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BGH - Entscheidung vom 16.11.2016

XII ZB 362/15

Normen:
BGB § 1374 Abs. 2
BGB § 1374 Abs. 2
BGB § 1374 Abs. 2

Fundstellen:
FamRB 2017, 42
FamRZ
NJW 2017, 734

BGH, Beschluss vom 16.11.2016 - Aktenzeichen XII ZB 362/15

DRsp Nr. 2016/19531

Berücksichtigung eines aus Zuwendungen gemeinnütziger Einrichtungen finanzierten behindertengerechten Fahrzeugs im Zugewinnausgleich

Zur Berücksichtigung eines aus Zuwendungen gemeinnütziger Einrichtungen finanzierten behindertengerechten Fahrzeugs im Zugewinnausgleich (im Anschluss an die Senatsbeschlüsse vom 6. November 2013 - XII ZB 434/12 FamRZ 2014, 98 und BGHZ 205, 241 = FamRZ 2015, 1268 ).

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 17. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle vom 28. Juli 2015 wird auf Kosten des Antragsgegners zurückgewiesen.

Normenkette:

BGB § 1374 Abs. 2 ;

Gründe

I.

Die rechtskräftig geschiedenen Beteiligten streiten im Rahmen eines Zugewinnausgleichsanspruchs noch über die Bewertung eines behindertengerechten Kraftfahrzeugs.

Der im Juni 2006 geborene schwerbehinderte gemeinsame Sohn der Beteiligten, der auf einen Rollstuhl angewiesen ist, lebt im Haushalt der Antragstellerin. Nach der Trennung nahm die Antragstellerin, die selbst rund 400 € und - als Geschenk ihrer Eltern - weitere rund 800 € aufwenden konnte, Kontakt zu verschiedenen Stiftungen auf, von denen sie insgesamt 16.900 € zum Erwerb eines behindertengerechten Fahrzeugs für den Transport des Sohnes erhielt. Die einzelnen Geldzuwendungen standen regelmäßig unter der Bedingung, dass die Gesamtfinanzierung des Fahrzeugs gesichert war, direkt mit dem Autohaus abgerechnet werde und teilweise zusätzlich, dass das Fahrzeug binnen vier Jahren nach dem Erwerb nicht weiterveräußert oder belastet werden dürfe. Mit dem angeschafften gebrauchten Fahrzeug führt die Antragstellerin über die Transporte des Sohnes hinaus auch ihre sämtlichen sonstigen Autofahrten durch. Zum Stichtag für das Endvermögen hatte das Fahrzeug einen Wert von 17.000 €.

Das Amtsgericht hat den Wert des Fahrzeugs als Schenkung auch dem Anfangsvermögen der Antragstellerin hinzugerechnet und ihr einen Zugewinnausgleich in Höhe von 8.845 € nebst Zinsen zugesprochen. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Antragsgegners hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen; zugleich hat es auf die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin den Zugewinnausgleich auf 12.231,31 € nebst Zinsen erhöht. Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Antragsgegners, mit der er weiterhin anstrebt, den Wert des Fahrzeugs für das Anfangsvermögen unberücksichtigt zu lassen und damit den Zugewinnausgleich auf 3.722,41 € nebst Zinsen herabzusetzen.

II.

Die zulässige Rechtsbeschwerde ist in der Sache nicht begründet.

1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung Folgendes ausgeführt: Im Endvermögen sei das behindertengerechte Fahrzeug als Eigentum der Antragstellerin mit dem unstreitigen Wert von 17.000 € anzusetzen. Allerdings seien die zur Anschaffung des Fahrzeugs bereitgestellten Geldmittel als Schenkung gemäß § 1374 Abs. 2 BGB auch dem Anfangsvermögen zuzurechnen. Die zur Anschaffung des Fahrzeugs bereitgestellten Geldmittel seien keine Einkünfte zur Deckung des laufenden Lebensbedarfs. Zwar sei davon auszugehen, dass die Stiftungen in erster Linie die Absicht verfolgt haben, einen bestehenden Lebensbedarf der Antragstellerin und ihres schwerbehinderten Sohnes zu decken, den diese aus eigenen Mitteln nicht hätten bestreiten können. Dies schließe indessen nicht aus, dass die Stiftungen dadurch, dass sie die Geldmittel zweckgebunden für die Anschaffung des Transportfahrzeugs zur Verfügung stellten, im Ergebnis auch eine Vermögensbildung auf Seiten der Antragstellerin vor Augen hatten. Dies sei sogar naheliegend, da sämtliche Stiftungen jeweils den gesamten Finanzierungsplan kannten. Dass ein Pkw einen Vermögenswert darstelle, liege dabei auf der Hand.

2. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Rechtsbeschwerdestand.

a) Das Oberlandesgericht hat das Fahrzeug aufgrund der formellen Eigentumsverhältnisse dem Endvermögen der Antragstellerin zugerechnet. Weitere Feststellungen zu einer etwaigen Treuhandstellung der Antragstellerin und einer wirtschaftlichen Zuordnung des Fahrzeugs zum gemeinsamen Sohn der Beteiligten hat es nicht getroffen. Dies wird von der Rechtsbeschwerde als für sie günstig ausdrücklich nicht angegriffen.

b) Dem Anfangsvermögen wird Vermögen, das ein Ehegatte nach Eintritt des Güterstands von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder als Ausstattung erwirbt, gemäß § 1374 Abs. 2 BGB nach Abzug der Verbindlichkeiten hinzugerechnet, soweit es nicht den Umständen nach zu den Einkünften zu rechnen ist.

aa) Schenkung im Sinne des § 1374 Abs. 2 BGB ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats dabei nichts anderes als die im Bürgerlichen Gesetzbuch auch sonst gemeinte und in den §§ 516 ff. BGB geregelte Vermögensbewegung. Sie setzt eine Zuwendung voraus, durch die der Schenker die Substanz seines Vermögens vermindert und das Vermögen des Beschenkten entsprechend vermehrt (Senatsurteil BGHZ 101, 229 = FamRZ 1987, 910 ; Senatsbeschluss vom 6. November 2013 - XII ZB 434/12 - FamRZ 2014, 98 Rn. 15). Grund für die Regelung ist, dass der Vermögenserwerb auf persönlichen Beziehungen des erwerbenden Ehegatten zu dem Zuwendenden beruht (Senatsbeschluss BGHZ 205, 241 = FamRZ 2015, 1268 Rn. 21). Der Gesetzgeber hat einen solchen Vermögenszuwachs nicht als Erwerb angesehen, an dem der andere Ehegatte im Rahmen des Zugewinnausgleichs beteiligt werden soll (BT-Drucks. 1/3802 S. 57 zum damaligen § 1378 Abs. 2 BGB -E; BT-Drucks. 2/224 S. 43 zum damaligen § 1380 Abs. 2 BGB ; Senatsbeschluss BGHZ 205, 241 = FamRZ 2015, 1268 Rn. 21 mwN).

Unter Anwendung dieser Grundsätze handelt es sich bei den von den Stiftungen zugewandten Geldbeträgen unzweifelhaft um Schenkungen unter Auflagen gemäß § 525 BGB an die Antragstellerin. Die Zuwendungen beruhen allein auf den persönlichen Anstrengungen der Antragstellerin, die sich - nach der Trennung der Eheleute - an alle beteiligten Stiftungen gewandt und um Zuschüsse bemüht hatte. Sämtliche beteiligten Stiftungen waren über den beabsichtigten Erwerb des Fahrzeugs zu Eigentum der Antragstellerin und die Gesamtfinanzierung informiert. Dass die einzelnen Zusagen der Geldbeträge dabei die nach § 518 Abs. 1 BGB erforderliche Form nicht eingehalten haben, ist durch die Bewirkung der Zahlungen direkt an das Autohaus nach § 518 Abs. 2 BGB geheilt.

