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BGH - Entscheidung vom 10.04.2008

AnwZ (B) 102/05

Normen:
ZPO § 42 Abs. 1

BGH, Beschluß vom 10.04.2008 - Aktenzeichen AnwZ (B) 102/05

DRsp Nr. 2008/10182

Besorgnis der Befangenheit von Richtern im anwaltsgerichtlichen Verfahren

Ein Ablehnungsgesuch, das nicht auf persönliche Beziehungen der Richter zu den Beteiligten oder zur Streitsache gestützt wird, sondern darauf, dass die Richter an einem nach Auffassung des Antragstellers nicht verfassungsgemäßen Justizsystem beteiligt sind, ist unzulässig.

Normenkette:

ZPO § 42 Abs. 1 ;

Gründe:

I. Mit seinem Beschluss vom 26. November 2007 hat der Senat die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofs des Landes Nordrhein-Westfalen vom 17. Juni 2005, mit dem der Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung gegen die Widerrufsverfügung der Antragsgegnerin vom 4. Dezember 2003 zurückgewiesen worden war, zurückgewiesen. Der Antragsteller lehnt mit Schriftsatz vom 11. Februar 2008 die am Beschluss beteiligten Richter des Senats wegen Befangenheit ab und beantragt Tatbestandsberichtigung; darüber hinaus wendet er sich gegen den Senatsbeschluss mit der Gehörsrüge, hilfsweise mit einer Gegenvorstellung.

II. Der Befangenheitsantrag und der Tatbestandsberichtigungsantrag sind unzulässig; die Anhörungsrüge und die Gegenvorstellung des Antragstellers sind nicht begründet.

1. Das Ablehnungsgesuch (§ 42 Abs. 1 ZPO ) ist unzulässig.

Bei der Ablehnung eines oder mehrerer Richter müssen ernsthafte Umstände aufgeführt werden, die die Besorgnis der Befangenheit der abgelehnten Richter aus Gründen rechtfertigen, die in persönlichen Beziehungen der abgelehnten Richter zu den Parteien oder zur Streitsache liegen; der Ablehnungsgrund muss durch nachvollziehbaren Bezug zum konkreten Rechtsstreit wenigstens ansatzweise substantiiert sein (st.Rspr.; vgl. Beschluss vom 7. November 1973 - VIII ARZ 14/73, NJW 1974, 55, 56; BVerwG, NJW 1997, 3327 ). Dies ist bei dem Ablehnungsgesuch des Antragstellers nicht der Fall. Es richtet sich gegen sämtliche am Senatsbeschluss vom 26. November 2007 beteiligten Richter, nicht wegen persönlicher Beziehungen der Richter zu den Beteiligten oder zur Streitsache; derartige Umstände führt der Antragsteller nicht an. Aus der mit dem Ablehnungsgesuch verbundenen, an die abgelehnten Richter gerichteten "Aufforderung zur sofortigen dienstlichen Äußerung über ihre Irrationalität und ihre zum Richterausschluss führende Selbstbetroffenheit durch meine Offenlegung der GG -gemäße Rechtsprechung ausschließenden Justizmängel" geht hervor, dass der Antragsteller die Richter wegen ihrer Beteiligung an dem nach seiner Auffassung nicht verfassungsgemäßen Justizsystem ablehnt. Ein in dieser Weise begründeter Befangenheitsantrag ist, wie der Senat im vorliegenden Verfahren bereits in seinem Beschluss vom 25. Juni 2007 ( AnwZ (B) 102/05, juris) entschieden hat, offensichtlich missbräuchlich; an der Entscheidung über ein solches Ablehnungsgesuch können auch die abgelehnten Richter selbst mitwirken (Senatsbeschluss vom 25. Juni 2007, aaO.; BGH, Beschluss vom 7. November 1973, aaO.; BVerwGE 50, 36 , 37).

