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BGH - Entscheidung vom 25.02.2014

X ZR 103/10

BGH, Beschluss vom 25.02.2014 - Aktenzeichen X ZR 103/10

DRsp Nr. 2014/4766

Anhörungsrüge bzgl. Gehörsverletzungen im Hinblick auf die Verwertung der Anlage "d´Avella" und des Sachverständigengutachtens (hier: frequenzkorrigierende Datensignalvorverarbeitung)

Eine Anhörungsrüge, die nicht aufzeigt, welche entscheidungserheblichen Erkenntnisse eine weitere Beweiserhebung erbracht hätte oder auch nur hätte erbringen können, und der nicht zu entnehmen ist, inwiefern sich dem Gericht ein weiterer Aufklärungsbedarf hätte aufdrängen müssen, ist unbegründet.

Tenor

Die Anhörungsrüge gegen das am 22. Oktober 2013 verkündete Urteil des Senats wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Gründe

I. Die Beklagte beanstandet mit ihrer gegen das Urteil des Senats vom 22. Oktober 2013 gerichteten Anhörungsrüge Gehörsverletzungen im Hinblick auf die Verwertung der Anlage A 5 ("d'Avella") sowie der Gutachten der Sachverständigen Professor Dr.-Ing. S. und Prof. Dr. V. , die Nichtberücksichtigung von Vortrag zu den Merkmalen 2.2 (frequenzkorrigierende Datensignalvorverarbeitung) und 3.2 (Rahmen-Feinsynchronisation mit Frequenz-Feinsynchronisation bei der Aufsynchronisation) sowie eine Verkürzung ihrer Rechte bei der Befragung des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr.-Ing. D. .

II. Die zulässige Anhörungsrüge ist unbegründet.

1. Der Senat hat berücksichtigt, dass d'Avella zwar von einer Präambel spricht, indessen eine Trainingssequenz in Burstmitte beschreibt (Rn. 39 des Urteils). Er hat sich auch unter Bezugnahme auf die Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen mit den Konsequenzen dieser "Präambelverschiebung" befasst (Rn. 41). Die Frage der Funktionsfähigkeit der von d'Avella beschriebenen Anordnung ist in der von der Anhörungsrüge aufgeworfenen allgemeinen Form nicht Gegenstand des Urteils. Dass es aus den von der Beklagten behaupteten Mängeln nicht wie von ihr gewünscht ableitet, der Fachmann "könne ... keinen Schluss aus der Offenbarung der A 5 ziehen", berührt den Anspruch auf rechtliches Gehör nicht.

2. Ebenso hat der Senat das Vorbringen der Beklagten berücksichtigt, die Phasenkorrektur erfolge bei d'Avella innerhalb des Entzerrers, der in der in der Entgegenhaltung beschriebenen Anordnung aus Optimalfilter (Matched Filter) und Viterbi-Prozessor bestehe. Die Entscheidung legt dieses Vorbringen zugrunde und verweist in den Randnummern 44 und 45 ausdrücklich auf die auch von der Anhörungsrüge in Bezug genommene Figur 2 der A 5; das von der Anhörungsrüge als "sinnentstellend" bezeichnete Zitat aus dem Gutachten O. (dort Rn. 261) besagt nichts anderes. Der Senat hat mithin nicht "ausschließlich den Viterbi-Prozessor als den Entzerrer" eingeordnet. Die Rüge, der Senat habe das diesbezügliche Vorbringen der Beklagten übergangen, geht daher ebenso fehl wie die Rüge, die Beklagte sei durch den Vorsitzenden von einer weiteren Befragung des Sachverständigen zu diesem Punkt abgehalten worden. Die Anhörungsrüge führt denn auch (zutreffend) aus, dass der Vorsitzende das Ergebnis der Befragung des Sachverständigen im vorerwähnten Sinne zusammengefasst habe und die Beklagtenvertreter deshalb wunschgemäß die weitere Befragung des Sachverständigen beendet hätten.

Die Bewertung des Senats, der Fachmann habe aus d'Avella ungeachtet der Ausgestaltung des Entzerrers und der Phasenanpassung (erst) unmittelbar vor dem Viterbi-Prozessor (Rn. 45) die Erkenntnis gewinnen können, dass Datensignale einem Entzerrer bereits frequenzkorrigiert zugeführt werden können, ist demgegenüber eine rechtliche Schlussfolgerung aus dem zugrunde gelegten Sachverhalt, deren Richtigkeit im Rahmen der Anhörungsrüge nicht zur Überprüfung steht.

