Mit ihrer Anhörungsrüge macht die Beklagte geltend, die Entscheidung verletze ihren Anspruch auf rechtliches Gehör.

II. Die gemäß § 321a ZPO statthafte Anhörungsrüge ist jedenfalls unbegründet.

1. Die Beklagte wendet sich gegen die Einschätzung des Senats, gegen die Wirksamkeit der in der Satzung des Klägers festgelegten Kündigungsfrist von 24 Monaten bestünden keine durchgreifenden Bedenken (Randnummern 28-36 des Urteils). Sie beanstandet eine unzureichende Würdigung des Arguments, dass bei einer zweijährigen Kündigungsfrist ein unverhältnismäßiger Eingriff in ihre negative Vereinigungsfreiheit vorliege. Insoweit habe sie umfangreich verfassungsrechtliche Rechtsprechung zu Art. 9 Abs. 1 GG vorgetragen. Weiter rügt die Beklagte, der Senat habe ihre Ausführungen unberücksichtigt gelassen, mit denen sie dargelegt habe, dass es keinen für sie nachteiligen Unterschied mache, ob sie sich auf Art. 9 Abs. 3 GG oder "nur" auf Art. 9 Abs. 1 GG stützen könne.

Diese Rügen sind unbegründet. Der Senat hat sich eingehend mit der Frage befasst, ob die durch Art. 9 Abs. 1 GG geschützte negative Vereinigungsfreiheit für die Mitgliedschaft in einem Prüfungsverband eine Abweichung von der nach § 39 Abs. 2 BGB in Vereinen zulässigen Kündigungshöchstfrist von zwei Jahren gebietet, und diese Frage nach Würdigung der im Streitfall maßgebenden Gesichtspunkte verneint. Hierbei hat der Senat die einschlägige verfassungsgerichtliche Rechtsprechung berücksichtigt, insbesondere den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Januar 2001 (BVerfG, NJW 2001, 2617 ). Soweit die Beklagte in ihrer Anhörungsrüge zwei weitere Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts nennt (BVerfG, BVerfGE 123, 186 Rn. 227; BVerfGE 136, 194 Rn. 190), ist schon nicht ersichtlich, welche für die hier vorzunehmende Prüfung wesentlichen Ausführungen im Senatsurteil unberücksichtigt geblieben sein sollen.

Der Senat hat sich auch mit seiner eigenen Rechtsprechung zu einer auf Art. 9 Abs. 3 GG gestützten Begrenzung der Kündigungsfristen in Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden (BGH, Urteil vom 22. September 1980 - II ZR 34/80, ZIP 1980, 999 ; Urteil vom 29. Juli 2014 - II ZR 243/13, BGHZ 202, 202 Rn. 23 ff.) befasst (Randnummer 31 des Urteils). Er ist der Argumentation der Beklagten, diese Rechtsprechung sei auf die Mitgliedschaft in einem Prüfungsverband zu übertragen, aber nicht gefolgt.

2. Der Anspruch der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs ist ebenfalls nicht verletzt, soweit der Senat ausgeführt hat, dass eine Genossenschaft dem Prüfungsverband, dem sie angehört, dessen satzungsrechtliche Prüfungsbefugnis jedenfalls dann nicht durch eine "Teilkündigung" oder eine das Mitgliedschaftsverhältnis umgestaltende Erklärung einseitig entziehen kann, wenn der Prüfungsverband eine Mitgliedschaft entsprechenden Zuschnitts nicht anbietet (Randnummern 24-26 des Urteils). Der Senat hat auch insoweit die vorgebrachten Argumente der Beklagten zur Kenntnis genommen und erwogen und sie in den Entscheidungsgründen behandelt, soweit dies geboten erschien.

Im Übrigen übersieht die Beklagte, dass die Ausführungen des Senats zur Unzulässigkeit einer "Teilkündigung" nicht tragend waren (Randnummer 23 des Urteils).

3. Soweit die Beklagte schließlich rügt, dass der Senat das von ihr vorgelegte Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 14. September 2016 - 9 U 7/16 - nicht erwähnt habe, ergibt sich auch hieraus kein Gehörsverstoß. Der Senat hat dieses Urteil inhaltlich zur Kenntnis genommen und in seine Erwägungen einbezogen.

Vorinstanz: LG Gera, vom 06.05.2014 - Vorinstanzaktenzeichen 4 O 1512/13
Vorinstanz: OLG Thüringen, vom 10.12.2014 - Vorinstanzaktenzeichen 7 U 344/14