2. Der Tatbestandsberichtigungsantrag ist - ungeachtet seiner Zulässigkeit im Übrigen (vgl. dazu Senatsbeschlüsse vom 29. März 2005 - AnwZ (B) 72/02 - und vom 18. Oktober 2006 - AnwZ (B) 91/05, jeweils www.bundesgerichtshof.de) - jedenfalls unbegründet, weil der Senatsbeschluss keine unrichtige Wiedergabe des Sachverhalts enthält. Die Feststellung des Senats, dass der Antragsteller den Aufforderungen der Antragsgegnerin, sich mit dem Gutachter in Verbindung zu setzen und dessen Gutachten vorzulegen, nicht nachkam, ist richtig. Dem steht das Vorbringen des Antragstellers, er habe den Gutachter vergeblich nach den Kosten einer zehnsekündigen Begutachtung befragt, nicht entgegen.

3. Die nach § 29a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FGG i.V.m. § 42 Abs. 6 BRAO statthafte Anhörungsrüge ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.

Eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs des Antragstellers auf rechtliches Gehör liegt nicht vor. Der Senat hat in seinem Beschluss vom 26. November 2007 weder Tatsachen noch sonstige Umstände verwertet, zu denen der Antragsteller nicht gehört worden wäre. Er hat das schriftsätzliche und mündliche Vorbringen des Antragstellers auch nicht übergangen, sondern für nicht durchgreifend erachtet; dies gilt auch für das auf Seite 3 f. der Gehörsrüge aufgeführte Vorbringen des Antragstellers und seines Verfahrensbevollmächtigten.

Entgegen der Auffassung des Antragstellers liegt auch keine das rechtliche Gehör verletzende Überraschungsentscheidung vor. Der Senat hat sich in der mündlichen Verhandlung zur Erfolgsaussicht der sofortigen Beschwerde nicht geäußert und war entgegen der Auffassung des Antragstellers auch nicht dazu verpflichtet, dies vor der Beratung zu tun.

Mit seinen weiteren Ausführungen greift der Antragsteller die tatsächliche und rechtliche Würdigung des Sachverhalts durch den Senat an. Insoweit macht er keine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend, sondern die sachliche Unrichtigkeit der getroffenen Entscheidung. Dies ist nicht Gegenstand des Rügeverfahrens.

4. Die hilfsweise erhobene Gegenvorstellung, mit welcher der Antragsteller den Sachverhalt in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht abweichend vom Senatsbeschluss würdigt, kann - unabhängig von der Frage ihrer Zulässigkeit überhaupt - keinen Erfolg haben, weil die Sachentscheidung des Senats - außerhalb des Verfahrens der Anhörungsrüge - unabänderlich ist. Davon abgesehen rechtfertigt die Gegenvorstellung des Antragstellers auch keine andere Beurteilung der angegriffenen Widerrufsverfügung.

Es kann insbesondere dahingestellt bleiben, ob der Antragsteller beim Anwaltsgerichtshof einen Antrag auf Wiederaufnahme des beim Anwaltsgerichtshof geführten, rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens 1 ZU 65/02 (dazu Senatsbeschluss vom 4. März 2005 - AnwZ (B) 53/03) gestellt hat. Die in dem Verfahren 1 ZU 65/02 angegriffene Verfügung der Antragsgegnerin vom 13. März 2002, mit welcher der Antragsteller gemäß §§ 8a, 15 BRAO a.F. aufgefordert worden war, zur Überprüfung der Widerrufsvoraussetzungen nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 BRAO ein fachärztliches Gutachten über seinen Gesundheitszustand vorzulegen, ist vom Senat im vorliegenden Verfahren überprüft worden. Der Senat hat die Rechtmäßigkeit der damaligen Verfügung in seinem Beschluss vom 26. November 2007 bestätigt (unter III 2 a).

Das Vorbringen des Antragstellers, ihm sei mit Verfügung der Antragsgegnerin vom 8. Dezember 2004 der Anwaltsausweis bis zum Jahre 2009 verlängert worden, ist für die Entscheidung nicht erheblich. In einer Verlängerung des Anwaltsausweises während eines noch nicht abgeschlossenen Widerrufsverfahrens liegt entgegen der Auffassung des Antragstellers keine schlüssige Rücknahme des Zulassungswiderrufs. Eine Rücknahme ist auch nicht, wie der Antragsteller meint, darin zu sehen, dass die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht vertreten war.

Vorinstanz: AnwGH Nordrhein-Westfalen, vom 17.06.2005 - Vorinstanzaktenzeichen 1 ZU 74/03