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BGH - Entscheidung vom 15.01.2008

4 StR 530/07

Normen:
StGB § 46 Abs. 2
StPO § 261

BGH, Beschluß vom 15.01.2008 - Aktenzeichen 4 StR 530/07

DRsp Nr. 2008/3489

Strafschärfende Berücksichtigung eines in dubio als fehlend festgestellten Tatmotivs

Der Zweifelssatz wird zu Ungunsten des Angeklagten angewendet, wenn ihm das - lediglich in Anwendung des Zweifelssatzes angenommene - Nichtvorliegen eines eigenen Tatmotivs straferschwerend angelastet wird.

Normenkette:

StGB § 46 Abs. 2 ; StPO § 261 ;

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum Mord zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, führt mit der Sachrüge zur Aufhebung des Strafausspruchs.

Die Nachprüfung des Urteils hat zum Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO ). Der Strafausspruch hat jedoch keinen Bestand.

1. Das Landgericht konnte - trotz entsprechender Anhaltspunkte - nicht mit der erforderlichen Gewissheit feststellen, dass der Angeklagte ein eigenes Interesse an der Tötung des Tatopfers hatte. Es ist daher im Rahmen der rechtlichen Würdigung zu Gunsten des Angeklagten vom Fehlen eines eigenen Tatinteresses ausgegangen. Im Rahmen der Strafzumessung hat es hingegen strafschärfend gewertet, dass der Angeklagte keinen "feststellbaren eigenen Grund" hatte, sich an der Tötung des Opfers zu beteiligen. Er habe sich gleichwohl ohne Not zur Beihilfe an einem Kapitalverbrechen bereit gefunden.

2. Diese Strafzumessungserwägungen begegnen in zweierlei Hinsicht durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Sie lassen, wie die Revision zu Recht rügt, zum einen besorgen, dass das Landgericht den Zweifelssatz zu Ungunsten des Angeklagten angewendet hat, indem es ihm das - lediglich in Anwendung des Zweifelssatzes angenommene - Nichtvorliegen eines eigenen Tatmotivs straferschwerend angelastet hat. Zum anderen begründet die Erwägung, der Angeklagte habe sich "ohne Not" zur Beteiligung an der Tat bereit gefunden, einen Verstoß gegen § 46 Abs. 3 StGB , denn damit hat das Landgericht im Ergebnis zu Lasten des Angeklagten gewertet, dass er die Tat überhaupt begangen hat (vgl. BGH wistra 2000, 463 , 464).

3. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht ohne die aufgezeigten Rechtsfehler auf eine niedrigere Strafe erkannt hätte; er hebt daher den Strafausspruch auf. Der Aufhebung der dem Strafausspruch zu Grunde liegenden Feststellungen bedarf es nicht, da es sich lediglich um Wertungsfehler handelt. Der neue Tatrichter ist jedoch nicht gehindert, ergänzende, den getroffenen Feststellungen nicht widersprechende Feststellungen zu treffen.

Vorinstanz: LG Saarbrücken, vom 05.04.2007