bb) Eine an sich privilegierte Schenkung ist dem Anfangsvermögen nach § 1374 Abs. 2 BGB nicht hinzuzurechnen, soweit sie den Umständen nach zu den Einkünften zu rechnen ist. Was in diesem Zusammenhang unter Einkünften zu verstehen ist, definiert das Gesetz nicht näher. Mit der Zielsetzung, die der Zugewinnausgleich verfolgt, sollen nur Vermögenszuwächse ausgeglichen werden. Wenn dabei auch solche unentgeltlichen Zuwendungen nach § 1374 Abs. 2 BGB privilegiert wären, die nicht der Vermögensbildung, sondern von vornherein nur dem Verbrauch dienen, würde dies - zum Nachteil des anderen Ehegatten - zu einer ständigen Vergrößerung des Anfangsvermögens führen, ohne dass diese Zuwendungen im Endvermögen noch in nennenswertem Umfang in Erscheinung treten würden. Es würde dann nicht nur eine Nichtbeteiligung des anderen Ehegatten an diesen Zuwendungen, sondern unter Umständen sogar dessen Benachteiligung erreicht. Bei unentgeltlichen Zuwendungen im Sinne des § 1374 Abs. 2 BGB ist deshalb in erster Linie danach zu unterscheiden, ob sie zur Deckung des laufenden Lebensbedarfes dienen oder die Vermögensbildung fördern sollen. Das wird im Einzelfall unter Berücksichtigung des Anlasses der Zuwendung, der Willensrichtung des Zuwendenden und der wirtschaftlichen Verhältnisse des Zuwendungsempfängers zu beurteilen sein (Senatsbeschluss vom 6. November 2013 - XII ZB 434/12 - FamRZ 2014, 98 Rn. 26 mwN). Dabei werden sich bei größeren Sachzuwendungen brauchbare Anhaltspunkte für die Beurteilung, ob es sich um Einkünfte handelt, vor allem aus der Prognose gewinnen lassen, mit welcher Wahrscheinlichkeit der Zuwendungsgegenstand, wäre die Ehe in einem überschaubaren Zeitraum nach der Zuwendung gescheitert, noch mit einem nennenswerten Vermögenswert im Endvermögen des begünstigten Ehegatten vorhanden gewesen wäre (Senatsbeschluss vom 6. November 2013 - XII ZB 434/12 - FamRZ 2014, 98 Rn. 27 mwN).

Nach diesen Maßstäben spricht unter den hier obwaltenden Umständen entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nichts dafür, die Zuwendungen der Stiftungen zu den Einkünften der Antragstellerin zu rechnen.

Zwar kann ein zur Fahrt zur Arbeitsstätte benötigter Pkw dem laufenden Bedarf des Ehegatten dienen und damit zu den Einkünften zählen (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 2002, 236; MünchKommBGB/Koch 7. Aufl. § 1374 Rn. 31; Schulz/Hauß Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung 6. Aufl. Rn. 41 f.; Büte Zugewinnausgleich bei Ehescheidung 4. Aufl. Rn. 28; Schwab/Schwab Handbuch des Scheidungsrechts 7. Aufl. VII Rn. 155 Fn. 75; Johannsen/Henrich/Jaeger Familienrecht 6. Aufl. § 1374 BGB Rn. 40; zweifelnd Staudinger/Thiele BGB [Neubearbeitung 2007] § 1374 Rn. 48). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Die Antragstellerin ist nicht berufstätig. Für den Schulbesuch wird der schwerbehinderte Sohn von einem Fahrdienst abgeholt und gebracht. Das Fahrzeug wird fast ausschließlich für Transporte des Sohnes zu Therapieorten und für vereinzelte Fahrten der Antragstellerin eingesetzt. Es dient damit nicht dem täglichen Lebensbedarf der Antragstellerin, sondern ganz überwiegend der Verbesserung der Lebensqualität des behinderten Sohnes. Dass Zuschüsse zum Kauf eines Pkw immer zu den Einkünften rechnen sollen (so ohne Begründung OLG Zweibrücken FamRZ 1984, 276 ), vermag in dieser Allgemeinheit nicht zu überzeugen. Zudem sprechen die beengten Lebensverhältnisse auf Seiten der Antragstellerin, die selbst nur 400 € für den Erwerb des Fahrzeugs beisteuern konnte, hier für die Einordnung des Fahrzeugs als Vermögensgegenstand. Schließlich ist ein Kraftfahrzeug grundsätzlich nicht auf einen vollständigen Werteverzehr angelegt. Die zuwendenden Stiftungen sind, wie sich an den Auflagen zeigt, jedenfalls davon ausgegangen, dass das Fahrzeug mindestens vier Jahre im Vermögen der Antragstellerin vorhanden sein werde. Dass das Fahrzeug im Lauf der Zeit einen Wertverlust erleidet, reicht entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht aus, um eine reine Bedarfsdeckung anzunehmen.

Von Rechts wegen

Verkündet am: 16. November 2016

Vorinstanz: AG Lüneburg, vom 16.02.2015 - Vorinstanzaktenzeichen 29 F 144/14
Vorinstanz: OLG Celle, vom 28.07.2015 - Vorinstanzaktenzeichen 17 UF 63/15
Fundstellen
FamRB 2017, 42
FamRZ
NJW 2017, 734