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BGH - Entscheidung vom 21.02.2017

XI ZR 169/16

Normen:
EGZPO § 26 Nr. 8 S. 1
ZPO § 3
ZPO § 4
ZPO § 9

BGH, Beschluss vom 21.02.2017 - Aktenzeichen XI ZR 169/16

DRsp Nr. 2017/4750

Bezifferung des Beschwerdewertes; Bemessung des Interesses eines Bausparers an der Feststellung des Fortbestandes eines Bausparvertrages; Kündigiung nach mehr als zehnjähriger Zuteilungsreife

Für die Berechnung des Werts der Beschwer kommt es maßgebend auf das Interesse des Beschwerdeführers an der Abänderung der angefochtenen Entscheidung an. Das Interesse eines Bausparers an der Feststellung des Fortbestandes eines Bausparvertrages, dessen Kündigung von Seiten der Bausparkasse nach mehr als zehnjähriger Zuteilungsreife erklärt worden ist, ist nach dem dreieinhalbfachen Jahreszinsertrag des Bausparguthabens zu bemessen. Das objektive Interesse des Bausparers liegt ausschließlich in der Fortsetzung des Bausparvertrags und der fortwährenden Zahlung der vereinbarten Guthabenzinsen.

Tenor

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluss des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 14. März 2016 wird als unzulässig verworfen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO ).

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.914,46 € festgesetzt.

Normenkette:

EGZPO § 26 Nr. 8 S. 1; ZPO § 3 ; ZPO § 4 ; ZPO § 9 ;

Gründe

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die gemäß § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO erforderliche Mindestbeschwer von mehr als 20.000 € nicht erreicht ist.

1. Die Wertberechnung im Rahmen des § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO ist nach den allgemeinen Grundsätzen der §§ 3 ff. ZPO vorzunehmen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 23. Juli 2015 - XI ZR 263/14, BGHZ 206, 276 Rn. 3 und vom 12. Januar 2016 - XI ZR 366/15, WM 2016, 454 Rn. 3, jeweils mwN). Für die Berechnung des Werts der Beschwer kommt es vorliegend gemäß § 4 ZPO auf den Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels an (vgl. Senatsbeschluss vom 21. Februar 2017 - XI ZR 88/16). Maßgebend ist das Interesse des Beschwerdeführers an der Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Über die Höhe der Beschwer hat das Revisionsgericht eigenständig zu befinden, ohne an die Streitwertfestsetzung der Vorinstanzen oder die Angaben der Parteien gebunden zu sein (vgl. Senatsbeschluss vom 12. Januar 2016 - XI ZR 366/15, aaO; BGH, Beschlüsse vom 22. Mai 2014 - V ZR 314/13, [...] Rn. 4 und vom 15. Juli 2014 - VI ZR 145/14, [...] Rn. 3).

2. Das Interesse eines Bausparers an der Feststellung des Fortbestandes eines Bausparvertrages, dessen Kündigung von Seiten der Bausparkasse nach mehr als zehnjähriger Zuteilungsreife erklärt worden ist, ist - was der Senat mit Beschluss vom 21. Februar 2017 ( XI ZR 88/16) entschieden und im Einzelnen begründet hat - gemäß §§ 3 , 9 ZPO nach dem dreieinhalbfachen Jahreszinsertrag des Bausparguthabens zu bemessen. Denn für die Wertfestsetzung gemäß § 3 ZPO ist das objektiv zu ermittelnde wirtschaftliche Interesse des Klägers maßgeblich (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 2001 - II ZR 328/00, WM 2001, 1270, 1271 f.; Beschlüsse vom 28. September 2009 - IX ZB 230/07, [...] Rn. 3 und vom 16. Dezember 2015 - XII ZB 405/15, NJW 2016, 714 Rn. 13). Dieses liegt vorliegend im Ausgangspunkt ausschließlich in der Fortsetzung des Bausparvertrags und der fortwährenden Zahlung der vereinbarten Guthabenzinsen.

a) Die von der Beklagten gekündigten und zum Zeitpunkt der Kündigung seit mehr als zehn Jahren zuteilungsreifen Bausparverträge bieten dem Kläger mit der vertraglich vereinbarten Guthabenverzinsung von 4 % p.a. angesichts der seit Längerem währenden Niedrigzinsphase eine im Hinblick auf die Rendite vergleichsweise sichere Geldanlage zu relativ günstigen Konditionen. Die Inanspruchnahme eines Bauspardarlehens zu dem vereinbarten Zinssatz von 5 % p.a. wäre hingegen für den Kläger wirtschaftlich unvernünftig, weil am allgemeinen Kapitalmarkt derzeit und auch noch auf unabsehbare Zeit Immobiliardarlehen zu deutlich günstigeren Konditionen gewährt werden. Das objektive wirtschaftliche Interesse des Klägers an der Fortsetzung der Bausparverträge besteht vor diesem Hintergrund allein darin, für seine Bausparguthaben den vereinbarten Guthabenzins zu vereinnahmen, nicht aber ein Bauspardarlehen in Anspruch zu nehmen (vgl. Senatsbeschluss vom 21. Februar 2017 - XI ZR 88/16). Aufgrund dessen ist - jedenfalls nach der derzeitigen Marktlage - ein wirtschaftliches Interesse des Klägers am Erhalt der Bauspardarlehen nicht zu erkennen, so dass ein solches für die Wertbemessung außer Acht zu lassen ist.

b) Bei der Bezifferung des Beschwerdewertes ist gemäß §§ 3 , 9 ZPO auf den dreieinhalbfachen Jahreszinsertrag des Klägers aus den beiden gekündigten Bausparverträgen abzustellen, der sich auf insgesamt 4.893,07 € beläuft, nämlich für den Vertrag mit der Nummer 3416279201 auf 4.467,40 € (4 % p.a. aus 31.909,99 € für dreieinhalb Jahre) und für den Vertrag mit der Nummer 3416279202 auf 425,67 € (4 % p.a. aus 3.040,52 € für dreieinhalb Jahre). Von diesem Betrag ist ein Abschlag in Höhe von 20 % vorzunehmen, weil der Beschwerdeführer keine Leistungsklage, sondern eine positive Feststellungsklage erhoben hat (vgl. Senatsbeschluss vom 21. Februar 2017 - XI ZR 88/16), so dass der Beschwerdewert 3.914,46 € beträgt.

Vorinstanz: LG Hannover, vom 28.09.2015 - Vorinstanzaktenzeichen 14 O 168/15
Vorinstanz: OLG Celle, vom 14.03.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 3 U 177/15