3. Das zu den Akten des Rechtsstreits gereichte Gutachten des in einem anderen Verfahren vom Senat zu einem weitgehend übereinstimmenden Sachverhalt beauftragten gerichtlichen Sachverständigen Professor Dr.-Ing. S. konnte im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden. Hierauf brauchte die Beklagte nicht hingewiesen werden, zumal auch der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr.-Ing. D. bei seiner mündlichen Anhörung mehrfach auf das Gutachten S. Bezug genommen hat. Einen Antrag auf Anhörung des Sachverständigen Professor Dr.-Ing. S. hat die Beklagte weder vor noch in der mündlichen Verhandlung gestellt; den Sachverständigen von Amts wegen zu laden, hat der Senat keinen Anlass gesehen.

Das Parteigutachten des von der vormaligen Klägerin zu 1 beauftragten Professors Dr. V. hat der Senat ebenso als qualifizierten Parteivortrag berücksichtigt wie die gutachterlichen Äußerungen des Parteigutachters Dr. O. der Beklagten, die er erörtert hat, wo er dies für sachlich geboten hielt.

4. Soweit die Anhörungsrüge beanstandet, der Senat habe die Befragung des gerichtlichen Sachverständigen auf die Entgegenhaltung A 5 beschränkt, zeigt sie damit eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gleichfalls nicht auf.

Der Senat hat den gerichtlichen Sachverständigen Prof.-Dr. Ing. D. zu denjenigen Punkten befragt, zu denen er eine weitere Klärung des für die Beurteilung der Patentfähigkeit relevanten und in den schriftlichen Gutachten S. und D. behandelten technischen Sachverhalts für erforderlich oder möglich hielt. Die Anhörungsrüge zeigt weder auf, welche entscheidungserheblichen Erkenntnisse eine weitere Befragung des Sachverständigen erbracht hätte oder auch nur hätte erbringen können, noch ist ihr zu entnehmen, inwiefern sich dem Senat ein weiterer Aufklärungsbedarf hätte aufdrängen müssen (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Januar 2011 - X ZR 165/07, GRUR 2011, 461 = BlPMZ 2011, 220 - Formkörper).

Dass die Beklagte, wie sie behauptet, den Senat ausdrücklich um einen Hinweis gebeten hätte, sollte es für die Entscheidung auch auf eine andere Entgegenhaltung als die Schrift A 5 ankommen, ist den Mitgliedern des Senats, die an der mündlichen Verhandlung teilgenommen haben, nicht erinnerlich. Der Senat hält es auch nach den Aufzeichnungen des Vorsitzenden zu seiner Einführung in den Sach- und Streitstand jedenfalls für ausgeschlossen, dass die Beklagte nach dem Gang der mündlichen Verhandlung den auch nach dem Klagevorbringen und dem angefochtenen Urteil des Patentgerichts fernliegenden Eindruck gewinnen durfte, entscheidungserheblich sei allein die Entgegenhaltung A 5.

5. Schließlich hat auch die Rüge, das Urteil des Senats lege unzutreffend zugrunde, die Beklagte nehme nicht in Abrede, dass während des Normalbetriebs eine Rahmen-Feinsynchronisation auf umgebende Feststationen durchzuführen sei, keinen Erfolg. Für die Begründung der Entscheidung kommt es auf den Beklagtenvortrag zu diesem Punkt nicht an, da das Urteil der Entgegenhaltung A 9 die Lehre entnimmt, den Synchronisationsburst bei der Aufsynchronisation für die Rahmen-Synchronisation zu verwenden, und hieraus aus den zu Randnummer 50 angegebenen Gründen die Anregung ableitet, diesen Burst auch für die Frequenzfeinsynchronisation zu verwenden. Soweit sich die Anhörungsrüge gegen diese Begründung wendet, unternimmt sie es, ihre eigene Bewertung an die Stelle der Beurteilung des Senats zu setzen.

Vorinstanz: BPatG, vom 12.05.2010 - Vorinstanzaktenzeichen 5 Ni 109/09