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BGH - Entscheidung vom 27.03.2008

3 StR 69/08

Normen:
StGB § 67
StPO § 354 Abs. 1

BGH, Beschluß vom 27.03.2008 - Aktenzeichen 3 StR 69/08

DRsp Nr. 2008/10076

Bestimmung der Dauer des Vorwegvollzugs durch das Revisionsgericht

Das Revisionsgericht kann die Dauer des Vorwegvollzugs selbst festlegen, wenn der Strafausspruch keinen Rechtsfehler aufweist und die zur Therapie erforderliche Dauer der Unterbringung rechtsfehlerfrei festgestellt ist; denn bei der Bestimmung der Dauer des Vorwegvollzugs handelt es sich um einen auf klaren gesetzlichen Vorgaben beruhenden Rechenvorgang.

Normenkette:

StGB § 67 ; StPO § 354 Abs. 1 ;

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt. Außerdem hat es seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, dass zuvor vier Jahre der verhängten Freiheitsstrafe vollzogen werden.

Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, führt zu einer geänderten Festlegung der Dauer des Vorwegvollzugs; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO .

1. Ergänzend zu den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:

Die Aufklärungsrüge (§ 244 Abs. 2 StPO ) bleibt auch ohne Erfolg, soweit mit ihr beanstandet wird, das Landgericht habe die Alkoholisierung des Angeklagten zum Tatzeitpunkt nicht ausreichend aufgeklärt. Es erscheint bereits zweifelhaft, ob sie den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügt; denn das vorgetragene Ergebnis der vermissten Beweisaufnahme - der Angeklagte sei hochgradig alkoholisiert gewesen - betrifft keine bestimmte Beweistatsache, sondern eine Wertung. Jedenfalls ist die Rüge unbegründet, weil der zu beurteilende Sachverhalt nicht zur Vernehmung der bei der Tat nicht anwesenden Zeugen über den Alkoholkonsum des Angeklagten drängte. Das sachverständig beratene Landgericht konnte anhand aussagekräftiger psychodiagnostischer Kriterien (vgl. Fischer, StGB 55. Aufl. § 20 Rdn. 22) zum Nachtatverhalten ausschließen, dass der alkoholgewohnte Angeklagte zum Tatzeitpunkt schuldunfähig war.

2. Hinsichtlich der angeordneten Dauer des Vorwegvollzugs der Freiheitsstrafe kann die Entscheidung des Landgerichts nicht bestehen bleiben.

Gemäß § 67 Abs. 2 Satz 2 StGB in der Fassung des am 20. Juli 2007 in Kraft getretenen Gesetzes zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom 16. Juli 2007 (BGBl I 1327) soll das Gericht bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt neben einer zeitigen Freiheitsstrafe von über drei Jahren bestimmen, dass ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist. Nach Satz 3 dieses Absatzes ist dieser Teil der Strafe so zu bemessen, dass nach seiner Vollziehung und einer anschließenden Unterbringung gemäß § 67 Abs. 5 Satz 1 StGB nF eine Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung nach Erledigung der Hälfte der Strafe möglich ist.

Aus dieser gesetzlichen Regelung folgt, dass zwei Jahre und neun Monate der verhängten Freiheitsstrafe vor der Unterbringung des Angeklagten in der Entziehungsanstalt zu vollziehen sind. Nach deren Vollstreckung und einer ein Jahr dauernden Unterbringung ist mit drei Jahren und neun Monaten die Hälfte der verhängten, sich insgesamt auf sieben Jahre und sechs Monate belaufenden Freiheitsstrafe erledigt. Die sachverständig beratene Strafkammer ist rechtsfehlerfrei zu der Überzeugung gelangt, dass angesichts der Persönlichkeitsmerkmale des Angeklagten die Therapie voraussichtlich ein Jahr dauern werde.

Der Senat konnte die Dauer des Vorwegvollzugs gemäß § 354 Abs. 1 StPO analog selbst festlegen, weil der Strafausspruch keinen Rechtsfehler aufweist, die zur Therapie erforderliche Dauer der Unterbringung rechtsfehlerfrei festgestellt ist und es sich bei der Bestimmung der Dauer des Vorwegvollzugs um einen auf klaren gesetzlichen Vorgaben beruhenden Rechenvorgang handelt (vgl. BGH, Beschl. vom 15. November 2007 - 3 StR 390/07).

3. Aufgrund des Teilerfolgs der Revision sind gemäß § 473 Abs. 4 StPO die Revisionsgebühr um ein Fünftel zu ermäßigen und der Staatskasse ein Fünftel der im Revisionsrechtszuge entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten aufzuerlegen.

Vorinstanz: LG Duisburg, vom 05.11.2007